# taz.de -- Wirtschaftsexperte über Konjunkturflaute: „Rezept für eine Rezession“
       
       > Der Wirtschaft geht es schlecht, weil der Staat spart, warnt Ökonom
       > Gustav Horn. Der Staat müsse in die sozial-ökologische Transformation
       > investieren.
       
 (IMG) Bild: Mehr öffentliche Investitionen in den Wohnungsbau könnten die Konjunktur ankurbeln, Baustelle in Leipzig
       
       taz: Die Bundesregierung senkt ihre Prognose. Für dieses Jahr geht sie nur
       noch von einem Wirtschaftswachstum von 0,2 Prozent aus, statt 1,3 Prozent
       wie noch im Herbst. Wie dramatisch ist die konjunkturelle Lage? 
       
       Gustav Horn: Die Lage ist kritisch. Die deutsche Wirtschaft dümpelt schon
       längere Zeit vor sich hin. Im vergangenen Jahr ist sie bereits um 0,3
       Prozent geschrumpft. Das schwächt nicht nur unsere Wohlstandsvermehrung,
       sondern belastet auch den Arbeitsmarkt. Es birgt auch die Gefahr größerer
       Verteilungskonflikte, da sich dadurch der Handlungsspielraum des Staates
       einengt.
       
       Sehen Sie langfristig die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft in
       Gefahr, wenn nicht schnell gehandelt wird? 
       
       Wenn wir jetzt nicht in die [1][sozial-ökologische Transformation]
       investieren, dann wird Deutschland im globalen Wettbewerb zurückfallen. Je
       länger wir die dafür notwendigen Investitionen aufschieben, desto
       schwieriger wird es uns später fallen, im globalen Wettbewerb mitzuhalten.
       Das wird Wohlstand und hochwertige Arbeitsplätze kosten.
       
       Sehen Sie die industrielle Substanz in Gefahr? 
       
       Die Industrie ist eigentlich die Stärke der deutschen Wirtschaft. Dafür
       müssen aber auch die richtigen Rahmenbedingungen geschaffen werden. Und
       dazu gehören bezahlbare Energie und modernste Technologie.
       
       Was ist der Grund für die Flaute? 
       
       Die hohen Zinsen belasten die privaten Investitionen.
       
       Das gilt aber auch für andere Länder, die wirtschaftlich deutlich besser
       dastehen als Deutschland. 
       
       In Deutschland kommt hinzu, dass die Finanzpolitik sehr restriktiv ist. Das
       heißt, der Staat kürzt trotz einer schwachen Konjunktur seine Ausgaben –
       ein Rezept für eine Rezession. Das belastet zusätzlich die Wirtschaft und
       verringert die Einkommen der Menschen.
       
       Welche Auswirkungen hat diesbezüglich das Urteil des
       Bundesverfassungsgerichts zur Schuldenbremse? 
       
       Schon vor dem Urteil hat die Ampel gespart. Nach dem Urteil hat sie nochmal
       massiv den Rotstift bei ihren Ausgaben angesetzt. Das ist eine deutliche
       Belastung für die Konjunktur.
       
       Ist die Schuldenbremse dann schuld an der Lage? 
       
       Die [2][Schuldenbremse] muss reformiert werden. Sie gefährdet die
       langfristige Entwicklung der deutschen Wirtschaft. Sie belastet auch
       private Investitionen, weil sich die Bundesregierung durch sie selbst
       beschränkt und deswegen Unsicherheit über ihren wirtschaftspolitischen Kurs
       herrscht. Stattdessen müsste der Staat jetzt mit Ausgaben Investitionen
       anregen und so die Konjunktur ankurbeln. Das ist zukunftsträchtiger als ein
       ausgeglichener Haushalt.
       
       Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Bundesfinanzminister
       Christian Lindner (FDP) haben sich jüngst für [3][Steuersenkungen für
       Unternehmen] ausgesprochen. Lindner hat die vollständige Abschaffung des
       Solidaritätszuschlags ins Spiel gebracht. Wären das Maßnahmen, die
       Investitionen und Konjunktur ankurbeln könnten? 
       
       Nein. Solche Steuersenkungen mit der Gießkanne würden vermutlich nur sehr
       wenig bringen. Schließlich sind sie auch nicht zielgerichtet.
       
       Was würden Sie stattdessen vorschlagen? 
       
       Deutlich stärker die Konjunktur anregen würden öffentliche Investitionen.
       Der Wohnungsbau würde sich da besonders anbieten, weil dort der Bedarf
       besonders hoch ist. Wenn die Bundesregierung für Unternehmen die Steuern
       senken will, dann müsste sie das zumindest an Bedingungen knüpfen. Zum
       Beispiel, dass die betreffenden Unternehmen in klimafreundliche
       Technologien investieren. Damit würde sichergestellt, dass die
       Steuersenkungen auch zu zukunftsträchtigen Investitionen führen.
       Gleichzeitig müsste aber auch gewährleistet werden, dass vor allem die
       Kommunen nicht zu stark durch die Steuersenkungen belastet werden.
       Gegebenenfalls müsste die Ampel-Regierung sie für etwaige Steuerausfälle
       entschädigen.
       
       16 Feb 2024
       
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