# taz.de -- Polens Reparationsforderung: Mehr als eine juristische Frage > Außenministerin Baerbock lehnt Polens Forderung nach Entschädigung für > Weltkriegsschäden ab – juristisch korrekt. Moralisch wäre ein anderer Weg > besser. (IMG) Bild: Ein Stoßtrupp der Waffen-SS besetzt im Schutz eines Panzerwagens das zerstörte polnische Dorf Socharz im September 1939 Die Rechnung an Berlin hat die polnische Regierung aus innenpolitischem Kalkül geschrieben. Reparationszahlungen in Höhe von [1][1,2 Billionen Euro verlangt die PiS-Partei von Deutschland] als Entschädigung für Weltkriegsschäden und -verbrechen. Eine entsprechende diplomatische Note hat die polnische Regierung gerade abgeschickt und Außenminister Zbigniew Rau brachte die Forderung auch am Mittwoch beim Besuch von Außenministerin Annalena Baerbock in Warschau auf. Als „abgeschlossen“ bezeichnete die Grünen-Politikerin in ihrer Replik die Reparationsfrage. Juristisch hat sie recht: [2][Polen erhielt nach Kriegsende erst über die Sowjetunion Entschädigungen] und verzichtete dann mehrfach auf weitere Leistungen. Der linke polnische Abgeordnete Adrian Zandberg lag wohl richtig, als er Mitte September im Sejm vermutete, die PiS hole die Reparationsforderungen aus Wahlkampfgründen gerade jetzt „aus dem verstaubten Regal“. Trotzdem wäre es falsch, wenn sich die Ampelregierung in der Sache allein auf rechtliche Fragen zurückziehen würde. Erstens gibt es neben der juristischen noch eine moralische Ebene, auf der die geleisteten Reparationen [3][in keinem Verhältnis zum Ausmaß der deutschen Taten] stehen. Zweitens könnte die Bundesregierung durch ein ernsthaftes Gegenangebot den Ressentiments der rechtskonservativen PiS vor den Wahlen im kommenden Jahr am ehesten die Grundlage entziehen. Dass Baerbock in diese Richtung gesprächsbereit ist, hat sie in Warschau zwar signalisiert. Sie sprach von einer fortgesetzten Unterstützung individueller NS-Opfer und von einer möglichen gemeinsamen Gedenkarbeit. Zur Sprache brachte sie das aber eher verklausuliert und erst auf Nachfrage; nicht so also, dass es hängen bleibt. Als die Grünen noch in der Opposition saßen, kamen aus ihren Reihen Vorschläge, was die Bundesrepublik konkret leisten könnte. Um einen Fonds für Opfergruppen, die bisher keinerlei Entschädigung erhalten haben, ging es da zum Beispiel. Jetzt sitzen die Grünen in der Regierung. Nichts hindert sie daran, ihre Ideen nun auch voranzutreiben. 5 Oct 2022 ## LINKS (DIR) [1] /Polen-fordert-Reparationen/!5875273 (DIR) [2] /Polen-fordert-Reparation/!5878833 (DIR) [3] /Kriegsende-vor-75-Jahren/!5680431 ## AUTOREN (DIR) Tobias Schulze ## TAGS (DIR) Annalena Baerbock (DIR) Schwerpunkt Zweiter Weltkrieg (DIR) Polen (DIR) Kriegsverbrechen (DIR) Bündnis 90/Die Grünen (DIR) PiS (DIR) Reparationszahlung (DIR) Polen (DIR) Annalena Baerbock (DIR) PiS (DIR) Schwerpunkt Tag der Befreiung ## ARTIKEL ZUM THEMA (DIR) Bundesregierung weist Forderungen ab: Keine Reparationen für Polen Die deutsche Bundesregierung hat die Forderung abgelehnt, 1,3 Billionen Euro Entschädigung für Folgen des Zweiten Weltkriegs zu zahlen. Die polnische Regierung ist erbost. (DIR) Reparationsforderungen aus Polen: Warschau will 1,3 Billionen Euro Der Reparationsbeauftragte beziffert die durch Nazideutschland verursachten Kriegsschäden. Der Autor des Gutachtens führt in Kürze Gespräche in Berlin. (DIR) Forderung nach Weltkriegsreparationen: Baerbock erteilt Polen Absage Die Außenministerin sagt in Warschau, dass die Frage nach Weltkriegsreparationen „abgeschlossen“ sei. Polens PiS-Regierung hatte diese erneut gefordert. (DIR) Fischsterben in der Oder: Das Komplettversagen der PiS Das System der polnischen Regierungspartei PiS stinkt zum Himmel. Durch die Oder-Katastrophe zeigt sich, wie unwichtig da die eigene Bevölkerung ist. (DIR) Kriegsende vor 75 Jahren: „Das Leid der Polen ist unbekannt“ SPD-Politiker Markus Meckel plädiert für ein Polen-Denkmal in Berlin. Es soll nicht an NS-Opfer erinnern, sondern an Polens Bande zu Deutschland.