# taz.de -- Rechtes Netzwerk in der Bundeswehr: Hannibals Schattenarmee
       
       > Er ist der Kopf eines bundesweiten Untergrundnetzwerkes – mit besten
       > Verbindungen in deutsche Behörden.
       
 (IMG) Bild: Was passiert alles im Dunkeln der Bundeswehr?
       
       BERLIN taz | Am 13. September 2017, einem Mittwoch, bekommt André S. in
       Sindelfingen Besuch vom Geheimdienst der Bundeswehr. Mal wieder. S. ist
       Soldat beim Kommando Spezialkräfte in Baden-Württemberg. Er gehört zu den
       am besten ausgebildeten Soldaten der Bundeswehr, ein Elitekämpfer. Der
       Mann, der ihn besucht, ist ein Oberstleutnant des Militärischen
       Abschirmdiensts. Er ist gekommen, um S. über rechtsextreme Tendenzen in
       seiner Kompanie zu befragen.
       
       Für S. ist das kein ungewöhnlicher Termin. Seit Längerem schon trifft er
       sich regelmäßig mit dem MAD. Die Aufgabe des Nachrichtendiensts der
       Bundeswehr ist es, extremistische Entwicklungen innerhalb der Armee zu
       erkennen und zu verhindern. Der MAD nennt S. eine „Auskunftsperson“.
       
       An diesem Tag im September bekommt S. für seine Auskünfte offenbar etwas
       zurück: Der MAD-Mann berichtet ihm wohl von Ermittlungen des
       Generalbundesanwalts gegen ein geheimes Netzwerk von Männern, die geplant
       haben sollen, Politiker und Aktivisten aus dem linken Spektrum zu töten.
       Die Bundesanwaltschaft sieht darin die Vorbereitung einer schweren,
       staatsgefährdenden Gewalttat – Terror also.
       
       Von den Razzien, die es kurz zuvor in Norddeutschland gegeben hat, weiß
       André S. zu diesem Zeitpunkt bereits. An diesem 13. September soll er aber
       erfahren haben, dass weitere Durchsuchungen und Befragungen kurz
       bevorstehen. So steht es in einer Anklageschrift des Amtsgerichts Köln, das
       zurzeit einen Prozess gegen den MAD-Mitarbeiter wegen Verletzung des
       Dienstgeheimnisses führt.
       
       ## Prepper und eingewecktes Gemüse
       
       Denn: André S. soll dadurch gewarnt worden sein. Und S. ist niemand
       Geringeres als der Kopf eines bundesweiten Netzwerks, das im Zentrum
       weitreichender Ermittlungen steht. Sein Deckname ist Hannibal.
       
       Seit einem Jahr recherchiert ein Team der taz zu der Frage: Gibt es ein
       rechtes Untergrundnetzwerk in Deutschland, in dem sich Regierungsgegner
       vernetzen, radikalisieren und gezielt auf bewaffnete Kämpfe vorbereiten?
       Gibt es ein Netzwerk, das hineinreicht in deutsche Behörden, in
       Verfassungsschutzämter und bis in die oberen Etagen der Bundeswehr?
       
       Dabei stießen wir auf [1][Prepper, die sich mit eingewecktem Gemüse
       versorgten], recherchierten zu Ermittlungen der Bundesanwaltschaft, deren
       Beamte zunächst glaubten, Rechtsterroristen in Norddeutschland gefunden zu
       haben. Wir lasen geheime Telegram-Chats und redeten mit Männern, die zwar
       bei rechtsextremen Verlagen Bücher bestellten, aber ihre völkische
       Gesinnung nicht für bedenklich hielten.
       
       Als wir im Dezember 2017 [2][den ersten größeren Text über das „Kommando
       Heimatschutz“ veröffentlichten], wussten wir noch nicht, wer sich hinter
       dem Pseudonym Hannibal verbarg. Hannibal, sagte uns jemand, sei der
       Administrator eines bundesweiten Chatnetzwerks sogenannter Prepper. Wir
       fragten uns damals: Ist es denkbar, dass Hannibal Mitglied der Bundeswehr
       ist und direkt aus der Bundeswehr heraus ein Untergrundnetzwerk
       mitaufgebaut hat?
       
       ## Wir kennen Hannibals Namen
       
       Heute kennen wir Hannibals vollen Namen. André S., geboren 1985 in Halle an
       der Saale, ist Mitglied des Kommandos Spezialkräfte der Bundeswehr in Calw.
       Er ist Gründer und Vorsitzender eines Vereins mit Postadresse in Dormagen,
       Nordrhein-Westfalen, in dem sich Elitekämpfer organisieren. Aus Gründen des
       Persönlichkeitsschutzes kürzen wir seinen Nachnamen ab.
       
       Nach einem Jahr fügt sich aus unseren Recherchen ein Bild, das keinen
       anderen Schluss zulässt: Überall in Deutschland, auch in Österreich und der
       Schweiz, haben sich Gruppen formiert, die daran arbeiten, einen eigenen
       Staat im Staate aufzubauen. Mitglieder in diesen Gruppen sind Polizisten
       und Soldaten, Reservisten, Beamte und Mitarbeiter des Verfassungsschutzes,
       die unter konspirativen Bedingungen einen Plan hegen: Wenn sie die Zeichen
       sehen, wenn „Tag X“ da ist, wollen sie zu den Waffen greifen.
       
       Manche ihrer Pläne sind erschreckend konkret. Der Focus schreibt von einer
       „Untergrundarmee“. Wie ein Netz sind die Gruppen miteinander verbunden.
       Unsere Recherchen ergeben, dass die einzelnen Fäden immer wieder zu einer
       Person führen: Hannibal.
       
       Wer ist dieser Hannibal? Wie kann es sein, dass administriert vom Gelände
       der Graf-Zeppelin-Kaserne in Calw bundesweit extremistische Zellen
       entstehen? Und wie kann es sein, dass der MAD Hannibal sogar noch warnt?
       
       ## Misstrauen an den Staatsdienern
       
       Ende August 2017. Der Generalbundesanwalt lässt in Mecklenburg-Vorpommern
       Wohnhäuser und Büros durchsuchen. Unter anderem von einem Anwalt und einem
       Kriminalpolizisten. Der Vorwurf: Sie sollen sich verabredet haben, an einem
       „Tag X“ Politiker und Menschen aus dem linken Spektrum festzusetzen oder zu
       liquidieren. Die Ermittlungen dauern an.
       
       Das Besondere damals ist: Die Staatsanwälte der Bundesanwaltschaft
       misstrauen den Staatsdienern im Norden. Landespolizisten werden nicht
       einbezogen. Selbst der Innenminister Mecklenburg-Vorpommerns wird erst
       unmittelbar vor den Razzien informiert. Denn der verdächtige Anwalt und der
       Polizist agierten nicht allein. Sie weihten in ihre Pläne unter anderem
       einen SEK-Polizisten und einen ehemaligen Soldaten ein, der damals noch
       einer Reservistenkompanie vorstand, die sich auf einen Einsatz beim
       G20-Gipfel in Hamburg vorbereitete.
       
       Diese Männer sind Teil einer größeren Gruppe, die sich auf Katastrophen
       vorbereitet, Stromausfälle, Stürme und Nahrungsmittelknappheit, auf
       Momente, in denen der Staat seine Bürger nicht mehr versorgen kann. Sie
       organisieren sich in mehreren Chatgruppen in Norddeutschland. Eine von
       ihnen heißt Nordkreuz, eine heißt Nord.Com, mal geht es darin um
       Impfstoffknappheit, mal um Truppenbewegungen in Osteuropa.
       
       Eine dritte Gruppe heißt Nord. Es ist Hannibal, der diese Gruppe mit
       vertraulichen Informationen und Lagebildern aus dem Inneren der Bundeswehr
       versorgt. In der Gruppe erzeugen seine Nachrichten das Gefühl, zu einem
       inneren Zirkel zu gehören, der einen Wissensvorsprung hat. Es ist auch kein
       Zufall, dass diese Gruppen im Herbst 2015 entstehen, denn es geht auch um
       die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung – und wie man sich dagegen
       wehren kann.
       
       ## Wettschießen bei der Geburtstagsfeier
       
       An einem Abend Anfang 2017 treffen sich vier Männer, darunter der
       beschuldigte Polizist sowie ein weiterer und der Reservist bei einem
       Stehimbiss an einer Landstraße nahe Schwerin. Sie sprechen über
       Lagerhallen, in denen sie am „Tag X“ ihre politischen Gegner internieren
       wollen. Könnte der Kompaniechef der Reservisten im Ernstfall dafür nicht
       Lastwagen der Bundeswehr organisieren?
       
       Ließen sich so auch mögliche Straßenkontrollen überwinden? Sie reden auch
       über Erschießungen. Im Laufe des Gesprächs soll auch das Wort „Endlösung“
       gefallen sein. Das sagen Menschen, die mit den Vorgängen betraut sind, der
       taz.
       
       Sie erzählen auch: Der beschuldigte Anwalt hatte bei Geburtstagsfeiern
       hinter seinem Haus ein Wettschießen veranstaltet und einen Wanderpokal
       dafür ausgelobt – benannt nach Mehmet Turgut, einem Mann, den die
       rechtsextremistische Terrorzelle NSU im Jahr 2004 erschossen haben soll. In
       Rostock. Sein Mord ist bis heute nicht aufgeklärt.
       
       Aus Ermittlungsunterlagen, die der taz vorliegen, geht hervor, dass
       Mitglieder dieser Nord-Gruppe bereits Depots mit Treibstoff,
       Nahrungsmitteln und Munition angelegt haben sollen. Jeder von ihnen zahlte
       dafür etwa 600 Euro in eine gemeinsame Kasse. Jenseits der Chatgruppe gab
       es noch weitere Unterstützer – etwa den Betreiber eines Schießstandes Nahe
       Rostock. Er verließ zwar den Chat, verkaufte den Mitgliedern aber weiterhin
       Waffen. Oder ein Ausbilder am Fliegerhorst der Bundeswehr in Laage, wo
       Eurofighter stationiert sind. Er lud seine Freunde nach Dienstschluss in
       den Sicherheitsbereich. Dort durften sie im Flugsimulator den Eurofighter
       fliegen.
       
       ## Die Süd-Gruppe
       
       Nach den Razzien vom August 2017 war der Aufklärungswille des zuständigen
       Innenministers, Lorenz Caffier (CDU), überschaubar. Er richtete eine
       sogenannte Prepper-Kommission ein. Befund bislang: Es gibt kein Problem.
       Einen Bericht hat die Kommission ein Jahr später noch nicht vorgelegt.
       
       Es gab aber in dem Chatnetzwerk nicht nur die Nord-Gruppe. Es gab: Ost,
       West, Süd – organisiert entlang der geografischen Aufteilung der
       Wehrbereichsverwaltung. Außerdem: Österreich und die Schweiz. Auch in Süd,
       der größten und aktivsten Gruppe, war Hannibal der Administrator.
       
       Das ist die Gruppe, in der der frühere Bundeswehrsoldat Franco A. Mitglied
       war. [3][Das Auffliegen Franco A.s] war einer der größten
       Bundeswehrskandale der letzten Jahre. Ein Soldat, der mutmaßlich
       rechtsextreme Terroranschläge geplant hat – und niemand, nicht seine
       Vorgesetzten, nicht der MAD, wollten etwas bemerkt haben?
       
       Franco A. war nicht nur passiv Mitglied in der Süd-Gruppe. Einmal war er
       bei Hannibal zu Hause, einmal nahm er mit Hannibal an einem Treffen in
       Albstadt teil, bei dem die Handys im Auto gelassen wurden. Es war ein
       Treffen in einem Schützenverein.
       
       ## Die Bundesanwaltschaft ermittelt
       
       Franco A. warb auch neue Mitglieder für die Süd-Gruppe. Zum Beispiel einen
       Händler von Waffenteilen, bei dem A. zuvor Zubehör gekauft hatte, als
       Barkauf, damit sein Name nicht auf der Rechnung auftauchte. Dem Händler
       hatte A. auch gesagt, bei der Süd-Gruppe handele es sich um eine besondere
       Gruppe innerhalb der Bundeswehr.
       
       Als Hannibal erfährt, was Franco A. vorgeworfen wird, gibt er umgehend
       Anweisung, alle Chats zu löschen: Nord, Süd, West, Ost. Es hätte kein gutes
       Licht auf die Richter, Beamten und Soldaten in den Chatgruppen geworfen,
       wird er später sagen, wenn man sie mit Franco A. in Verbindung brächte.
       
       Weil Franco A. auffliegt, ermittelt die Bundesanwaltschaft. Jetzt gerät das
       Netzwerk unter Druck. Wie schon in Norddeutschland legen sie auch in der
       Süd-Gruppe sichere Treffpunkte und Unterkünfte fest, in denen sich die
       Mitglieder am „Tag X“ treffen können.
       
       Bei der Vernehmung wollen die Ermittler von Hannibal wissen, wie viele
       solcher „Safe-Häuser“ es in Deutschland gebe – und wo diese sich befinden.
       André S. antwortet: überall. Sogar das Autohaus seiner Eltern hatte er im
       Chat als solches vorgeschlagen.
       
       ## Kaserne erfolgreich übernommen
       
       Es ist bisher noch unklar, was diese „Safe-Häuser“ genau ausmacht. Den
       Ermittlungsbehörden bereiten diese Orte Kopfzerbrechen. Es gibt sie in
       Nürnberg und Ulm, in Lenggries und Bad Tölz und auch die
       Graf-Zeppelin-Kaserne in Calw, wo das KSK stationiert ist, wurde in der
       Chatgruppe Süd als ein solcher Ort definiert – vorausgesetzt allerdings,
       man habe im Krisenfall die Kaserne bereits erfolgreich übernommen.
       
       Franco A.s Verhaftung führt schließlich dazu, dass deutschlandweit
       Bundeswehrkasernen [4][nach NS-Devotionalien durchsucht] und Soldaten auf
       ihre Gesinnung überprüft werden. Das Verteidigungsministerium will
       aufräumen, Soldaten wie Franco A. sollen künftig schneller auffallen.
       Rechtsextreme Kameraden sollen die Bundeswehr verlassen.
       
       Hannibal bleibt.
       
       Der Deckname Hannibal und der bürgerliche Name André S. kursieren im
       vergangenen Jahr unter Sicherheitspolitikern im Bundestag. Ihnen gegenüber
       muss der MAD zugeben, dass er Hannibal schon lange kennt, der scheinbar so
       bereitwillig Auskunft gibt. Und obwohl auch dort bekannt wird, dass die
       Nord-Chatgruppe Äquivalente in anderen Landesteilen hat, heißt es:
       Menschen, die Konservendosen horten, sind doch harmlos.
       
       Dabei möchte der MAD von Hannibal auch wissen: Was weiß er über diese
       Abschiedsfeier, die einen Gerichtsprozess nach sich zog?
       
       ## Helden des rechtsextremen Milieus
       
       Frühjahr 2017, auf einem Schießstand nahe Stuttgart feiert ein Kompaniechef
       des KSK seinen Abschied. Seine Soldaten lassen ihn einen Parcours
       absolvieren, lassen ihn Bogen schießen und Köpfe von Schweinen werfen. Als
       Belohnung haben sie eine Frau eingeladen, mit der er Sex haben soll. Es
       kommt nicht dazu, sagt die Frau später aus. Der Kompaniechef sei zu
       betrunken gewesen.
       
       Sie erzählt auch, dass auf der Feier Musik der rechtsextremen Band
       Sturmwehr gespielt worden sei. Der Kompaniechef und andere hätten dann den
       Hitlergruß gezeigt.
       
       Auf Anfrage der taz möchte der Militärische Abschirmdienst nicht mitteilen,
       ob ihre Auskunftsperson Hannibal an jenem Abend mitgefeiert hat. Der MAD
       hat ein Interesse daran, Hannibal zu schützen.
       
       Im KSK hat der MAD fast keine Quellen, der Kontakt zu Hannibal ist
       wertvoll. Das Kommando, das streng abgeschirmt operiert, pflegt ein
       Eigenleben. Im Jahr 2004 war der berüchtigte KSK-Kommandeur Reinhard Günzel
       ohne Dank entlassen worden, nachdem er die antisemitische Rede des heutigen
       AfD-Abgeordneten Martin Hohmann in einem Bundeswehrschreiben gelobt hatte.
       Später wurde Günzel zum Helden im rechtsextremen Milieu.
       
       ## Kontakt per Mail
       
       Im September fragen wir das Bundesverteidigungsministerium nach Uniter. Ein
       Verein, den Hannibal vor Jahren gegründet hat, in dem sich ehemalige und
       aktive Mitglieder von Spezialeinheiten vernetzten. Ein Sprecher des
       Ministeriums antwortet schriftlich: Das Ministerium verfüge über keine
       weiteren Kenntnisse zu Uniter als die „öffentlich zugänglichen“. Zu diesem
       Zeitpunkt war Hannibal bereits Auskunftsperson des MAD. Der MAD ist direkt
       dem Ministerium unterstellt.
       
       Die Bundesregierung muss natürlich keine Informationen an die Presse geben,
       die sie aus nachrichtendienstlicher Aufklärung hat. Sie muss aber auch
       nicht lügen.
       
       Uns interessiert in unserer Anfrage auch: Nutzt Uniter Liegenschaften der
       Bundeswehr? Üben die Vereinsmitglieder mit Bundeswehreigentum? „Es liegen
       hierzu keine Informationen vor“, schreibt das Ministerium. Weiß denn das
       Ministerium etwas darüber, dass sich KSK-Soldaten als Prepper weiterbilden?
       „Keine Erkenntnisse.“
       
       Als wir schließlich den bürgerlichen Namen von Hannibal kennen und André S.
       selbst im April 2018 per Mail kontaktieren, erhalten wir 23 Minuten später
       eine Antwort. Er schreibt: „Prinzipiell schreiben und kommunizieren wir
       nicht mit der Presse, da die Masse der Mitglieder der Geheimhaltung
       unterstehen und jegliche Verbindungen das Leben von Mitgliedern und deren
       Familien beeinträchtigen könnte.“ Weiter heißt es: „Sollten weitere Fragen
       und Bedrängungsversuche von ihrer Seite aus kommen, müssen wir den
       Militärischen Abschirmdienst etc. informieren.“
       
       Uniter also, ein Verein, dessen Gründer ein bundesweites Chatnetzwerk mit
       vertraulichen Informationen aus deutschen Behörden belieferte; der den
       unter Terrorismusverdacht verhafteten Soldaten Franco A. in seiner
       Chatgruppe hatte; und der auch diejenige Chat-Gruppe in Norddeutschland
       administrierte, deren Mitglieder an einem „Tag X“ mit Bundeswehrlastwagen
       politische Gegner in Lager fahren wollten – dieser Verein also möchte im
       Falle von Presseanfragen den Militärischen Abschirmdienst informieren.
       
       ## Die Elite der Bundeswehr vernetzen
       
       Natürlich interessiert uns daher, worum es sich bei Uniter handelt. Uniter,
       das bedeutet, auf Latein: „In Eins verbunden“. Der Verein möchte die Elite
       der deutschen Bundeswehr vernetzen.
       
       Dafür gibt es auch gute Gründe: Oft scheiden KSK-Soldaten im Alter von 35
       Jahren aus dem Verband aus, die Auslandseinsätze entfallen – und damit
       Auslandsbezüge und Gefahrenzulagen der Soldaten. Plötzlich ist weniger Geld
       auf dem Konto. Uniter könnte da eine Hilfe sein. In dem Netzwerk sollen
       sich aktuelle und ehemalige Soldaten gegenseitig unterstützen. Viele von
       ihnen haben Sicherheitsfirmen oder Kampfsportschulen gegründet, andere sind
       weiter beim Militär. Im Online-Shop werden Krawatten, Manschettenknöpfe und
       Siegelringe mit dem Uniter-Emblem verkauft: Schwert und Kreuz, umfasst von
       einem Eichenkranz.
       
       Auf Facebook lädt Uniter ein zu einem Marsch auf eine Burgruine in
       Baden-Württemberg, um Veteranen zu gedenken. Ein anderes Mal treffen sich
       Uniter-Mitglieder in einer Bundeswehrkaserne bei Berlin. Hier gibt sich der
       Verein offen für Interessierte. Eine Gruppe lädt die taz schließlich ein.
       
       Es ist ein Samstagmorgen im September dieses Jahres. In einer
       Kampfsporthalle in Berlin-Köpenick erklärt ein Trainer, Messerkampf brauche
       viel Übung, Jahre, es sei eine der gefährlichsten Disziplinen. Die Männer,
       ein Sicherheitsmitarbeiter vom Flughafen, ein Personenschützer und ein
       Polizeiausbilder, ahmen die Bewegungen des Russen nach. Sie wollen
       vorbereitet sein.
       
       Also üben sie mit Kunststoffmessern, wie es wohl wäre, jemandem die Klinge
       durch die Kehle zu ziehen? „Um jemanden mit dem Messer zu töten, muss man
       ihn am Oberschenkel treffen, dann in den Bauch, dann in den Hals.“ So
       erklärt es der Trainer auf russisch. Einer muss übersetzen. Das klingt dann
       so: „Schneiden, schneiden, schneiden.“
       
       ## Nur ein Spiel?
       
       Auch Uniter ist, wie die Chatgruppen, in die Distrikte Nord, Süd, Ost und
       West gegliedert. Auch hier gibt es Ableger in Österreich und der Schweiz.
       Auch hier kennen sich viele Mitglieder nicht über ihre eigenen Distrikte
       hinaus. Einer der Distriktleiter-Ost ist ein Polizeiausbilder. Uniter hat
       auch schon mal Spenden für Obdachlose gesammelt, der Verein ist wiederum
       Teil eines Ritterordens. Mehrere Mitglieder sind auch Freimaurer. Ungefragt
       erklärt der Polizistenausbilder im Gespräch mit der taz: Jedes neue
       Mitglied werde überprüft, Extremismus nicht geduldet. So steht es auch in
       der Satzung des Vereins.
       
       Franco A. hatte seinem Waffenhändler Uniter empfohlen. Der Verein
       dementiert, dass A. formal Mitglied gewesen war.
       
       Der MAD interessiert sich für Uniter, will ein Gefühl für die Vereinigung
       bekommen, lässt sich von Hannibal erzählen, was er da so macht. Hannibals
       Gesinnung ist dagegen nie Gegenstand einer MAD-Überprüfung.
       
       Als die Ermittler des BKA André S. im vergangenen Jahr befragen, worauf er
       und die anderen Prepper sich denn vorbereiteten, sagt er: Es gehe in diesen
       Chats nur um Planspiele. Und er wird sagen, eine gesunde Vorbereitung mache
       ja heutzutage jeder, der im Staatsdienst arbeite.
       
       Alles nur ein Spiel? Im Süd-Chat hatte Hannibal vor Jahren geschrieben,
       dass sich das Autohaus seiner Eltern als Safe-Haus eigne. Bei einer
       Durchsuchung finden die Ermittler in deren Wohnhaus eine Kiste mit
       Übungsgranaten aus den Beständen der Bundeswehr und Zünder. Was er dazu
       sagen könne, fragen sie Hannibal im September 2017 und weisen darauf hin,
       dass er sich nicht selbst beschuldigen muss. Hannibal sagt, er wolle darauf
       nicht antworten.
       
       ## Keine gewaltbereiten Rechtsextremisten festgestellt
       
       Zwei Wochen später, Anfang Oktober 2017, wird der MAD-Oberstleutnant Peter
       W., Kontaktmann Hannibals, von der Wehrdisziplinar-Anwaltschaft befragt.
       Sie werfen ihm vor, Interna verraten zu haben. Peter W. fungiert beim MAD
       als Ansprechpartner für Generalbundesanwalt und Bundeskriminalamt. Die
       Staatsanwaltschaft Köln hat Anklage gegen ihn erhoben.
       
       Der Generalbundesanwalt führt Hannibal nicht als Beschuldigten. Das KSK hat
       er inzwischen verlassen.
       
       Als an diesem Freitag der Chef des Militärischen Abschirmdienstes, Christof
       Gramm, im Bundestag befragt wird, sagt er: „Wir haben keine gewaltbereiten
       Rechtsextremisten festgestellt.“ Und: „Eine Vernetzung von gewaltbereiten
       Extremisten innerhalb der Bundeswehr findet daher auch nach unserer
       Wahrnehmung nicht statt.“
       
       16 Nov 2018
       
       ## LINKS
       
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       Bei Teilnehmern eines Trainings des Vereins Uniter gab es Durchsuchungen.
       Ein Jahr, nachdem die taz darüber berichtete.
       
 (DIR) Rechte Netzwerke in Polizei und Militär: Hannibals Knallkörper
       
       Der Kopf des rechten Hannibal-Netzwerkes steht in Böblingen vor Gericht.
       Sollte er jedenfalls. Doch André S. kommt nicht.
       
 (DIR) Polizei in Mecklenburg-Vorpommern: Wieder Waffenfunde bei Polizist
       
       Erneut wird das Haus eines Polizisten im Norden Deutschlands durchsucht. Es
       gibt Zweifel an seiner Verfassungstreue.
       
 (DIR) Hannibal-Netzwerk in Meck-Pomm: Rechtsextreme Elitepolizisten
       
       Laut einer Expertenkommission hat es beim SEK der Polizei
       Mecklenburg-Vorpommern eine rechtsextreme Gruppe gegeben.
       
 (DIR) Prozess im Hannibal-Komplex: Waffenexperte vor Gericht
       
       In Schwerin beginnt der Prozess gegen Marko G., einen ehemaligen
       Elitepolizisten. Er soll massenhaft Munition gestohlen und gehortet haben.
       
 (DIR) taz-Recherche zu rechtem Netzwerk: Risiko im Reichstag
       
       Gegen den Bundeswehr-Offizier Maximilian T. wurde wegen Terrorverdachts
       ermittelt. Heute ist er AfD-Mitarbeiter im Parlament.
       
 (DIR) Rechte in Mecklenburg-Vorpommern: Razzia bei Nordkreuz-Administrator
       
       Polizisten in Mecklenburg-Vorpommern sollen Munition vom LKA gestohlen
       haben. Einer ist Mitglied der früheren Prepper-Gruppe „Nordkreuz“.
       
 (DIR) taz-Recherche zu rechtem Netzwerk: Hannibals Reisen
       
       Uniter will jetzt auch Autokraten unterstützen. Deutsche Behörden rätseln
       derweil: Ist der Verein gefährlich?
       
 (DIR) taz-Recherche zu „Hannibal“-Netzwerk: Direkter Draht zum Verfassungsschutz
       
       Der Verein Uniter e.V. bildet Zivilisten in Militärtaktik aus. Ein
       Verfassungsschutz-Mitarbeiter hat ihn mitgegründet.
       
 (DIR) Meistgeklickt auf taz.de 2018: Rechtsextreme, Obdachloser, Suizid
       
       Auf taz.de waren 2018 einige Texte besonders erfolgreich. Wir haben eine
       Top 7 zusammengestellt und mit den Autor*innen gesprochen.
       
 (DIR) Bundeswehr braucht Personal: EU-Ausländer für die Truppe
       
       Wegen des Frachkräftemangels prüft die Bundeswehr offenbar, Personal aus
       dem EU-Ausland zu rekrutieren, heißt es in einem Bericht. Das Echo ist
       verhalten.
       
 (DIR) taz-Recherche zu rechtem Netzwerk: Hannibals Verein
       
       Soldaten und Polizisten, die sich in rechten Chats austauschten, sind auch
       im Verein Uniter aktiv. Dieser baut eine Kampfeinheit auf.
       
 (DIR) taz-Recherche auf Englisch: Hannibal's Shadow Army
       
       He is a head of a right-wing German nationwide underground network with
       direct connections to State Authorities.
       
 (DIR) Feindeslisten von rechtem Netzwerk: „Enorm hohe Gefahr“
       
       Nach taz-Recherchen zum rechten Netzwerk: Opferverbände fordern die Polizei
       auf, Betroffene zu informieren, die auf Feindeslisten stehen.
       
 (DIR) Mitarbeiter von AfD-Abgeordnetem: Maximilian T. darf ins Parlament
       
       Der AfD-Abgeordnete Jan Nolte beschäftigt einen Ex-Terrorverdächtigen. Der
       Bundestag gewährt ihm einen Hausausweis.
       
 (DIR) Rechtsextreme in der Bundeswehr: Opposition will mehr Aufklärung
       
       Der Bundestag befasst sich mit einer taz-Recherche. Das Verhalten der
       Regierung finden viele höchst befremdlich.
       
 (DIR) Bundeswehr-Enthüllungen der taz: Rechtsextreme Soldaten unterm Radar
       
       Die taz legte ein rechtes Netzwerk in der Bundeswehr und in Behörden offen.
       Die politisch Verantwortlichen reagieren darauf bisher nur mit Schweigen.
       
 (DIR) SPD-Politiker über Prepper-Netzwerk: „Aufräumen, wo Müll liegt“
       
       Die taz legte ein rechtes Netzwerk in der Bundeswehr und in Behörden offen.
       Der SPD-Innenpolitiker Uli Grötsch fordert nun „lückenlose Aufarbeitung“.
       
 (DIR) Geheimdienstchefs sprechen über Pläne: Neuer Blick nach rechts
       
       Der neue Verfassungsschutzchef Thomas Haldenwang will eine Neuausrichtung
       seines Dienstes: Rechtsextreme sollen genauer beobachtet werden.
       
 (DIR) Rechtes Netzwerk in der Bundeswehr: Wer Hannibal informierte
       
       Achtung, Prepper! Ein MAD-Mitarbeiter der Bundeswehr soll KSK-Soldaten vor
       Hausdurchsuchungen gewarnt haben. Jetzt ist er angeklagt.
       
 (DIR) Terror-Ermittlungen in Norddeutschland: Kommando Heimatschutz
       
       Reservisten wollen im Ernstfall das Land verteidigen. Aber was, wenn sie
       eine ganz eigene Idee davon haben, vor wem?