# taz.de -- Propalästinensische Proteste in Berlin: Die Freude an der Repression
       
       > Der Senat gibt im Umgang mit der Pro-Palästina-Bewegung den harten Hund.
       > Dass das so wenig Widerspruch erfährt, liegt auch an den Aktivisten
       > selbst.
       
 (IMG) Bild: Wenig zimperlich: Räumung des Sozialwissenschaftlichen Instituts der HU in der vegangenen Woche
       
       Dass und wie der Senat propalästinensische Proteste unterdrückt, ist
       hochgradig verstörend. Denn Schwarz-Rot scheint kein Problem damit zu
       haben, rechtsstaatliche Prinzipien zu missachten. Das zeigte jetzt auch
       noch einmal die Antwort der Innenverwaltung auf eine parlamentarische
       Anfrage der Linken zur Auflösung des umstrittenen „Palästina-Kongresses“ im
       April. Fazit: [1][Die rechtliche Begründung hierfür war komplett
       konstruiert.]
       
       Auch der Umgang mit den Besetzungen an der Freien Universität und der
       Humboldt-Universität in den vergangenen Wochen verdeutlicht, dass das
       Versammlungsrecht in Berlin keinen allzu hohen Stellenwert genießt.
       
       So wurde HU-Präsidentin Julia von Blumenthal, die anfangs den Dialog suchen
       und nicht direkt räumen lassen wollte, von Berlins Regierendem Kai Wegner
       (CDU) und Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra (SPD) zurückgepfiffen, die
       Polizei räumte umgehend, und das wenig zimperlich. [2][Auf einer
       Pressekonferenz am Donnerstag beklagten die Besetzer:innen] Übergriffe
       durch Polizist:innen, hinzu kamen ein verhafteter Anwalt und Angriffe auf
       Journalist:innen.
       
       Im Hinblick auf die rechtsstaatliche Enthemmtheit, die Staat und Polizei
       gegenüber propalästinensischen Aktivist:innen zunehmend an den Tag
       legen, gibt es in der Zivilgesellschaft und der Medienöffentlichkeit nur
       wenig Widerspruch. Auch in der taz wird lediglich diskutiert, [3][ob mit
       den Uni-Besetzungen nicht die Grenzen des legitimen Protests erreicht
       sind.]
       
       ## Selbstisolierung der propalästinensischen Bewegung
       
       Doch die Gründe für diese Entsolidarisierung liegen weniger in
       vermeintlichen kollektiven deutschen Zwangsneurosen als vielmehr im
       Auftreten der propalästinensischen Bewegung selbst. Seit dem Massaker der
       Hamas am 7. Oktober gelingt es vielen Aktivist:innen nicht, sich
       glaubhaft mit den antisemitischen Teilen ihrer Bewegung
       auseinanderzusetzen, gar davon abzugrenzen.
       
       Kompromissbereit gibt sich die Bewegung kaum – wer Israel als legitimen
       Staat anerkennt, gilt als Zionist:in und somit als Gegner:in, wie der
       jüngste [4][Boykottaufruf des Fusion Festivals durch die Gruppe Palästina
       Spricht] zeigt. Statt Bündnisse zu schmieden, isoliert sich die Bewegung
       lieber selbst durch das Beharren auf Maximalpositionen.
       
       Das macht die propalästinensische Bewegung zu einem Geschenk für
       konservative Politiker:innen wie Senatschef Wegner & Co., die hier
       ihre autoritären Fantasien ausleben können. Auf ihrem Repressionstrip haben
       sie quasi einen Freifahrtschein, auch weil viele linke Gruppen und große
       Teile der Zivilgesellschaft den Krieg in Gaza weiterhin ignorieren.
       
       Dabei ist Protest gegen Israels Militäreinsatz in Gaza notwendiger denn je.
       In immer kürzeren Abständen erscheinen Medienberichte über [5][zerbombte
       Zeltlager], [6][gefolterte Kriegsgefangene] und eine sich [7][rasch
       ausbreitende Hungerkatastrophe]. Deutschland ist der zweitgrößte
       Waffenlieferant Israels und könnte deutlich mehr tun, um das Land zum
       Einlenken zu bewegen.
       
       Die Lösung wäre also, eine Alternative zu schaffen: eine Bewegung, die sich
       für einen sofortigen Waffenstillstand, Freilassung aller Geiseln und Stopp
       der Waffenlieferungen einsetzt, ohne die Hamas zu romantisieren und ohne
       antisemitische Ausfälle zu dulden. Man wird ja noch träumen dürfen.
       
       31 May 2024
       
       ## LINKS
       
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 (DIR) [6] https://www.ardmediathek.de/video/monitor/folter-vorwuerfe-inside-israels-haftlager/das-erste/Y3JpZDovL3dkci5kZS9CZWl0cmFnLXNvcGhvcmEtNjY1OWJlMmMtMTZlMS00MjdjLWE3MDYtM2MyMGFkZDI3MDRi
 (DIR) [7] /Humanitaere-Lage-in-Gaza/!5996322
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jonas Wahmkow
       
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