# taz.de -- Regierungsbildung in Israel: Schockstarre und Resignation
       
       > Netanjahu ist wieder da. Seine neu gebildete rechtsextrem-religiöse
       > Regierung hat das Potenzial, Israel zu zerstören. Doch der Aufschrei
       > bleibt aus.
       
 (IMG) Bild: Auch für die hedonistische Tel Aviver Bubble könnte es unter den Rechtsreligiösen ungemütlich werden
       
       „Ich kann eine Regierung bilden“, vermeldete der
       [1][Comeback-Ministerpräsident Benjamin Netanjahu] am 22. Dezember
       gegenüber dem israelischen Präsidenten. Noch ist das Kabinett nicht
       öffentlich. Doch eins steht fest: Netanjahu ist zurück im Geschäft – und
       seine sich bildende neue israelische Regierung aus Rechten und Religiösen
       ist brandgefährlich.
       
       Wo sind sie jetzt, die Menschen, die seit 2020 immer wieder die
       Balfour-Straße in Jerusalem stürmten und zu Zehntausenden gegen den
       damaligen Ministerpräsidenten [2][Benjamin Netanjahu] demonstriert haben?
       Zahlreiche Israelis sind derzeit zwar in größter Sorge um ihren Staat. Doch
       die einen dürften resigniert haben. Die anderen warten ab. Als könnten sie
       nicht glauben, dass wirklich passieren wird, was sich glasklar abzeichnet:
       
       Dass beispielsweise die Außerkraftsetzungsklausel verabschiedet wird, mit
       der Israel, ähnlich wie in Ungarn, die Gewaltenteilung und damit die
       Rechtsstaatlichkeit aushöhlen würde. Dass der rassistische Itamar Ben Gvir,
       der selber wegen Zugehörigkeit zu einer terroristischen Vereinigung
       verurteilt wurde, als Minister für Nationale Sicherheit eine in Israels
       Geschichte noch nie dagewesene Kontrolle über die Polizei erhalten wird.
       
       Dass sein rechtsextremer Siedlerkumpan Bezalel Smotrich nicht nur
       Finanzminister, sondern auch Aufgaben des Verteidigungsministeriums
       erhalten wird – und damit die Übersicht über zivile Angelegenheiten in der
       [3][Westbank].
       
       Und dann wäre da noch Avi Maoz, ein homophober und rassistischer
       Strengreligiöser, der fortan unter anderem die Schulbildung lenken wird.
       Immerhin sorgte wenigstens das für einen kleinen Aufruhr.
       
       Schon jetzt ist klar, dass die Verletzlichsten der Gesellschaft die Folgen
       der neuen Regierung zuerst spüren werden – die Geflüchteten, die
       Beduin*innen, die Palästinenser*innen. Für wen das noch nicht Grund genug
       ist, auf die Straße zu gehen, der oder die sollte sich vor Augen halten:
       Die Frage ist nicht, ob, sondern wann die Auswirkungen der rechtsextremen
       und strengreligiösen Politik auch in der liberalen Tel Aviver Blase
       ankommen werden. Zu warten, bis das Kabinett steht, ist kein gutes Rezept,
       wenn man das Schlimmste verhindern will. Denn dann könnte es zu spät sein.
       
       Auch die deutschen Politiker*innen sollten auf Distanz gehen: Die
       Zusammenarbeit mit einer Regierung, die das Land, an dessen Seite man zu
       stehen behauptet, fürs Erste ruinieren könnte, ist eben nicht business as
       usual.
       
       22 Dec 2022
       
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