# taz.de -- Vor den Wahlen in Italien: Mitte-Links-Allianz zerlegt sich
       
       > Das gerade entstandene Bündnis zerbricht mit dem Ausstieg der
       > Mitte-Partei Azione schon wieder. Das rechte Lager hat beste Aussichten
       > auf einen Sieg.
       
 (IMG) Bild: Freuen sich schon auf den Schampus: Matteo Salvini, Giorgia Meloni und Silvio Berlusconi (von links)
       
       ROM taz | Schon lange vor den Parlamentswahlen am 25. September können
       Italiens Rechtsparteien den Sekt für die Siegesfeiern kaltstellen. Denn das
       Rennen scheint schon jetzt gelaufen, da es den Mitte-Links-Parteien nicht
       gelungen ist, eine gemeinsame Front gegen die durch stramm populistische
       Kräfte dominierte Rechte auf die Beine zu stellen, wie am Sonntagnachmittag
       klar wurde.
       
       Um die [1][Schaffung einer solchen Front] hatte sich tagelang Enrico Letta
       bemüht, der Vorsitzende der gemäßigt linken Partito Democratico (PD), der
       mit etwa 24 Prozent in den Meinungsumfragen stärksten Kraft links der
       Mitte. Und nach zähen Verhandlungen schien er am letzten Dienstag auch
       erfolgreich: Die PD vereinbarte ein Wahlbündnis mit zwei kleinen
       liberaldemokratischen Mitte-Parteien, mit Azione unter dem früheren
       Wirtschaftsminister und heutigen Europaabgeordneten Carlo Calenda sowie mit
       +Europa, in der die frühere EU-Kommissarin und italienische Außenministerin
       Emma Bonino den Ton angibt.
       
       Zugleich aber verhandelte Letta mit Kräften links der PD weiter, mit dem
       Duo aus Grünen und Sinistra Italiana (SI – Italienische Linke) – und kam
       mit ihnen am Samstag zu einem positiven Abschluss. Schon im Pakt mit den
       Mitte-Parteien hatte Letta sich grünes Licht auch für solche Verhandlungen
       geben lassen.
       
       Doch von diesem grünen Licht wollte Calenda mit einem Schlag nichts mehr
       wissen. In einem TV-Interview kündigte er am Sonntagnachmittag seine
       Absprache mit der PD auf. Ihm sei es unmöglich, gemeinsam mit Kräften von
       der Linken anzutreten, die die [2][Regierung Draghi schlechtredeten] und
       wichtige Infrastrukturprojekte wie die LNG-Terminals ablehnten, erklärte er
       – so als seien ihm diese Positionen der Linksgrünen bis zum Samstag völlig
       unbekannt gewesen.
       
       ## Italiens Wahlrecht spielt der Rechten in die Hände
       
       Calenda will jetzt mit einer separaten Zentrumsliste antreten, in der
       Hoffnung, mit ihr 10 Prozent zu holen. Während die Rechte völlig geeint
       antritt und in den Umfragen auf mindestens 46 Prozent kommt, ist das
       Mitte-Links-Lager gleich doppelt gespalten. Dire Allianz, die die PD um
       sich schart, darf in den Meinungsumfragen auf bis zu 33 Prozent hoffen,
       während die [3][separat kandidierenden Fünf Sterne] für bis zu 12 Prozent
       gut sind.
       
       Diese Spaltung spielt angesichts des italienischen Wahlrechts der Rechten
       perfekt in die Hände. Denn nur 63 Prozent der Sitze in Kammer und Senat
       werden nach Proporz vergeben, 37 Prozent dagegen in Personenwahlkreisen.
       Dort wird die Rechte jetzt höchstwahrscheinlich das Gros abräumen, denn
       auch strategisches Wählen ist in Italien unmöglich: Die Listenstimme darf
       nur an eine Partei gehen, die den*die Wahlkreiskandidat*in
       unterstützt, für den der*die Wähler*in optiert.
       
       Damit scheint sogar möglich, dass die Rechte am Ende zwei Drittel der
       Mandate erobert – und dann aus eigener Kraft die Verfassung nach Gusto
       verändern kann.
       
       7 Aug 2022
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Michael Braun
       
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