# taz.de -- Reform Stiftung Preußischer Kulturbesitz: Es bleibt irgendwie behäbig
       
       > Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz in Berlin ist ein institutioneller
       > Gigant und muss reformiert werden. Der Stiftungsrat stellt nun die Pläne
       > vor.
       
 (IMG) Bild: Die „Preußenstiftung“ hat auch schwere Last zu tragen: die rekonstruierte Kuppel des Humboldt Forum
       
       Ein klares Nein zur Auflösung, ein kleines Ja zu Reformen und, so
       Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne), bald eine „kreative
       Diskussion“ über die sperrige Marke Stiftung Preußischer Kulturbesitz
       (SPK). So ließe sich der Beschluss ihres Stiftungsrats resümieren, der am
       Montagnachmittag in Berlin vorgestellt wurde.
       
       Mit den siebzehn Häusern der Staatlichen Museen zu Berlin (SMB) und
       weiteren vier großen Archiv-, Bibliotheks- und Forschungseinrichtungen ist
       die von Hermann Parzinger geführte SPK der größte Kulturträger
       Deutschlands. Und sie ist mit ihren 1.900 Mitarbeiter:innen
       international von Bedeutung, häufig wird sie mit dem US-amerikanischen
       Smithsonian verglichen.
       
       Doch kommt die Stiftung mit dem Erhalt ihrer Liegenschaften, der Pflege
       ihrer Sammlungen nicht hinterher. Gleichzeitig expandiert sie. Gerade
       entsteht am Kulturforum das geschätzt 450 Millionen Euro kostende Museum
       des 20. Jahrhunderts nach Plänen von Herzog & de Meuron. Die SPK, sie ist
       eigentlich eine Dauerbaustelle.
       
       Eine gute Nachricht also, dass die dringend nötigen Reformen der
       „Preußenstiftung“ nun wieder angegangen werden. Ziel sei laut Roth „mehr
       Autonomie und damit bessere Handlungsfähigkeit“ für die unter dem SPK-Dach
       eher darbenden Berliner Museen. „Mehr Eigenverantwortung“ sei von ihnen
       gefordert, so Hermann Parzinger bei Vorstellung der Pläne am Montag.
       
       Die Reform leitete einst Roths Amtsvorgängerin Monika Grütters (CDU) ein.
       Sie hatte einen unabhängigen Wissenschaftsrat beauftragt, die von Bund (86
       Prozent) und Ländern (14 Prozent) gemeinsam finanzierte SPK zu evaluieren.
       Vor allem die Museen kamen [1][im Urteil des Wissenschaftsrats] schlecht
       weg. Das liege nicht nur an chronischer Unterfinanzierung und zu wenig
       Personal in den einzelnen Häusern, sondern vor allem am ineffizienten
       Verwaltungsaufbau der SPK selbst. Zu groß seien „die Hemmnisse einer
       gemeinsamen Dachstruktur gegenüber ihrem Nutzen für die Einrichtungen“ –
       auch weil Museums- und Forschungsbetrieb unterschiedlichen Logiken folgten.
       
       ## Öffentliche Debatte blieb aus
       
       Daher empfahlen die Experten um die Literaturwissenschaftlerin Marina
       Münkler die Auflösung der SPK. Grundsätzlich sei auch in Frage zu stellen,
       „inwiefern ein Rückbezug auf einen Kulturbesitz Preußens für die Stiftung
       und die Einrichtungen überhaupt (noch) eine sinnstiftende Funktion“ habe.
       Eine dringend angezeigte, öffentliche Debatte darüber blieb aber schon zu
       Grütters’ Zeiten weitgehend aus.
       
       Im neuen „einstimmigen Beschluss“ des SPK-Stiftungsrats ist von Auflösung
       nun nicht zu lesen. Stattdessen ist von einer künftig dezentralen
       Verwaltung die Rede, von größeren Kompetenzen bei Programm- und
       Budgetplanung der einzelnen Häuser.
       
       Eine „zentrale Serviceeinheit“ (ZSE) als Dienstleister für übergeordnete
       Themen, wenn es etwa um die Gebäudeveraltung oder Juristisches geht, soll
       ihnen statt der alten Hauptverwaltung zur Seite stehen. Sie soll auch die
       vom Wissenschaftsrat als „dysfunktional“ angemahnten
       Organisationsstrukturen entzerren. An der SPK-Spitze wird ein
       „Kollegialorgan“ stehen, freilich unter Leitung des Präsidenten mit zwei
       weiteren gesetzten und bis zu vier rotierenden Mitgliedern (darunter zwei
       wechselnde Vertreter der SMB).
       
       ## Eine unklare Governancestruktur
       
       Der Vorstand verantwortet die SPK-„Gesamtstrategie“ ebenso wie den
       Stiftungshaushalt. Das aber stärke „die Eigenständigkeit der Museen nicht“,
       so Marina Münkler auf Nachfrage der taz. „Die Aussage, sie sollten
       ‚zukünftig autonomer handeln können‘, steht im Widerspruch zur Konstruktion
       des Vorstands. Im Grunde wird damit die unklare Governancestruktur gerade
       für die Museen prolongiert.“
       
       Auch seien „Archiv- und Forschungseinrichtungen im Vorstand deutlich besser
       vertreten als die Museen, um deren größere Autonomie und Flexibilität es
       dem Wissenschaftsrat nicht zuletzt ging.“
       
       Die Museen sind bis auf Weiteres auf ihr schmales Budget verwiesen, während
       sich die anstehende Reform laut Stiftungsratsmitglied und Kulturminister
       von Sachsen-Anhalt, Rainer Robra (CDU), aus „Effizienzgewinnen“ finanzieren
       soll. Beraten von den deutschen Kultur-Consultern actori und PD klingt das
       nach dem neoliberalen Rezept „mehr mit weniger“.
       
       In einem weiteren Reformschritt könnte die SPK sogar noch an Einfluss
       hinzugewinnen. [2][Als Gemenge aus vielen Einrichtungen] konzeptionell von
       Anfang an vermurkst, soll das Humboldt Forum nun mit der SPK
       „organisatorisch zusammengefasst“ werden. Wie genau, bleibt, wie vieles in
       diesem Beschlusspapier, in eine vage Zukunft verschoben.
       
       6 Dec 2022
       
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