# taz.de -- Schwarz-grüne Koalitionen: Grüne, blühende Industrielandschaft
       
       > Die Regierungen in Kiel und Düsseldorf übertreffen sich gegenseitig mit
       > Klimazielen. Dabei bleiben die Koalitionsverträge jedoch überwiegend
       > vage.
       
 (IMG) Bild: Vorstellung des Koalitionsvertrages von Schwarz-Grün in NRW am 23. Juni 2022
       
       Haben Sie’s gemerkt? [1][Nordrhein-Westfalen] (knapp 18 Millionen Menschen,
       Bruttoinlandsprodukt rund 711 Milliarden Euro) und
       [2][Schleswig-Holstein] (Bevölkerung 2,9 Millionen, Bruttoinlandsprodukt
       knapp 98 Milliarden Euro) liefern sich ein Wettrennen: Beide wollen die
       „erste klimaneutrale Industrieregion Europas“ beziehungsweise das „erste
       klimaneutrale Industrieland Deutschlands“ werden, so steht es in den
       Koalitionsverträgen, die CDU und Grüne in beiden Ländern parallel
       beschlossen haben.
       
       Es ist allerdings ein Wettrennen mit eingebauter Entschleunigung, denn in
       Schleswig-Holstein soll es, falls nicht irgendwas wie Krieg, Corona oder
       Geldmangel dazwischenkommt, im Jahr 2040 so weit sein, in NRW bleibt die
       Zeitschiene mit der Formel „so schnell wie möglich“ maximal unverbindlich.
       Aber immerhin steht fest, wer gewinnen wird: die CDU.
       
       Mit Schwarz-Grün haben sich in beiden Ländern die Wahlsiegerinnen
       zusammengetan, die zulegten, während SPD, FDP, Linke und AfD an
       Wählerstimmen zusetzten. Alle vier Verhandlungsgruppen traten sich also
       durchaus breitschultrig gegenüber, und alle betonen nun, dass die Verträge
       ihre Handschrift tragen. Bei der CDU meint das Wirtschaft, Sicherheit,
       Verkehr, bei den Grünen Klimaschutz, Klimaschutz und Klimaschutz. Mit dem
       Ergebnis, dass das Soziale in beiden Programmen vergleichsweise kurz kommt.
       
       Das Versprechen der grünen, blühenden Industrielandschaften ist leider –
       vor allem im [3][Vertrag aus Schleswig-Holstein] – in weiten Teilen in
       Konjunktiven und in Sätzen formuliert à la „wir streben an“ oder „falls der
       Bund die rechtlichen Rahmenbedingungen schafft“. Das NRW-Papier ist
       konkreter, allerdings startet das Kohleland auf deutlich größerem CO2-Fuß
       als der Wind-Kraftmeier im Norden.
       
       So oder so: Wenn es am Ende doch nicht so richtig super klappt mit der
       Klimaneutralität, dann dürften in der öffentlichen Wahrnehmung vor allem
       die Grünen schuld daran sein. In der Zwischenzeit konnte die CDU ihre
       Punkte durchbringen, mehr Polizei zum Beispiel. Seit der ersten
       [4][schwarz-grünen Koalition 2010 in Hamburg] hat das Bündnis seinen
       Exotenstatus verloren.
       
       Je länger und reibungsloser die Regierungen in Düsseldorf und Kiel
       zusammenarbeiten, desto denkbarer wird die Option auch für den Bund, wo die
       eigentlich fabrikneue Ampel dermaßen wankt und knirscht, dass schon das
       Zuschauen wehtut. Für die Grünen mag Schwarz-Grün da wie eine gute
       Alternative aussehen. Und die CDU, bei der inzwischen [5][jede Person als
       kanzlertauglich] gilt, die eine Wahl jenseits der Kreisliga gewinnt, freut
       sich über die Hoffnungsträger Hendrik Wüst und Daniel Günther.
       
       Wer weiß, vielleicht findet dort das wahre Wettrennen statt.
       
       26 Jun 2022
       
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