# taz.de -- Studie zu Rassismus in der Polizei: Thema glatt verfehlt
       
       > CSU-Innenminister Seehofer will in Studien die Polizei durchleuchten
       > lassen. Dabei stellt er aber die falschen Fragen.
       
 (IMG) Bild: Bedingt empirisch interessiert: Innenminister Horst Seehofer
       
       Die SPD hat versucht, einen Erfolg zu verkünden: Die Regierung werde nun
       endlich den [1][Rassismus in der Polizei] untersuchen lassen, sagte
       Kanzlerkandidat Olaf Scholz am Montagabend. Er habe CSU-Innenminister
       Seehofer überzeugt, der sich lange geweigert hatte. Es fehle nur noch eine
       schöne Überschrift für die Studie. Gut verhandelt also? Wohl kaum. Denn das
       Vorhaben, das Horst Seehofer selbst einen Tag später ankündigte, ist nicht
       besonders neu, verfehlt das Thema und ist noch dazu frei von einem
       erkennbaren Erkenntnisinteresse.
       
       Warum hält sich denn die Forderung nach einer Polizeistudie schon seit
       Monaten? Weil teils im Wochentakt [2][Fälle von Rechtsextremismus und
       Rassismus in Polizeibehörden] bekannt werden und sich daraus ungeklärte
       Fragen ergeben, wenn man das Problem tatsächlich angehen möchte. Zuvörderst
       würde man gern wissen: Wie weit verbreitet sind solche Einstellungen in der
       Polizei?
       
       Seehofers Vorhaben wird darauf keine Antwort liefern. Er will erstens noch
       mal genauer auf die Motive rechtsextremer Polizist*innen schauen, die
       bereits aufgeflogen sind. Das ist löblich, taugt aber nicht dazu, die
       Dunkelziffer aufzuklären. Seehofer will zweitens eine Studie zum
       Rechtsextremismus in der Gesamtgesellschaft in Auftrag geben. Da es solche
       Studien bereits gibt, könnte man darauf eigentlich verzichten – es sei
       denn, man möchte mit dem Verweis auf Rassist*innen in anderen Berufen das
       Polizeiproblem relativieren.
       
       In einer weiteren Studie will Seehofer drittens untersuchen, welchen Härten
       Polizist*innen im Alltag ausgeliefert sind und – unter ferner liefen – wie
       man Rechtsextremismus in der Polizei verhindern könne. Diese beiden Aspekte
       zusammenzubringen kann natürlich sinnvoll sein: nämlich um zu prüfen, ob
       Praxiserfahrungen im Polizeiberuf dazu beitragen könnten, dass rassistische
       Einstellungen entstehen oder zunehmen. Eine offene Fragestellung sieht
       allerdings anders aus. Sie würde sich nicht auf eine mögliche Ursache
       beschränken, sondern auch andere, möglicherweise strukturelle Gründe in
       Betracht ziehen.
       
       Seehofer ist an einer gründlichen Studie jedoch nicht interessiert. Er
       glaubt ja, schon Bescheid zu wissen: Aus dem Fehlverhalten Einzelner könne
       man kein strukturelles Problem ableiten, sagte er am Dienstag. Und 99
       Prozent der Polizist*innen hätten mit Rechtsextremismus nichts am Hut.
       Woher er das wissen will? Aus einer Studie wohl kaum.
       
       20 Oct 2020
       
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