# taz.de -- Veganer Fisch aus dem 3-D-Drucker: Ich druck mir meinen Lachs
       
       > Längst erobern Pflanzenburger die Supermärkte. Das geht nicht nur mit
       > Fleisch, überlegte Robin Simsa – und packte Veggie-Fisch in den
       > 3-D-Drucker.
       
 (IMG) Bild: Die Farbe stimmt schon mal: Lachs aus dem Drucker
       
       Eine große Spritze fährt über eine weiße Platte, ihre Bewegungen sind
       mechanisch, kurz und zackig: vor, zurück, vor, zurück. Aus der Düse an der
       Spitze kommt eine millimeterdünne orange Wurst, ein bisschen erinnert das
       alles an einen Spritzbeutel, aus dem ein Konditor Buttercreme presst. Nur
       ist der Spritzbeutel hier ein 3-D-Drucker, und die Buttercreme eine vegane
       Lachspaste.
       
       Die Spritze ist an einem Roboterarm befestigt und in einem [1][Beitrag des
       „ARD-Mittagsmagazins“] zu sehen. So eng reiht der Drucker die feinen
       Würstchen aneinander, dass nach und nach eine Fläche entsteht – eine
       Scheibe veganer Räucherlachs. Optisch kommt sie dem Original sehr nah.
       
       Hinter dem Maschinenlachs steckt das Wiener Start-up [2][Revofoods]. Robin
       Simsa, 29, ist Biotechnologe, Vegetarier und einer der drei Gründer*innen.
       „Im Supermarkt findet man zahlreiche gute Ersatzprodukte für Fleisch:
       Burgerpatties, Schinkenwurst, Nuggets, Hackbällchen …“, sagt er am Telefon.
       Vegane Alternativen zu Fisch seien hingegen rar. „Obwohl Lachs einer der
       beliebtesten Speisefische der Welt ist, kenne ich kein tierfreies Imitat,
       das so schmeckt, so aussieht und sich auch im Mund nach Lachs anfühlt“,
       sagt Simsa. Mit Revofoods will er das ändern.
       
       Schon als Doktorand an der Uni Göteborg hat Robin Simsa mit 3-D-Druckern
       gearbeitet. Allerdings hat er damals keine Lebensmittel gedruckt, sondern
       menschliches Gewebe. Doch wieso Bioprinting nur im medizinischen Bereich
       anwenden? Wenn man damit so etwas Komplexes wie Haut oder Blutgefäße
       herstellen kann, dann bestimmt auch Fisch, dachte sich Simsa und gründete
       direkt nach seiner Promotion im Sommer 2020 Revofoods.
       
       ## Biotinte und die richtige Konsistenz
       
       Ein halbes Jahr lang tüfteln Simsa und seine Kolleg*innen an der
       Rezeptur für die Biotinte, anfangs in Simsas Küche, später in einem Labor
       in Wien – mindestens 60 Stunden pro Woche. Sie probieren verschiedene
       Zutaten, Mengenverhältnisse und Drucktemperaturen. Am schwierigsten war es,
       die Konsistenz des Lachs nachzuahmen, erzählt Simsa: „Ständig gingen Dinge
       schief. Mal war das Fischfleisch zu weich, mal zu fest, und als wir mit der
       Konsistenz endlich zufrieden waren, schmeckte es nicht mehr gut.“
       
       Wie sie das Problem am Ende gelöst haben, möchte Robin Simsa nicht
       verraten. Nur so viel: Die Masse bestehe aus elf Zutaten, darunter
       Algenextrakte und Raucharomen für den Geschmack, Erbsenproteine,
       pflanzliche Öle und Zitrusfasern für die Struktur, Paprika und Rote Bete
       für die orange Farbe.
       
       Damit der 3-D-Drucker die Zutaten auch wie Tinte verwenden kann, müssen sie
       zunächst zu Pulver verarbeitet und mit etwas Wasser zu einer sämigen Paste
       verrührt werden. Dann wird die Paste erhitzt – auf wie viel Grad bleibt
       ebenfalls Betriebsgeheimnis – und in die Maschine gegeben. „Durch den
       Einsatz von Temperatur lösen sich die Molekülstrukturen auf und lagern sich
       beim Abkühlen neu aneinander an“, erklärt Simsa.
       
       Lebensmittel aus dem 3-D-Drucker sind keine neue Erfindung. In Konditoreien
       etwa werden 3-D-Drucker schon seit Jahren eingesetzt, um Marzipanfiguren
       oder Schriftzüge aus Schokolade zu drucken. 2016 hat der italienische
       Nudelkonzern Barilla einen 3-D-Drucker vorgestellt, der Nudeln in den
       kompliziertesten Formen herstellen kann, 2014 druckte ein britisches
       Unternehmen die erste Himbeere. Auch für die Produktion von
       Fleischalternativen werden 3-D-Drucker bereits genutzt. Das israelische
       Start-up Redefine Meat zum Beispiel hat ein veganes Steak entwickelt, das
       Schicht für Schicht gedruckt wird, noch in diesem Jahr soll es in deutschen
       Restaurants serviert werden.
       
       Revofoods ist nach eigenen Angaben aber die erste Firma, die veganen Lachs
       aus dem 3-D-Drucker produziert. Mit herkömmlichen Methoden sei es nämlich
       nahezu unmöglich, Lachs nachzuahmen, sagt Robin Simsa. Bei der
       Nassextrusion zum Beispiel, die oft für die Herstellung von Fleischimitaten
       eingesetzt wird, werden pflanzliche Proteine mit Wasser erhitzt und unter
       hohem Druck durch eine gekühlte Düse gepresst. So werden aus kugelförmigen
       Proteinen fleischähnliche Fasern. Lachs aber ist nicht faserig, sondern
       samtig, weich, fettig. „Wir haben deswegen einen eigenen 3-D-Drucker
       entwickelt, der die Texturierung pflanzlicher Proteine ermöglicht. Solche
       Geräte gibt es bisher noch nicht zu kaufen“, sagt Simsa.
       
       Wie der 3-D-Lachs bei Verbraucher*innen ankommt, hat das Start-up im
       März bei einer Verkostung in einem Wiener Bagelladen getestet. „Sehr
       rauchig, sehr fischig“, sagt eine Testesserin im ARD-Beitrag. Ein Autor der
       österreichischen [3][Tageszeitung Standard ] schreibt: „Nur bei genauem
       Nachschmecken fällt auf, dass es sich nicht um Räucherlachs handelt. Im
       Gegensatz zum echten Fisch ist das Imitat weicher und weniger elastisch.“
       Die Masse schmecke zwar fischig, allerdings sei das Raucharoma etwas zu
       stark. Der taz konnte Revofoods keine Packung zum Probieren schicken, da es
       die Drucker umbaut.
       
       ## Arbeiten am großen Drucker laufen
       
       Wann es den 3-D-Lachs im Supermarkt zu kaufen geben wird, stehe noch nicht
       genau fest, sagt Simsa, „entweder Ende des Jahres oder Anfang 2022“. Ab
       Herbst dieses Jahres möchte Revofoods die vegane Variante jedenfalls
       bereits in Wiener Lokalen anbieten.
       
       Bis dahin wollen Simsa und seine Kolleg*innen den Lachs noch
       perfektionieren. Zurzeit arbeiten sie an einer Methode, um das weiße
       Bindegewebe besser nachzuahmen. Ihr Lachs habe zwar leichte weiße Konturen,
       die zu einem großen Anteil aus pflanzlichen Fettsäuren bestehen, diese
       seien aber noch nicht sichtbar genug.
       
       Parallel dazu arbeitet das Team an einem schnelleren, größeren Drucker. Der
       jetzige ist etwa so groß wie ein Backofen und produziert 100 Gramm Lachs in
       vier Minuten. Viel zu langsam, sagt Simsa.
       
       Er möchte Revofoods zum größten Anbieter von veganem Fisch in Europa
       machen. Nächstes Jahr soll eine Pilotanlage mit 20 Druckern entstehen, die
       pro Monat 20 bis 30 Tonnen veganen Lachs herstellen kann. Und Simsa denkt
       noch weiter: Er möchte sich nicht nur auf Lachs beschränken, sondern auch
       vegane Thunfisch-Steaks, Sashimi und Sushi drucken.
       
       Fragt sich bloß, wer sich das wird leisten können. Der Lachs werde „sicher
       nicht der günstigste sein“, sagt Simsa, und sich vermutlich im „mittleren
       bis leicht gehoben Preissegment“ befinden. Dafür sei der vegane 3-D-Lachs
       aber auch gesünder als echter: „Anders als Aquakultur-Fisch enthält unser
       Lachs weder Schwermetalle noch Mikroplastik oder Antibiotika.“
       
       5 Jun 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.daserste.de/information/politik-weltgeschehen/mittagsmagazin/videos/fisch-aus-dem-drucker-video-100.html
 (DIR) [2] https://revo-foods.com/de/
 (DIR) [3] https://www.derstandard.de/consent/tcf/story/2000119589131/wiener-lachs-aus-dem-3d-drucker
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Rieke Wiemann
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Lachs
 (DIR) Start-Up
 (DIR) Lebensmittel
 (DIR) GNS
 (DIR) Veganismus
 (DIR) Lachs
 (DIR) Start-ups
 (DIR) Genuss
 (DIR) Pflanzen essen
 (DIR) Rezept
 (DIR) Helmut Kohl
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Skandale bei der Lachszucht: Verendeter Fisch als Premium-Lachs
       
       Lachszucht ist eine Goldgrube, vor allem, je weniger Rücksicht auf das
       Tierwohl genommen wird. Doch die Branche verliert nun KundInnen
       
 (DIR) Food Hub Bremen in den Anfängen: Kochen, brauen, rösten
       
       Ein Food Hub soll Gründer*innen in der Lebensmittelbranche unterstützen
       – doch die Planung dauert. Ein Vorläufer soll jetzt schon starten.
       
 (DIR) Noch-Nischen-Spezialität Tempeh: Das Paradox der Sojabohne
       
       Tofu schmeckt nach wenig, aber alle kennen ihn. Tempeh hingegen hat ein
       volles Aroma, aber steht nicht mal im Duden. Wie kann das sein?
       
 (DIR) Oatly, Eiscreme, Miss Universe: Alles fresh in Veganhausen
       
       Ein New Yorker Drei-Sterne-Restaurant wird fleischfrei, Oprah Winfrey
       investiert in Hafermilch und weitere News und Trends aus dem veganen
       Lifestyle.
       
 (DIR) Rezept für veganes Filet Wellington: Vom Stresstest zum Fressfest
       
       Eine US-Südstaatenfamilie zum Osterfest fleischlos zu bekochen, ist eine
       Herausforderung. Aber mit diesem veganen Blätterteigpaket klappt es.
       
 (DIR) Saumagen als Veggie-Variante: Kohl würde sich im Grabe umdrehen
       
       Es gibt Gerichte, die bleiben immer dort, wo sie herkommen – der Pfälzer
       Saumagen etwa. Das gilt wohl auch für seine neue, vegane Variante.