# taz.de -- Terror-Anschlag in Berlin: V-Mann fuhr Amri in die Stadt
       
       > Ein Untersuchungsausschuss soll klären, was im Fall Anis Amri alles
       > falschgelaufen ist. Geheimdienstkontrolleure des Bundestages beraten am
       > Montag.
       
 (IMG) Bild: Aufgenommen von eine Überwachungskamera: Anis Amri im Bahnhof von Turin
       
       BERLIN rtr/dpa/afp | Die möglichen Versäumnisse bei der Überwachung des
       späteren Berlin-Attentäters Anis Amri werden voraussichtlich Thema eines
       Bundestags-Untersuchungsausschusses. Unions-Fraktionschef Volker Kauder
       signalisierte am Wochenende seine Zustimmung dazu. Die Einsetzung eines
       Sonderermittlers lehnte er jedoch ab. Die SPD erhofft sich davon eine
       schnellere Aufdeckung von möglichen Sicherheitslücken.
       
       Die Bundestags-Opposition will wissen, ob die Informationsgewinnung aus der
       Islamistenszene Vorrang vor der Gefahrenabwehr hatte. Die Grünen verlangen
       deshalb in einer Sondersitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums
       weitere Auskünfte über mögliche Geheimdienstverbindungen Amris.
       
       Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hatte vergangenen Donnerstag Fehler
       im Umgang der Behörden mit Amri eingeräumt. Warum die Tat nicht verhindert
       werden konnte, obwohl Amri den Behörden bis hin zum Terrorabwehrzentrum
       bekannt war, werde aufgearbeitet. Innenminister Thomas de Maiziere wird
       nach einem Bericht der Bild am Sonntag am Mittwoch einen Bericht über den
       Ablauf des Anschlags auf dem Breitscheidplatz mit zwölf Toten vorlegen.
       
       Dass Amri V-Mann des Verfassungsschutzes war, hatte sein Ministerium
       dementiert, ebenso das NRW-Innenministerium. Medien hatten zuvor die Frage
       aufgeworfen, ob eine Zusammenarbeit mit dem Verfassungsschutz vielleicht
       die Erklärung dafür sein könnte, dass Anis Amri von den Sicherheitsbehörden
       nicht rechtzeitig gestoppt wurde.
       
       Kauder sagte, mit einem Untersuchungsausschuss könnten mögliche
       Koordinationsprobleme oder Pannen zwischen Bundes- und Länderbehörden
       aufgeklärt werden. „Ich bin offen, wenn man meint, da müsse man noch Dinge
       aufklären, dass wir einen solchen Ausschuss einrichten“, sagte er nach
       einer CDU-Vorstandsklausur. Einen Sonderermittler lehnte er ab, weil dieser
       kein Instrument der parlamentarischen Kontrolle sei. „Sonderermittler Nein,
       Untersuchungsausschuss aus meiner Sicht möglich“, sagte Kauder.
       
       ## Offen für Untersuchungsausschuss
       
       Auch Bundesinnenminister Thomas de Maiziere zeigte sich offen für die
       Einrichtung eines Untersuchungsausschusses und sagte seine Unterstützung
       zu. Eine Entscheidung solle rasch getroffen werden, sagte er. „Ich werde
       den Ausschuss mit voller Kraft unterstützen.“
       
       Zu Berichten, dass Amri V-Mann des nordrhein-westfälischen
       Verfassungsschutzes gewesen sein könnte, wollte sich Kauder nicht äußern.
       Der Grünen-Abgeordnete Hans-Christian Ströbele hatte in einer Anfrage an
       die Bundesregierung nach einer V-Mann-Tätigkeit Amris gefragt. In der von
       Ströbele veröffentlichten Antwort wird eine offene Beantwortung der Frage
       wegen der Geheimhaltung nachrichtendienstlicher Arbeit abgelehnt.
       
       ## „Er war kein V-Mann“
       
       Das Nachrichtenmagazin Der Spiegel berichtete, ein V-Mann des
       NRW-Verfassungsschutzes aus der Islamistenszene habe Amri mindestens einmal
       nach Berlin gefahren. Darüber habe das Bundesinnenministerium Mitgliedern
       des Innenausschusses in der vergangenen Woche berichtet. Amri selbst soll
       aber kein Spitzel gewesen sein. „Er war kein V-Mann“, zitierte das Magazin
       einen Sprecher des Landesinnenministeriums in Düsseldorf.
       
       SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann sagte, alle seien sich einig, dass der
       Fall Amri umfassend aufgeklärt werden müsse. Dabei könne auch über einen
       Untersuchungsausschuss geredet werden. „Allen muss aber klar sein, dass
       dies ein langwieriges, monatelanges Verfahren werden wird“, sagte er der
       Bild am Sonntag. Ein Sonderermittler sei das wirksamere Instrument. Dieser
       könne einen ersten Bericht in sechs Wochen vorlegen: „Dann können wir
       Sicherheitslücken auch schnell schließen.“ Auch die FDP-Fraktion im
       NRW-Landtag forderte einen Sonderermittler.
       
       Der Vize-Fraktionschef der Linken, Frank Tempel, sagte: „Es gibt eine Menge
       Indizien, dass da etwas faul ist.“ Alle Sicherheitsbehörden des Bundes und
       der Länder NRW und Berlin müssten offenlegen, ob und wie weit sie Amri als
       Quelle oder sogar als V-Mann genutzt hätten, sagte er der Bild am Sonntag.
       
       Die Welt am Sonntag berichtete, Amri habe regelmäßig Ecstasy und Kokain
       konsumiert und seinen Lebensunterhalt weitgehend als Drogendealer verdient.
       Schon in seinem Heimatland sei er wegen Drogendelikten aufgefallen. Das
       gehe aus dem Sachstandsbericht hervor, mit dem sich das Parlamentarische
       Kontrollgremium des Bundestages am Montag befassen solle. Auch in Berlin
       verkaufte der Tunesier demnach Drogen.
       
       15 Jan 2017
       
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