# taz.de -- Söder bei Meloni: Ziemlich beste Freunde
       
       > Zwischen Markus Söder und die Neofaschistin Giorgi Meloni passt kaum ein
       > Blatt Papier – so zumindest wirkte deren Treffen im Palazzo Chigi in Rom.
       
 (IMG) Bild: Söder und Meloni: in ziemlich vielen Bereichen einer Meinung
       
       Das sind doch mal gute Nachrichten. Gerade hat Bayerns Ministerpräsident
       [1][Markus Söder in Rom Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni
       getroffen], da macht er auch schon ein paar Klarstellungen. Nein, in der
       Flüchtlingspolitik ist der Bayer weiter gegen das „[2][Ruanda-Modell]“,
       sprich: gegen die Deportation von Migrant*innen nach Afrika, wie sie die
       britische Regierung unter Rishi Sunak betreibt. Und ein zweites Nein gab es
       auch noch: Söder mag sich einfach nicht vorstellen, dass Melonis
       postfaschistische Truppe der Fratelli d’Italia (FdI – Brüder Italiens) nach
       den im Juni anstehenden Europawahlen Mitglied in der
       christlich-konservativen Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP) werden
       wird.
       
       Fast möchte man glauben, Söder habe da mal wieder eine Brandmauer nach
       rechts hochgezogen. Immerhin anderthalb Stunden redete er am Freitag mit
       Meloni, und wenn man nur auf seine beiden Neins schaut, sieht es fast so
       aus, als habe er ihr kräftig die Leviten gelesen.
       
       Doch das Gegenteil ist der Fall. Nicht umsonst tauschten die beiden am Ende
       des Gesprächs ihre Handy-Nummern aus, um in Zukunft mal eben schnell per
       SMS wichtige Dinge abstimmen zu können – sie haben sich, so scheint es,
       prächtig verstanden. Und das liegt vorneweg weniger an der Italienerin als
       an dem Bayern.
       
       Noch vor einem Jahr hatte der seinen Parteifreund, den Europaparlamentarier
       und EVP-Vorsitzenden Manfred Weber, kräftig abgewatscht, weil der die Nähe
       zu Meloni gesucht hatte. Die Postfaschistin nämlich arbeitet seit ihrem
       Amtsantritt als Ministerpräsidentin systematisch daran, ihr Standing in
       Europa zu verbessern. Mit Erfolg: Bei Kommissionspräsidentin [3][Ursula von
       der Leyen] stehen ihr mittlerweile die Türen offen, gerne gehen die beiden
       auch auf gemeinsame Auslandsreisen, nach Tunis oder nach Kairo. Und auch zu
       der ebenfalls zur EVP gehörenden Präsidentin des Europäischen Parlaments,
       Roberta Metsola, pflegt Meloni solch harmonische Beziehungen, wie sie sie
       auch zu Manfred Weber suchte.
       
       Das alles gehört zu Melonis Spagat: Außenpolitisch gibt Italien unter ihrer
       Führung weiter den seriösen Partner, tut sie alles, um ihre alten Ausfälle
       gegen die EU als „obskure Entität von Bürokraten“, die „die nationale
       Identität der europäischen Völker zerstören“ wolle, vergessen zu machen.
       Innenpolitisch aber hält sie an ihrer reaktionären Agenda fest.
       
       Der Spagat funktioniert, wie jetzt auch Söders Rom-Besuch zeigt. Hinter
       seinen beiden entschiedenen Neins verbergen sich nämlich zwei klare Jas.
       „Viele Gemeinsamkeiten“ hatte der bayerische Ministerpräsident nach dem
       Gespräch entdeckt, und die beziehen sich eben nicht nur auf die
       Verkehrspolitik oder auf beider Ablehnung des von der EU verfügten Aus für
       Verbrenner-Motoren.
       
       Auch in der Asylpolitik konnte die Übereinstimmung nicht größer sein.
       Gewiss, Söder mag gegen das Ruanda-Modell sein – aber bloß, weil der
       afrikanische Staat „einfach zu weit weg ist“. Meloni hat eine
       [4][Albanien-Lösung]: Der Vertrag zur Errichtung italienischer Lager im
       Balkanstaat ist schon unterzeichnet, und Söder freut sich: „Das könnte ein
       Modell sein, das für ganz Europa trägt. Das würde ich sehr unterstützen.“
       
       Keine Bedenken hat er dagegen, dass Italien da auf einen ebenso
       unmenschlichen wie sündteuren Ausweg zusteuert. Keine Bedenken wohl ließ er
       auch dagegen laut werden, dass Meloni die in der Seenotrettung tätigen NGOs
       nach Kräften schikaniert, zuletzt mit dem von der nationalen
       Luftfahrtbehörde ENAC ausgesprochenen Verbot für NGO-Flugzeuge, von
       italienischen Flughäfen zu starten, um das Seegebiet zwischen Libyen und
       Sizilien zu überwachen, mit der ebenso absurden wie zynischen Begründung,
       eben diese Flüge brächten das Leben der Migranten „in Gefahr“.
       
       Und so ist auch das Nein zu einer zukünftigen Mitgliedschaft der
       Meloni-Partei FdI in der EVP gar keines. Dort nämlich will Meloni gar nicht
       hin. Ihre EP-Abgeordneten sitzen in der EKR, dem rechtsradikal-reaktionären
       Club der „Europäischen Konservativen und Reformer“, zu dem etwa die
       polnische PiS oder die spanische Vox zählen.
       
       Dort will Meloni bleiben – um mit der EVP ins Geschäft zu kommen. Nicht
       umsonst heißt ihr Slogan im Europawahlkampf „Italien verändert Europa“. In
       Rom herrscht schon eine Koalition ihrer FdI mit Forza Italia (die im EP in
       der EVP sitzt) und mit Matteo Salvinis Lega (die zur Fraktion ID –
       Identität und Demokratie – zählt, an der Seite Marine Le Pens und der AfD).
       Von einer solchen Rechtsallianz träumen Meloni und ihre Koalition auch in
       Europa.
       
       Da hilft es wenig, wenn Söder sich damit herausredet, Meloni sei zur AfD
       deutlich auf Abstand gegangen, ja, habe „klare Ablehnung“ gezeigt – so als
       sei es nun an ihr, ein Stückchen weiter rechtsaußen eben jene Brandmauer
       wieder zu errichten, die er gerade eingerissen hat.
       
       11 May 2024
       
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 (DIR) Michael Braun
       
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