# taz.de -- Russlandnähe bei ukrainischer Kirche: Putins letzte Höhlung
       
       > Russlands Einfluss auf die ukrainischen Gläubigen ist immer noch stark.
       > Das zeigt sich einmal mehr nach den Razzien im wichtigen Höhlenkloster.
       
 (IMG) Bild: Wurden vom ukrainischen Geheimdienst durchsucht: Die Kyijiwer Höhlenkloster
       
       Der Kirchenkampf in der Ukraine geht in die nächste Runde: Dem Parlament
       (Werchowna Rada) liegt seit Donnerstag ein Gesetzentwurf vor, der ein
       Verbot der Russisch-Orthodoxen Kirche (RPZ) vorsieht sowie aller
       Institutionen und religiösen Organisationen, die Teil dieser Kirche sind
       oder sich ihr unterordnen. Eingebracht hatte das Dokument die Fraktion
       „Europäische Solidarität“.
       
       Dabei gehe es darum, so deren Abgeordnete Irina Fris, Gefahren für die
       nationale Sicherheit der Ukraine abzuwehren und die Ordnung
       aufrechtzuerhalten. „Die RPZ hat zu lange offene antiukrainische und
       sabotierende Aktivitäten durchgeführt und alle Aktionen des kriminellen
       russischen Regimes befürwortet“, zitiert das russischsprachige
       Nachrichtenportal Nastojaschee Vremja Fris.
       
       Am Mittwoch hatte der ukrainische Geheimdienst SBU [1][in mehreren Klöstern
       umfangreiche Razzien] – offiziell als Anti-Spionage-Abwehrmaßnahme
       bezeichnet – durchgeführt. Darunter war auch das Kyijiwer Höhlenkloster
       (Heiliges Mariä-Himmelfahrt-Kloster) – ein weitläufiger von Mauern
       umgebener Klosterkomplex südlich des Zentrums der ukrainischen Hauptstadt
       und eines der wichtigsten Heiligtümer der Orthodoxie.
       
       Insgesamt seien über 350 Kirchengebäude durchsucht worden. Dabei seien,
       laut Berichten ukrainischer Medien, auch 850 Personen verhört worden. In
       den inspizierten Objekten seien prorussische Literatur für den Unterricht
       in Seminaren und Pfarrschulen, „einschließlich Propaganda für die Russische
       Welt“, sowie mehr als 2 Millionen Hrywnja in bar (umgerechnet rund 52.000
       Euro), mehr als 100.000 Dollar und mehrere Tausend russische Rubel gefunden
       worden.
       
       ## Innerukrainisches Schisma
       
       Die komplexe Kirchenlandschaft in der Ukraine sorgt schon länger für
       Konfliktstoff zwischen Kyjiw und Moskau. Am 6. Januar hatte der ökumenische
       Patriarch Bartholomeos I. die Orthodoxe Kirche der Ukraine (PZU), die im
       Jahr zuvor durch den Zusammenschluss zweier nationaler Kirchen entstanden
       war, für eigenständig erklärt. Die Ukrainisch-Orthodoxe Kirche Moskauer
       Patriarchiat (UPZ MP) existierte weiter.
       
       Mit Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine am 24. Februar
       2022 kam es erneut zu Spannungen. Der Hauptgrund ist die Haltung des
       Moskauer Patriarchen Kyrill I., der den Krieg bis heute verteidigt. Erst
       kürzlich versprach er russischen Soldaten, die im Krieg getötet werden, die
       Vergebung all ihrer Sünden.
       
       Am 27. Mai sagte sich die UPZ MP von Moskau los und firmiert seitdem als
       Ukrainisch-Orthodoxe Kirche (UPZ). Von einer Abspaltung von der
       Russisch-Orthodoxen Kirche war in dem entsprechenden Dokument hingegen
       nicht die Rede.
       
       Demzufolge ist das Misstrauen gegenüber der UPZ groß, zumal immer wieder
       von bizarren Vorfällen berichtet wird. Unlängst tauchte in den sozialen
       Netzwerken ein Video aus einer Kirche auf dem Gelände des Kyjiwer
       Höhlenklosters auf. Dort soll bei einem Gebet in einem Gottesdienst
       angeblich ein prorussisches Lied gesungen worden sei, das folgende
       Textzeilen enthält: „Das Läuter schwebt über Russland, Mutter Russland
       erwache.“
       
       ## Putins Bastion
       
       Die UPZ sprach von einer „Provokation“. Die Strafverfolgungsbehörden
       müssten diesen Fall prüfen. Weiter hieß es, die Synode hätte mehrere
       Amtsträger entlassen, die ihre pastoralen Pflichten in Bezug auf die ihnen
       anvertrauten Diözesen in Gebieten unter russischer Besatzung nicht
       ordnungsgemäß erfüllten.
       
       Dass die jüngsten Razzien jetzt stattgefunden haben, hält der
       Religionswissenschaftler Andrei Kowaljow nicht für zufällig. Das Kyjiwer
       Höhlenkloster sei immer stark von Moskau abhängig gewesen. „Das Moskauer
       Patriarchat ist Wladimir Putins letzte Hoffnung in der Ukraine“, zitiert
       Nastojaschee Vremja Kowaljow. „Das ist keine religiöse, sondern eine
       quasipolitische Organisation.“
       
       25 Nov 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.tagesschau.de/ausland/europa/ukraine-kirche-geheimdienst-101.html
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Barbara Oertel
       
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