# taz.de -- Messi und Ronaldo dominieren die WM: Unsterblicher Heldenfußball
       
       > Ohne Helden funktioniert der Fußball nicht. Da helfen die besten Konzepte
       > nichts. Um die Nachfolge von Messi und Ronaldo muss sich keiner sorgen.
       
 (IMG) Bild: Messi spielt nicht für Argentinien, Argentinien spielt für Messi
       
       Es ist noch gar nicht so lange her, da wurde mit großem Pathos der
       Heldenfußball verabschiedet. Die Stars hätten ausgedient, hieß es. Jeder
       müsse sich in den Dienst des Systems stellen. Der Einzelne zählt nicht, die
       Mannschaft ist alles. Die Spanier, die sich bis heute [1][von dieser
       Vision] nicht verabschiedet haben, galten als Role Model, dem vor allem die
       Deutschen nachgeeifert haben.
       
       Lionel Messi kann man mit solchen Ideen allenfalls zum Lachen bringen.
       Konzepttrainer können ihm gestohlen bleiben. Bei dieser Weltmeisterschaft
       bewegt er sich nicht viel mehr als eine Schildkröte und meist auch nicht
       viel schneller. Er weiß, dass ihn alle permanent suchen und schon finden
       werden. Dass er seine Szene, über die dann alle reden werden, schon noch
       bekommen wird.
       
       Es gibt nicht wenige, die es für die größte Ungerechtigkeit des
       Weltfußballs halten würden, sollte Messi am Ende dieses Turniers nicht die
       WM-Trophäe überreicht bekommen. Andere sind wiederum traurig, dass Ronaldo
       vom Schicksal um seinen verdienten Lohn gebracht wurde. Und nicht nur in
       Brasilien haben einige mit Neymar geweint, weil er gegen Luka Modrić den
       Kürzeren gezogen hat, für den Kroatien bei diesem Turnier angetreten ist.
       
       Mehr Heldenfußball wie in Katar geht kaum. Der dreifache portugiesische
       Torschütze Gonçalo Ramos wurde bei seiner Auswechslung mit freundlichem
       Applaus verabschiedet, [2][der ihn ersetzende Ronaldo] erzeugte dagegen
       ohrenbetäubenden Jubel, als er den Rasen betrat. Was den Hype um diese
       Legenden befeuert, ist die Gewissheit, dass sie nicht ein weiteres Mal bei
       einer WM zu sehen sein werden.
       
       ## Anti-Helden-Konzeptfußball
       
       Natürlich hat die Diskussion über Helden- und Konzeptfußball etwas
       Schablonenhaftes. Marokko, könnte man sagen, ist doch das beste Beispiel
       bei diesem Turnier, dass Konzeptfußball erfolgreich sein kann. Wenn aber
       die Marokkaner im Halbfinale gegen Frankreich alles darauf ausrichten,
       Kylian Mbappé nicht ins Spiel kommen zu lassen, wie es die Engländer getan
       haben, spielen sie dann letztlich nicht auch ein wenig Heldenfußball?
       Genauer gesagt: Anti-Helden-Konzeptfußball.
       
       Bei der deutschen WM-Bilanz fällt auf, dass bis auf Jamal Musiala alle und
       alles kritisiert wurde. Bei der nächsten EM wird es darum gehen, besseren
       Heldenkonzeptfußball zu spielen. Genau genommen konnte auch in der Ära, als
       der Heldenfußball beerdigt wurde, niemand darauf verzichten, jemanden auf
       den Sockel zu stellen. Bastian Schweinsteiger war der Held des WM-Finales
       2014. Und Iniesta und Xavi waren im spanischen Kollektiv immer etwas
       gleicher als alle anderen.
       
       Um die Nachfolge von Messi und Ronaldo muss sich niemand Sorgen machen.
       Ohne Helden würde das kapitalistische Fußballsystem nicht funktionieren.
       Deren globale Reichweite schlägt alles Nationale. In Katar haben das die
       Regierenden bestens verstanden. Mit Paris St. Germain halten sie sich ein
       Heldenensemble und werden mit schon 50-prozentiger Chance mit einem der
       ganz Großen Weltmeister. Mit Lionel Messi [3][oder Kylian Mbappé.]
       
       13 Dec 2022
       
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 (DIR) Johannes Kopp
       
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