# taz.de -- Putin in China: Kleiner Bruder, großer Bruder
       
       > Wladimir Putin reist zu Xi Jinping. Bei dem Besuch geht es um
       > wirtschaftliche und militärische Zusammenarbeit. Verbündete aber wollen
       > sie nicht sein.
       
 (IMG) Bild: Handschlag unter Brüdern. Wladimir Putin und Xi Jinping während eines Treffens in Peking 2023
       
       MOSKAU taz | Keine zehn Tage sind seit der pompösen Zeremonie vergangen,
       mit der Wladimir Putin [1][zum fünften Mal in seinem Amt als Präsident der
       russischen Föderation bestätigt] wurde. Nun will Putin am Donnerstag als
       erstes nach Peking reisen, nicht wie zuvor nach Belarus oder in die EU.
       2004 führte ihn seine erste Auslandsreise als alt-neuer Präsident gar in
       die Ukraine.
       
       Laut Kreml soll in Peking die „strategische Zusammenarbeit“ beider Länder
       besprochen werden, bevor Putin am Freitag weiter nach Harbin fährt. In
       dieser russischsten Stadt Chinas, die während der russischen Besetzung der
       Mandschurei von Russen gegründet wurde, soll Putin Ehrengast bei der
       Eröffnung der russisch-chinesischen Expo sein.
       
       Putin und Xi wollen eine „Freundschaft ohne Grenzen“ pflegen, auch wenn die
       Hindernisse zwischen Russland und China, die eine 4.000 Kilometer lange
       Grenze teilen, auf der Hand liegen. Dabei diktiert China Russland seine
       Bedingungen dieser Freundschaft. Denn China ist eines der wenigen Länder,
       die ihre eigenen Technologien entwickeln können und sich aufgrund der
       russischen „Spezialoperation“ in der Ukraine nicht vollständig von Russland
       abgewandt haben.
       
       Seitdem die westlichen Sanktionen gegen das russische Regime noch
       zugenommen haben, hat China sich zum wichtigsten Wirtschaftspartner
       Russlands entwickelt. Bereits 2016 war Peking der Haupttechnologielieferant
       für Moskau.
       
       Auch politisch-militärisch wollen beide Partner sein. Bei seiner Rede
       während der Militärparade am 9. Mai, dem „Tag des Sieges“ in Russland über
       Nazi-Deutschland, hob Putin den „Widerstandsgeist und den Mut des
       chinesischen Volkes“ im Zweiten Weltkrieg hervor. Die Anti-Hitler-Koalition
       ließ er beiseite.
       
       Moskau sieht sich zusammen mit Peking als Vorkämpfer gegen das „westliche
       Hegemoniestreben“. Sie machen gemeinsame Militärübungen, Moskau exportiert
       seine militärischen Produkte nach Peking und erlaubt den Chinesen die
       Weiterentwicklung russischer Komponenten für chinesische Rüstungsgüter.
       
       Zu Verbündeten aber wollen beide nicht werden. Für beide wäre es zu
       risikoreich. Als solche müsste China bezüglich der Ukraine auf Russland
       einwirken. Das will Peking vermeiden, denn [2][der Druck des Westens auf
       China ist groß.]
       
       Die Teilnahme an der [3][von der Schweiz organisierten Friedenskonferenz]
       sagte Xi Jinping jedoch indirekt ab und erweist Russland damit einen
       Bärendienst. Auch Moskau will sich in chinesische „Probleme“ nicht
       einmischen, weder in Indien noch in Vietnam oder dem Südchinesischen Meer.
       Schon gar nicht will es sich in der Taiwan-Frage klar positionieren. Die
       „Freundschaft ohne Grenzen“ ist hier sehr begrenzt.
       
       ## Gazprom schreibt Minuszahlen
       
       Die beiden Länder setzen vor allem auf wirtschaftliche Zusammenarbeit. Für
       Moskau ist das in Zeiten, da es seine Wirtschaft komplett umbaut und auf
       seinen Krieg in der Ukraine ausrichtet, eine der wichtigsten Aufgaben.
       Nicht allein die Rüstungsfabriken liefern das Geld, in erster Linie braucht
       es Einnahmen aus seinen Öl- und Gasverkäufen.
       
       Zum ersten Mal seit einem Vierteljahrhundert schrieb Gazprom, dieser
       staatlich kontrollierte Riese, Minuszahlen. Wegen des Krieges in der
       Ukraine hatte Gazprom seinen wichtigsten und einträglichsten Kunden
       verloren: die EU. Nun muss es sich umschauen – und tut dies in China.
       
       Bereits seit mehreren Jahren laufen die Pläne für die Pipeline „Kraft
       Sibiriens 2“, die die Erdgasfelder Westsibiriens verbinden sollen. Bislang
       wurde Europa von dort versorgt. Doch allein für „Kraft Sibiriens 1“,
       Russlands wohl teuerste Pipeline, haben beide Seiten mehrere Jahre hart
       verhandeln müssen, bis 2019 die ersten Kubikmeter Gas vom Tschajanda-Feld
       in Sacha, dem größten russischen Föderationssubjekt, nach China flossen.
       Moskau reist mit einer großen Delegation nach Peking, alle wichtigen
       Minister und Unternehmensbosse sind dabei. Es dürfte verstärkt auch um
       „Kraft Sibiriens“ gehen.
       
       Die Russen drängen seit Langem darauf, die Verhandlungen zur 3.550
       Kilometer langen Röhre voranzubringen. Peking aber hat Zeit.
       
       16 May 2024
       
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