# taz.de -- Wenn Frauen über Sex reden: Genitalien, keine Katzen
       
       > Objektifizierung ist offenbar nur dann okay, wenn sie Frauen auferlegt
       > wird, und nicht, wenn sie selbst über ihr Begehren sprechen – oder
       > rappen.
       
 (IMG) Bild: Der Sommer tropfte: Rapperin Cardi B in Miami
       
       Drip, drip, drip: Der Sommer tropfte. In der Hitze unser aller Schweiß,
       klar, und dank des [1][Sommerhits der Rapperinnen Megan Thee Stallion und
       Cardi B] literweise WAP-Juice, auch klar. Ebenfalls regnete es Speichel und
       Aerosole, oft unnötigerweise, etwa, wenn empörte cis Männer sich über
       „WAP“, ebendiesen Song, äußerten. Die drei Buchstaben stehen für Wet Ass
       Pussy, also klatschnasse Pussy (gemeint sind Genitalien, keine Katzen), und
       plötzlich interessierte sich das Feuilleton doch dafür, was Schwarze Frauen
       zu sagen haben.
       
       Explizite Hymnen über die Sexualität ermächtigter Frauen sind nicht neu –
       Lil’ Kim etwa machte es in den 90ern vor. Das Patriarchat ist jedoch auch
       nicht neu, und dazu gehören nun mal hängengebliebene hetero cis Typen, die
       nicht drauf klarkommen, dass zur Abwechslung mal cis Frauen uns mit ihren
       Fantasien überschwemmen (von der Angst vor queerem Begehren ganz zu
       schweigen).
       
       Der Affront unter abgeneigten Hörer:innen war riesig. Die einen versteckten
       ihre Misogynie unter dem Deckmantel moralischer Überlegenheit und stellten
       in Frage, wie feministisch diese Art der Hypersexualisierung ist. Andere
       stellten ohne Umweg klar, dass solche Texte sie abstoßen. Gemeint sind
       Texte, in denen Frauen Sex einfordern. Frauen, die über viel mehr Synonyme
       für das Wort Penis verfügen, als dass sie sich für den Rest hinter diesem
       Penis interessieren.
       
       Offenbar ist Objektifizierung aber nur dann okay, wenn sie Frauen auferlegt
       wird, und nicht, wenn sie selbst über ihr Begehren sprechen. Für
       Feminist:innen, die nicht erst seit 2020 Hiphop oder Cardi B kennen, ist
       die Debatte ziemlich trocken.
       
       ## Viele Wege zur DAP
       
       Da gibt es viel interessantere Fragen, etwa zu Dry Ass Pussies und
       WAP-Envy. Penisneid ist bekannt, aber kennen Sie WAP-Neid? Eine WAP sei
       allen gegönnt, doch nicht jede:r besitzt eine. Ich meine nicht nur, dass
       nicht alle Frauen eine Vulva haben – fotzenzentrierter Feminismus ist ein
       eigenes Topic. Dieser Text hingegen [2][ist jenen Vulven gewidmet], die
       nicht triefen.
       
       Viele Wege führen zur Dry Ass Pussy (DAP): zum Beispiel Hormonschwankungen,
       Wechseljahre, Stress, die Einnahme von Antidepressiva, manche
       Verhütungspillen, Krankheiten wie MS oder Lichen Screlorsus. Eine DAP kann
       temporär sein. Sie kann aber auch der Dauerzustand sein. WAP-Erwartungen
       können unter Druck setzen, Selbstzweifel aufkommen lassen. Sind denn etwa
       keine „Whores In This House“, wenn es erst mit Hilfe von Gleitgel den
       „Macaroni-In-A-Pot“-Effekt gibt? (Wenn diese Referenzen Ihnen nichts sagen,
       hören Sie in den Song rein, Sie werden ihn lieben.)
       
       Die Wahrheit ist: Natürlich können auch DAP sexuell empowert sein. Dies ist
       kein Grund für Selbstmitleid oder Neid. Der eigentliche Downer ist
       vielmehr, dass es für Slut-Shaming gar keiner WAP bedarf. Es reicht schon,
       kein heterosexueller cis Mann zu sein und das eigene Begehren zu
       verbalisieren. WAP oder DAP? Egal. Normalize Whores In This House 2020.
       
       24 Sep 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.youtube.com/watch?v=hsm4poTWjMs
 (DIR) [2] /Sex-Education-und-Goop-Lab/!5656694
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Hengameh Yaghoobifarah
       
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