# taz.de -- Meinungsfreiheit in Iran: Längere Haft für Menschenrechtlerin
       
       > Friedensnobelpreisträgerin Narges Mohammadi soll 15 Monate länger in Haft
       > bleiben. Behörden erheben Vorwürfe gegen freigelassene Journalistinnen.
       
 (IMG) Bild: Archivbild von Narges Mohammadi
       
       BERLIN taz | Erst im vergangenen Jahr hatte [1][Narges Mohammadi den
       Friedensnobelpreis verliehen] bekommen. Zum Zeitpunkt der Übergabe im
       Dezember saß die iranische Menschenrechtsverfechterin allerdings im
       Gefängnis. Seit 1988 ist sie wiederholt inhaftiert worden und war
       körperlicher Misshandlung ausgesetzt.
       
       Nun ist die Aktivistin nach Angaben ihrer Familie zu einer weiteren
       Haftstrafe verurteilt worden. Wegen vermeintlicher „Propaganda gegen den
       Staat“ soll sie zusätzliche 15 Monate in der Haftanstalt Evin in Teheran
       verbringen. Ihr wird vorgeworfen, wiederholt die öffentliche Meinung gegen
       die iranische Regierung aufgebracht und „Unruhe“ gestiftet zu haben.
       
       Nach Angaben von Mohammadis Familie handelt es sich um die fünfte
       Verurteilung seit März 2021. Der Aktivistin stehen in Summe 12 Jahre und 3
       Monate Haft sowie 154 Peitschenhiebe bevor. Auch darf sie sich nach ihrer
       Haftentlassung zwei Jahre lang nicht in Teheran niederlassen, das Land
       nicht verlassen und kein Smartphone benutzen.
       
       Mehrfache Verurteilungen sind in Iran kein seltenes Phänomen. Mit den
       Journalistinnen Nilufar Hamedi und Elaheh Mohammadi geht die Islamische
       Republik ähnlich vor. Nach mehr als 400 Tagen Gefangenschaft waren sie am
       Sonntag gegen Zahlung einer Kaution in Höhe von umgerechnet 18.000 Euro
       freigesprochen worden.
       
       Irans Journalistenverband kritisierte die Höhe der Kaution. In einem
       Kommentar von Hamedis Arbeitgeber, der Zeitung Shargh, begrüßte eine
       Autorin die Freilassung. „Erfreuliche Nachrichten für uns alle, die seit
       anderthalb Jahren auf die Öffnung der Gefängnistüren gewartet haben.“
       
       Die beiden Journalistinnen waren die ersten gewesen, die im September 2022
       vom Fall Jina Mahsa Amini berichtet hatten, der monatelange [2][Proteste im
       ganzen Land] auslöste. Ein von Hamedi geschossenes Foto von Aminis
       trauernden Eltern ging viral. Sechs Tage später stürmten Regierungskräfte
       ihr Haus und nahmen die Journalistin fest. Beide Journalistinnen wurden der
       Zusammenarbeit mit den USA beschuldigt und wegen Gefährdung der nationalen
       Sicherheit angeklagt.
       
       Neue Vorwürfe gegen die Journalistinnen 
       
       Am vergangenen Montag nun, nur einen Tag nach ihrer Freilassung, haben die
       iranischen Behörden eine weitere Anklage gegen Nilufar Hamedi und Elaheh
       Mohammadi erhoben. Grund dafür ist ein Foto, das die Frauen nach der
       Entlassung aus der Haft am Sonntag ohne Kopftuch zeigt. Damit verstoßen die
       Journalistinnen gegen die offiziellen Kleidervorschriften der Islamischen
       Republik, womit Hamedi und Mohammadi eine erneute Gefängnisstrafe droht.
       Nilufar Hamedi und Elaheh Mohammadi waren während ihrer Gefangenschaft mit
       dem Pressefreiheitspreis der Unesco ausgezeichnet worden.
       
       Laut [3][Index der Pressefreiheit 2023] liegt Iran auf Platz 177 von 180
       Ländern weltweit. Zusammen mit Nordkorea und China gehört es zu jenen
       Ländern, in denen so gut wie keine Pressefreiheit gegeben ist. Nach
       [4][Angaben von Reporter ohne Grenzen] sitzen aktuell 21
       Journalist*innen in Haft. Medienschaffende in Iran arbeiten oft unter
       restriktiven und lebensbedrohlichen Bedingungen.
       
       Die Freilassung und erneute Inhaftierung kritischer Personen in Iran ist
       nicht komplett willkürlich. Nach Angaben der Geschäftsführerin von Amnesty
       International in Österreich, Shoura Hashemi, versucht das iranische Regime
       derzeit vor allem in Hinblick auf die im März anstehende Parlamentswahl
       „den Eindruck von vermeintlicher Rechtsstaatlichkeit“ zu erwecken.
       
       Die Freilassung der Journalistinnen Elaheh Mohammadi und Nilufar Hamedi
       sowie der kürzlich entlassene und einige Tage später wieder inhaftierte
       Rapper Toomaj Salehi hätten für ein enormes Medienecho gesorgt. „Tomaj gilt
       als Symbolfigur der jungen Freiheitsbewegung des Irans“, sagt Hashemi.
       „Prompt musste man auch ihn wieder einsperren. Es ist das übliche
       Zuckerbrot-und-Peitsche-Spiel, das die iranische Regierung seit Jahrzehnten
       beherrscht.“ (mit Agenturen)
       
       16 Jan 2024
       
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 (DIR) Leyli Nouri
       
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