# taz.de -- Rücktritt Ministerpräsident Kemmerich: Das Schlossgespenst von Erfurt
       
       > Kemmerich tritt als Ministerpräsident zurück. Das Drama in Thüringen
       > drohte die ganze FDP zu zerstören. Doch weitere Cliffhanger sind
       > garantiert.
       
 (IMG) Bild: „Zeig mir deinen Rücken / Am schönsten bist du / Wenn du gehen musst“
       
       Die Ereignisse in Thüringen erinnern an einen Fortsetzungsroman. Das
       Personal rotiert ständig, und jede spannungsreiche Episode endet mit einem
       Cliffhanger, der weiteres Drama verspricht. Die neueste Wendung: An diesem
       Samstag ist FDP-Ministerpräsident Thomas Kemmerich nach nur drei Tagen
       Amtszeit [1][endgültig zurückgetreten].
       
       Dieser Rücktritt war zwar zu erwarten, schließlich hatte ihn Kemmerich am
       [2][Donnerstag schon angekündigt]. Doch war bisher nicht klar, wie lange
       der FDP-Mann noch in seinem Amt verweilen würde. Zwischenzeitlich sah es so
       aus, als wollte sich Kemmerich als Krisenmanager just jener Krise
       inszenieren, die er selbst angezettelt hatte, indem er sich [3][von der AfD
       zum Ministerpräsidenten wählen ließ].
       
       Noch am Freitag hatte Kemmerich einen sofortigen Rücktritt abgelehnt. Die
       originelle Begründung lautete, dass „es wichtige Entscheidungen der
       Landesregierung gibt, für die es zumindest ein amtierendes
       Regierungsmitglied braucht“. Und bekanntlich hatte Thüringen überhaupt nur
       noch ein Regierungsmitglied – nämlich Kemmerich.
       
       Kemmerich wollte es überaus ruhig angehen lassen – und erst einmal den
       Ältestenrat des Landtages beraten lassen, wie man „verfassungsmäßig“
       weitermachen könnte. Zudem sollte der Ältestenrat erst am 18. Februar
       zusammenkommen. Kemmerich gefiel sich zunehmend besser in der
       staatstragenden Rolle, die er sich selbst zugedacht hatte.
       
       Am Freitag sah es daher so aus, als würde noch wochenlang ein
       Schlossgespenst namens Kemmerich durch die leeren Regierungshallen von
       Erfurt geistern. Doch dieser Unsinn wurde nun gestoppt, denn der
       „Dammbruch“ von Thüringen drohte die gesamte FDP zu zerstören. In Hamburg
       finden demnächst Bürgerschaftswahlen statt – und wenn Kemmerich weiterhin
       amtiert hätte, wären die Liberalen in der Hansestadt garantiert unter fünf
       Prozent gelandet. Eine peinliche Partei will fast niemand wählen.
       
       Kemmerichs Abgang hat zudem einen Vorteil für die Liberalen: Die FDP wirkt
       deutlich entschlossener und geschlossener als die Union. Die CDU in
       Thüringen hat sich noch immer nicht sortiert und weiß eigentlich nur, was
       sie nicht will: Neuwahlen. Denn es ist absehbar, dass die Chaostruppe auf
       kränkende elf Prozent schrumpfen würde, weil sie ebenfalls mit der AfD
       paktiert hat.
       
       Doch genau diese Neuwahlen stehen nun an. Formal ist es zwar gar nicht so
       einfach, einen Urnengang herbeizuführen, aber die Atmosphäre in Thüringen
       ist derart vergiftet, dass ein Weiter-So schlicht undenkbar ist. In den
       Umfragen sieht es momentan so aus, als könnte eine rot-rot-grüne Koalition
       unter Ex-Ministerpräsident Ramelow mit einer stabilen Mehrheit rechnen.
       Aber wer weiß. In Thüringen sind weitere Cliffhanger garantiert.
       
       8 Feb 2020
       
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