# taz.de -- Politreisen im Klimawandel: Nie mehr warten aufn Airbus
       
       > Deutsche Regierungsmitglieder sollten besser Linie fliegen, statt auf die
       > notorisch unzuverlässige Flugbereitschaft der Bundeswehr zu setzen.
       
 (IMG) Bild: 2011, Hamburg: Flugbegleiterinnen mit einem Modell des damals neuen Airbus A340 für die Flugbereitschaft
       
       Am Ende nahm sie einen Linienflug zurück nach Deutschland: Außenministerin
       Annalena Baerbock [1][hat ihre Reise nach Australien in Abu Dhabi
       abgebrochen,] weil der technische Defekt am Regierungsflieger nach einer
       Zwischenlandung nicht behoben werden konnte. Die Blamage hätte sich die
       grüne Ministerin ersparen können, wenn sie sich an ihre eigenen Vorsätze
       gehalten hätte: lieber einen Linienflug statt die Flugbereitschaft der
       Bundesregierung zu nehmen. Das ist billiger und vor allem klimaschonender,
       als mit einer nicht einmal halbvollen Regierungsmaschine zu fliegen. Und
       wie sich gezeigt hat: auch zuverlässiger.
       
       Die Flugbereitschaft gehört zur Bundeswehr, mehr als ein Dutzend in
       Köln-Wahn stationierte Flugzeuge stehen den in Berlin residierenden
       Mitgliedern der Bundesregierung und dem Bundespräsidenten zur Verfügung.
       Technische Defekte wie jetzt in Abu Dhabi sind gar nicht so selten.
       Baerbock ist bereits das zweite Mal gestrandet. Die damalige
       Bundeskanzlerin Angela Merkel verpasste 2018 wegen eines Defekts an der
       Maschine der Flugbereitschaft den Auftakt zum G20-Gipfel in Argentinien.
       
       Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier saß während Reisen fest, etlichen
       Minister:innen ist das in den vergangenen Jahren ebenfalls passiert.
       Doch Unzuverlässigkeit war nicht der Grund, warum Baerbock zu Beginn ihrer
       Amtszeit in Aussicht gestellt hatte, eher den Zug oder einen Linienflug
       statt der Flugbereitschaft der Bundeswehr zu nehmen. Das hatte
       Klimaschutzgründe.
       
       Trotzdem hat sie sich bislang selten an ihre Vorsätze gehalten. Und wenn,
       dann eher symbolisch: Zum Beispiel als die grüne Ministerin kurz nach ihrem
       Amtsantritt mit der Flugbereitschaft nach Paris flog und dann mit großem
       öffentlichem Tamtam mit dem Zug nach Brüssel weiterfuhr. Das Flugzeug
       kehrte leer nach Deutschland zurück. Die Reise ergab hübsche Bilder, dem
       Klima hat das aber nicht gut getan.
       
       Stranden Minister:innen mit der Flugbereitschaft, reisen sie oft mit
       Linienflugzeugen weiter – und das könnten sie gleich von Anfang an tun. In
       anderen Ländern geht das auch. Das priviligienbewusste Großbritannien hat
       nur drei Flieger für die Regierung – und die stehen auch dem hauptamtlichen
       Personal der Familie Windsor zur Verfügung. Reicht die vorhandene Flotte
       nicht, werden Flugzeuge gechartert oder eben Linienflüge gebucht.
       
       ## Ausmustern ist ein guter Anfang
       
       Die deutsche Regierung sollte diesem Beispiel folgen und bei der
       Flugbereitschaft abrüsten. Das Ausmustern zweier Maschinen nach dem Vorfall
       in Abu Dhabi ist ein guter Anfang.
       
       Ja, Regierungspersonal hat einen Anspruch darauf, bequem, mit guten
       Arbeitsmöglichkeiten und repräsentativ zu reisen. Aber das ist auch sehr
       gut mit einer konventionellen Fluggesellschaft möglich. Queen Elizabeth
       flog sehr gern First Class mit British Airways – warum soll deutschen
       Regierungsmitgliedern so etwas nicht zuzumuten sein?
       
       Niemand verlangt, dass sich Baerbock und Co in eine Ryanair-Maschine
       quetschen. Und für die nötige Sicherheit muss sowieso auf allen Flügen
       gesorgt werden, das ist keine Besonderheit von Politiker:innenreisen.
       
       Das Argument, dass Regierungsdelegationen zu groß sind für Linienflüge,
       zieht gar nicht: Videoaufnahmen von mitreisenden Journalist:innen
       zeigen, dass Annalena Baerbocks Flieger nur sehr spärlich belegt war. So
       etwas ist klimapolitisch schlicht nicht vertretbar.
       
       ## Immer auch PR
       
       Selbst wenn eine ministerielle Reisegruppe sehr groß ist: Es müssen nicht
       alle Mitglieder in einer Maschine unterwegs sein. Getrennte Anreisen hätten
       einen gar nicht so schlechten Nebeneffekt: Die berühmten
       Hintergrundgespräche über den Wolken, bei denen Politiker:innen und
       Journalist:innen gerne auf Tuchfühlung gehen, wären so nicht mehr
       möglich.
       
       [2][Von diesen Tête-à-têtes profitieren Regierungsmitglieder ohnehin mehr
       als Reporter:innen,] auch wenn die das Gegenteil glauben. Denn exklusive
       Nachrichten gibt es an Bord inmitten von Kolleg:innen nicht – aber es
       besteht für Journalist:innen durchaus die Gefahr, sich angesichts der
       freundlichen Zuwendung eine Beißhemmung zuzuziehen. Auslandsreisen sind bei
       allen wichtigen Regierungsgeschäften eben immer auch PR.
       
       15 Aug 2023
       
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