# taz.de -- UN-Resolution für humanitäre Waffenruhe: Deutschland enthält sich
       
       > 120 UN-Mitgliedstaaten stimmen einer Resolution für eine humanitäre
       > Waffenruhe zu. In ihr wird Hamas nicht erwähnt, was Israel scharf
       > verurteilt.
       
 (IMG) Bild: Diplomatische Kanäle auf Hochtouren: Baerbock, Blinken und Guterres bei den Vereinten Nationen
       
       BERLIN/NEW YORK taz | Seit langem rang die Weltgemeinschaft um eine
       Resolution im aktuellen Nahostkonflikt – und konnte sich nicht auf eine
       gemeinsame Haltung einigen. Am Freitag Abend nun verabschiedete die
       UN-Vollversammlung in New York mit großer Mehrheit eine Resolution, die
       eine „sofortige humanitäre Waffenruhe“ im Gazastreifen fordert. Der Text
       war von Jordanien im Namen der Gruppe von 22 arabischen Ländern
       ausgearbeitet worden.
       
       Bei der Dringlichkeitssitzung stimmten von den insgesamt 193
       UN-Mitgliedstaaten 120 Staaten für die Resolution, 14 Staaten stimmten
       dagegen, 45 Staaten enthielten sich, darunter auch Deutschland.
       
       Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) erklärte nach der
       Abstimmung, dass man gemeinsam mit Partnern intensiv darauf hingearbeitet
       hätte, zu einer ausgewogenen Nahost-Resolution zu kommen. „Wir alle schauen
       von unserem jeweils eigenen Standpunkt aus und vor dem Hintergrund unserer
       jeweiligen Geschichte auf diesen Konflikt“, teilte Baerbock mit. Man konnte
       erreichen, dass eine klare Verurteilung aller Terrorakte und zumindest ein
       Ruf nach Freilassung der Geiseln enthalten seien.
       
       Allerdings ging das Baerbock nicht weit genug. „Weil die Resolution [1][den
       Hamas-Terror] nicht klar beim Namen nennt, die Freilassung aller Geiseln
       nicht deutlich genug gefordert und das Selbstverteidigungsrecht Israels
       nicht bekräftigt, haben wir mit vielen unserer europäischen Partnern
       entschieden, der Resolution am Ende nicht zuzustimmen.“ Zu diesen Partnern
       gehören Italien oder auch Großbritannien. Frankreich stimmte der Resolution
       zu, Österreich und die USA stimmten mit Nein.
       
       ## Lage in Gaza im Zentrum der UN-Resolution
       
       Vor drei Wochen griff die Terrormiliz Hamas auf brutale Art und Weise
       Israel an. Rund 1400 Menschen starben nach israelischen Angaben, mehr als
       220 Geiseln wurden in den Gazastreifen verschleppt. Kurz Zeit später
       riegelte Israel den Gazastreifen ab. Seit dem gibt es massive
       Bombardierungen auf mögliche Hamas-Ziele, zugleich wird Israel nach wie vor
       von der Terrormiliz attackiert. Die diplomatischen Kanäle laufen auf allen
       Ebenen, um die Geiseln freizubekommen – und um humanitäre Hilfe für die
       Zivilbevölkerung im Gazastreifen sicherzustellen.
       
       Die Situation der Menschen steht auch im Zentrum der UN-Resolution. So wird
       die „sofortige“ Bereitstellung von Wasser, Nahrungsmitteln, Treibstoff und
       Strom „in ausreichenden Mengen“ sowie der „ungehinderte“ Zugang für
       humanitäre Hilfe gefordert. Zudem werden „alle gegen palästinensische und
       israelische Zivilisten gerichteten Gewaltakte, einschließlich aller
       Terrorakte und wahlloser Angriffe“ verurteilt. Allerdings wird die
       Terrormiliz Hamas namentlich nicht erwähnt.
       
       Gilad Erdan, UN-Botschafter Israels, übte schärfste Kritik an dieser
       Haltung. „Dies ist ein dunkler Tag für die UNO und für die Menschheit“,
       sagte Erdan. Der Tag werde „als Schande in die Geschichte eingehen.“ Die
       Hamas und die palästinensische Autonomiebehörde begrüßten die Resolution
       laut Mitteilungen und forderten die sofortige Umsetzung.
       
       ## Tiefe Gräben in der Weltgemeinschaft
       
       UN-Resolutionen sind nicht bindend, sondern als politisches Signal zu
       verstehen. In diesem Fall zeigt die Entscheidung der Staatengemeinschaft
       eindrücklich, [2][wie zerrissen die Haltungen auf den Nahost-Konflikt
       sind]. „Die Terror-Angriffe der Hamas haben nicht nur schreckliches Leid
       über Israel gebracht, sie haben weltweit tiefe Gräben aufgerissen“, teilte
       Baerbock über das Auswärtige Amt am Freitagabend mit. „Das ist Drehbuch und
       Kalkül der Terroristen, die einen Keil des Hasses zwischen uns treiben
       wollen.“
       
       Vor wenigen Tagen hatten [3][Aussagen des UN-Generalsekretärs Antonio
       Guterres für einen Eklat gesorgt]. Er hatte angemerkt, dass die aktuelle
       gewaltvolle Ausseinandersetzung in Israel nicht im „luftleeren Raum“ zu
       betrachten sei. Nach diesen Äußerungen kam es sogar zu
       Rücktrittsforderungen an Guterres.
       
       Auch die Bundesregierung weist immer wieder auf die humanitäre Lage der
       Menschen in Gaza hin und hat die Hilfen um 50 Millionen Euro aufgestockt.
       Am Freitag startete Israel eine weitere militärische Offensive.
       Hilfsorganisationen meldeten, dass auch Internet- und Telefonverbindungen
       gekappt worden seien. Dies hätte schwerwiegende Folgen für Krankenhäuser.
       Ohne Telefon und Internet könnten sie nicht arbeiten, heißt es etwa seitens
       der UN-Koordinatorin für humanitäre Hilfe in den Palästinensischen
       Autonomiegebieten.
       
       [4][Zudem fordern Hilfsorganisationen seit Tagen die Lieferung von
       Treibstoff an Krankenhäuser in Gaza]. Damit könnten Notstromaggregate
       betrieben werden, um Inkubatoren und andere lebensrettende Geräte zu
       versorgen. Allerdings gibt es auch die Befürchtung, dass die Terrormiliz
       Hamas, den Treibstoff übernimmt, um damit Generatoren zu betreiben, die
       Luft in kilometerlange Tunnel pumpen.
       
       28 Oct 2023
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Tanja Tricarico
       
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