# taz.de -- Regierungserklärung vor EU-Gipfel: Es läuft gut für den Kanzler
       
       > Friedrich Merz wirft Olaf Scholz im Bundestag indirekt Feigheit vor Putin
       > vor. Doch der weiß, dass die Stimmung im Land eine andere als in Berlin
       > ist.
       
 (IMG) Bild: Bundeskanzler Scholz hielt am Mittwoch im Bundestag seine Regierungserklärung zum EU-Gipfel
       
       BERLIN taz | „Wir werden die Ukraine so lange unterstützen, wie es nötig
       ist“, sagt der Kanzler im Bundestag. Olaf Scholz nutzte die
       Regierungserklärung zum EU-Gipfel, um nochmal die drei Grundzüge seiner
       Ukraine-Politik zu erläutern. Neben langfristiger Hilfe für Kyjiw gehört
       dazu das Versprechen, dass sich Deutschland nicht direkt am Krieg
       beteiligen und man keinen Diktatfrieden Putins akzeptieren werde.
       
       Scholz lobte, dass die EU künftig mehr Waffen an die Ukraine liefern werde,
       unter anderem indem Profite des eingefrorenen russischen Kapitals von rund
       fünf Milliarden Euro verwendet werden sollten. Zudem kaufe die EU nun
       Waffen auf dem Weltmarkt ein. Es gehe „um Solidarität, nicht um
       Wirtschaftspolitik“. Das war ein versteckter Seitenhieb auf Emmanuel
       Macron, der sich dagegen lange mit Blick auf die französische
       Rüstungsindustrie gewehrt hatte.
       
       Scholz inszenierte sich als Macher mit Weitblick. Das Wort Taurus kam nicht
       vor, dafür eine klare Ansage an Putin. Russland sei „nicht so stark“. Zudem
       täusche sich Putin, wenn er die dauerhafte Unterstützung des Westens
       bezweifele. Der Westen „werde nicht schwächeln“. Das Szenario eines
       Wahlsieges von Donald Trump sparte Scholz dabei großzügig aus.
       
       In der Koalition tobt der Streit um SPD-Fraktionschef [1][Rolf Mützenich,
       der ein Einfrieren des Krieges für denkbar hält], munter weiter – mit einer
       Wortwahl, die sogar für die Ampel schrill ist. Marie-Agnes
       Strack-Zimmermann (FDP) warf Mützenich „Appeasement“ vor. Der SPD-Mann
       werde nicht zufällig von der AfD gelobt und „nehme den Russen die Arbeit
       ab“ – quasi als fünfte Kolonne Moskaus.
       
       ## Uneigentliche und eigentliche Opposition
       
       SPD-Politikerin Katja Mast attestierte der immer robust auftretenden
       FDP-Politikerin, ihr Angriff auf Mützenich sei „niveaulos und bösartig“.
       SPD-Fraktionschef Mützenich warf Strack-Zimmermann, Vorsitzende des
       Verteidigungsausschusses, vor, [2][direkt für ein Leak im Ausschuss
       verantwortlich zu sein]. Dass mehr als 100 TeilnehmerInnen geheime
       Informationen erhalten hätten, sei ihre Schuld.
       
       Wenn eine Regierung wie ihre eigene Opposition wirkt – was macht dann
       eigentlich die echte Opposition? Unionsfraktionchef Friedrich Merz, der auf
       Scholz im Bundestag antwortete, wählte den naheliegenden Weg, einfach
       Mützenichs Rede nochmal zu zitieren und mit Worten der grünen
       Verteidigungsexpertin Agnieszka Brugger gegenzuschneiden. Brugger hatte vor
       „Zaudern und Zögern“ gewarnt. Merz schaltete dann auf Attacke. Mützenichs
       Idee, mögliche Verhandlungen nicht aus dem Auge zu verlieren, sei
       „gefährlich für die Ukraine“, weil so der Eindruck entstehe, dass „unsere
       Hilfe befristet ist“.
       
       Das perlte an Scholz und Mützenich allerdings rückstandsfrei ab – beide
       hatten ausdrücklich betont, man werde Kyjiw helfen, so lange es nötig sei.
       Rhetorische Klimax von Merz' Rede war der auf Scholz gemünzte Satz, man
       könne Putin „nicht mit Feigheit“ begegnen. Scholz verzog auf der
       Regierungsbank keine Miene.
       
       Zoff in der Ampel, eine aggressive Opposition. In Sachen Krieg nutzen die
       steile Debatte in der Regierung und Merz' Vorwurf, es an Heldenmut fehlen
       zu lassen, dem Kanzler eher. Rund 40 Prozent der Deutschen sind dafür, der
       Ukraine gar keine Waffen mehr zu liefern. [3][Der Diskurs in Berlin] bildet
       diese Stimmung im Land kaum ab. In Brüssel kann Scholz selbstbewusst die
       massive deutsche Unterstützung für Kyjiw präsentieren. Zuhause wirkt er als
       besonnener Politiker, der sich von dem Vorwurf, feige zu sein, nicht
       beeindrucken lässt. Keine schlechte Position.
       
       20 Mar 2024
       
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 (DIR) Stefan Reinecke
       
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