# taz.de -- Neue All-Parteien-Koalition in Italien: Super-Mario geht an den Start
       
       > Draghi und seine Minister*innen wurden am Samstag vom
       > Staatspräsidenten vereidigt. Auch Gefolgsleute von Berlusconi und Salvini
       > sind im Kabinett.
       
       ROM taz | Italiens neue Regierung steht. Am Samstag traten [1][Mario
       Draghi] und seine 23 Minister*innen bei Staatspräsident Sergio
       Mattarella zur Vereidigung an. Mit acht zu 15 sind Frauen am Kabinettstisch
       wieder einmal unterrepräsentiert. Mit 15 Politiker*innen zu acht
       „Techniker*innen“ sind die Parteien dagegen stärker vertreten als erwartet.
       
       Draghi hatte vom Staatspräsidenten die nicht eben leichte Aufgabe erhalten,
       eine Regierung „mit hohem Profil“ zu bilden, die andererseits keiner der
       üblichen „politischen Formeln“ entsprechen, also keine klassische
       Koalitionsregierung werden sollte. Und tatsächlich gelang es ihm, so gut
       wie alle im Parlament vertretenen Parteien – außer den postfaschistischen
       Fratelli d’Italia (FdI – Brüder Italiens) – ins Boot zu holen, ohne
       zugleich groß mit den Parteien über die Kabinettsposten und das
       Regierungsprogramm zu verhandeln.
       
       Dennoch darf der frühere Präsident der Europäischen Zentralbank sich jetzt
       auf die Unterstützung aller bisherigen Regierungsparteien verlassen, von
       der radikal linken Liste Liberi e Uguali (LeU – Freie und Gleiche) über die
       gemäßigt linke Partito Democratico (PD) und das Movimento5Stelle (M5S –
       5-Sterne-Bewegung) [2][bis zu Matteo Renzis kleiner Mittepartei Italia
       Viva] (IV), die Draghis Vorgänger Giuseppe Conte gestürzt hatte.
       
       Doch auch Italiens Rechte ist jetzt kräftig im Regierungslager vertreten.
       Mit dabei ist nicht nur Silvio Berlusconis Forza Italia (FI), sondern auch
       die rechtspopulistische Lega, die unter Matteo Salvini bisher vor allem
       durch fremden- und europafeindliche Töne aufgefallen ist. [3][Salvini
       vollzog jedoch in den vergangenen Tagen eine überraschende Kehrtwende] und
       legte die Forderung nach sofortigen Neuwahlen beiseite, um stattdessen mit
       ungewohnten Bekenntnissen zu Europa Draghi seine Unterstützung zuzusichern.
       
       Dem neuen Ministerpräsidenten gelang der schwierige Balanceakt, einerseits
       Schlüsselpositionen mit Expert*innen seines Vertrauens zu besetzen,
       zugleich aber auch die Parteien bei der Kabinettsbildung einigermaßen
       zufriedenzustellen.
       
       ## Vier Fünf-Sterne-Minister*innen
       
       „Techniker*innen“ sind die Innenministerin Luciana Lamorgese, die schon dem
       Kabinett Conte angehört hatte, die Justizministerin Marta Cartabia, die
       frühere Präsidentin des Verfassungsgerichts, und der Finanzminister Daniele
       Franco, bisher Generaldirektor in der Notenbank Banca d’Italia. Auch das
       neugeschaffene Ministerium für ökologischen Übergang wird mit dem Physiker
       Roberto Cingolani von einem Experten geleitet, genauso wie das Verkehrs-
       und Infrastrukturministerium, an dessen Spitze Draghi den ehemaligen Chef
       des Statistischen Amtes und jetzigen Vorsitzenden der „Allianz für
       nachhaltige Entwicklung“, Enrico Giovannini, berief. Auf diese Weise wies
       Draghi fast alle Ressorts, die eine Schlüsselrolle bei der Umsetzung des
       Wiederaufbauplans im Umfang von 209 Milliarden Euro spielen werden,
       Expert*innen zu.
       
       Bei den Parteien wiederum sind die Fünf Sterne mit vier Kabinettsposten am
       stärksten vertreten. Sie können sich vor allem darüber freuen, dass ihr
       Anführer Luigi Di Maio das Außenministerium behält. Die
       Regierungsbeteiligung des M5S war [4][angesichts heftiger interner
       Widerstände gegen Draghi] und gegen die Rechtsparteien bis zuletzt offen.
       Erst am Donnerstag hatten die Basis-Aktivist*innen in einem
       Online-Entscheid mit 60 Prozent Ja-Stimmen ihre Zustimmung gegeben.
       
       Drei Kabinettsposten bekommt die PD: Neben den bisherigen Ministern für
       Verteidigung und Kultur zieht mit Andrea Orlando als Arbeitsminister auch
       ihr stellvertretender Vorsitzender ins Kabinett ein. Drei Ministerien
       erhält auch die Lega; dort allerdings kamen nicht Salvini-Hardliner,
       sondern gemäßigtere Politiker wie der neue Wirtschaftsminister Giancarlo
       Giorgetti zum Zug.
       
       Auch Forza Italia hat zukünftig drei Minister*innen (Süden, Regionen,
       Öffentliche Verwaltung), allerdings durch die Bank ohne Portefeuille. Mit
       bloß einem Posten – Familie und Gleichstellung – kommt Renzis Italia Viva
       am schlechtesten weg, während die radikal linke LeU mit dem bisherigen
       Gesundheitsminister Roberto Speranza das in der Coronakrise strategische
       Ressort auch in der neuen Regierung besetzt.
       
       Die Vertrauensabstimmungen in Senat und Abgeordnetenhaus, die am Mittwoch
       beginnen, sind angesichts der äußerst breiten Unterstützung für das
       Kabinett Draghi nur noch Formsache: Selbst wenn Abweichler*innen aus
       den Reihen der Fünf Sterne ihre Zustimmung verweigern sollten, kann die
       Regierung auf 80 bis 90 Prozent Ja-Stimmen zählen.
       
       13 Feb 2021
       
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