# taz.de -- Proteste gegen Kürzungen: Bauern blockieren Habeck
       
       > Wütende Landwirte haben den Vizekanzler am Verlassen einer Fähre
       > gehindert. Der Regierungssprecher nennt die Aktion „beschämend“.
       
 (IMG) Bild: Schon vor Weihnachten protestierten die Landwirte in Berlin gegen die geplanten Kürzungen
       
       OCKHOLM dpa | Wütende [1][Bauern] haben Vizekanzler Robert Habeck (Grüne)
       an der Nordseeküste am Verlassen einer Fähre gehindert. Sie hätten am
       Donnerstag den Anleger in Schlüttsiel blockiert, sagte ein Polizeisprecher.
       Habeck habe deshalb wieder auf die Hallig Hooge zurückkehren müssen. Erst
       in der Nacht erreichte der Wirtschaftsminister das Festland mit einer
       weiteren Fähre, wie die Flensburger Polizei und ein Ministeriumssprecher
       bestätigen.
       
       Nach Angaben der Polizei handelte es sich um mehr als hundert
       Demonstranten. Rund 30 Beamte seien im Einsatz gewesen. Sie hätten auch
       Pfefferspray eingesetzt, sagte ein Polizeisprecher. Von Verletzten war
       nichts bekannt. Bundesregierung und Politiker von Grünen, FDP und CDU
       kritisierten die Protestaktion. Die Bauern sind empört wegen des von der
       Ampel-Koalition geplanten [2][Abbaus von Subventionen].
       
       Die Bundesregierung bezeichnete die Blockade der Ankunft von Habeck auf dem
       Anleger als beschämend. „Bei allem Verständnis für eine lebendige
       Protestkultur: Eine solche Verrohung der politischen Sitten sollte keinem
       egal sein“, schrieb Regierungssprecher Steffen Hebestreit am frühen
       Freitagmorgen auf der Plattform X, vormals Twitter. Die Blockade von
       Habecks Ankunft im Fährhafen Schlüttsiel „ist beschämend und verstößt gegen
       die Regeln des demokratischen Miteinanders“, hieß es.
       
       Die Vorsitzende der Grünen im Bundestag, Britta Haßelmann, zeigte sich
       entsetzt: „Es ist erschreckend, was dort passiert ist und empört mich
       zutiefst. Es ist eine völlige Grenzüberschreitung und ein Angriff auf die
       Privatsphäre von Robert Habeck“, teilte sie mit. Dies habe nichts mit
       friedlichem Protest in einer lebendigen Demokratie zu tun. „Ein solches
       Handeln ist durch nichts zu rechtfertigen. Vom Bauernverband erwarte ich,
       dass er diese Angriffe in aller Schärfe verurteilt und sich von solchen
       Aktionen distanziert.“
       
       ## Kritik an der Bauern-Aktion auch von der FDP
       
       Justizminister Marco Buschmann (FDP) schrieb auf der Plattform X: „Dass man
       auch mal wütend ist: geschenkt. Aber klar ist: Gewalt gegen Menschen oder
       Sachen hat in der politischen Auseinandersetzung nichts verloren! Das
       diskreditiert das Anliegen vieler Landwirte, die friedlich demonstrieren.“
       
       Auch Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) schrieb auf X: „Dort, wo
       Worte durch Gepöbel und Argumente durch Gewalt ersetzt werden, ist eine
       demokratische Grenze überschritten.“ Agrarminister Cem Özdemir (Grüne)
       erklärte auf X, weite Teile der Gesellschaft teilten aus guten Gründen den
       Konsens, dass man zivilisiert miteinander umgehen und streiten. „Ich messe
       da immer mit gleichem Maß, ob bei Klimaklebern oder bei den Bauern am
       Fährhafen: Gewalt und Nötigung sind verachtenswert & schaden auch dem
       Anliegen.“
       
       Umweltministerin Steffi Lemke schrieb auf X: „Das ist das Gegenteil von
       dem, was ich heute in der durch Hochwasser gebeutelten Region
       Mansfeld-Südharz erlebte – Solidarität, Zusammenhalt, Respekt,
       Zusammenarbeit unterschiedlichster Gruppen für den Schutz der Bevölkerung.
       Ich erwarte eine Klare Distanz durch @Bauern_Verband.“!
       
       Der frühere CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak erklärte auf X, es werde hier
       eine Grenze überschritten. „Wer die Ampel inhaltlich laut kritisiert, darf
       jetzt nicht schweigen. Das geht so nicht!“
       
       ## Ampel nimmt Teil der Kürzungen zurück
       
       Am Donnerstag [3][reagierte die Bundesregierung] auf die massiven
       Bauernproteste wegen des geplanten Abbaus von Subventionen: Die Koalition
       will auf die Abschaffung der Kfz-Steuerbefreiung für die Landwirtschaft
       verzichten. Die Abschaffung der Steuerbegünstigung beim Agrardiesel soll
       gestreckt und in mehreren Schritten vollzogen werden. Der Deutsche
       Bauernverband hält die Maßnahmen aber für unzureichend – und hält an einer
       ab Montag geplanten Aktionswoche fest.
       
       Eine Sprecherin Habecks sagte der dpa am Abend zu dem Vorfall am
       Fähranleger, der Minister sei gerne bereit gewesen, mit den Landwirten zu
       sprechen. „Leider ließ die Sicherheitslage ein Gespräch mit allen
       Landwirten nicht zu, das von Minister Habeck gemachte Gesprächsangebot mit
       einzelnen Landwirten wurde leider nicht angenommen.“ Laut Polizei beruhigte
       sich die Lage schnell, nachdem die Fähre abgelegt hatte. Anzeigen lagen am
       Abend nicht vor. „Landfriedensbruch steht schon im Raum“, sagte ein
       Polizeisprecher auf die Frage, ob trotzdem ermittelt werde.
       
       5 Jan 2024
       
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