# taz.de -- Zeit für eine echte Verkehrswende: Die Waffe Auto muss aus der Stadt
       
       > Dass die Bedrohung durch Autos Normalzustand geworden ist, zeigt der
       > Unfall in Berlin mit vier Toten. Privat-Pkws fehlt im urbanen Raum die
       > Daseinsberechtigung.
       
 (IMG) Bild: Sind Autos in der Stadt wirklich nötig? Nein.
       
       Da diskutiert die Republik wochenlang über [1][elektrisch angetriebene
       Tretroller]. Darüber, wie gefährlich sie sind für Menschen, die sich zu
       Fuß, auf dem Fahrrad, mit Kinderwagen oder Rollator fortbewegen. Es gibt
       Debatten über Promillegrenzen und Höchstgeschwindigkeiten. Fußgänger:innen
       demonstrieren mit Poolnudeln, der Verkehrsminister muss sich für die
       Genehmigung der Roller rechtfertigen, und die Aufrufe reichen vom
       sofortigen Wiederverbot bis zur Sabotage mit einem beherzten Wurf in das
       örtliche Fließgewässer.
       
       Aber Autos? Diese Maschinen, die tagtäglich Menschen schwer verletzen und
       töten? Scheinen irgendwie Bestandsschutz zu genießen, schließlich rollen
       sie schon seit Jahrzehnten über die Straßen. Die von ihnen ausgehende
       Bedrohung ist zum Normalzustand geworden, nur durchbrochen von Momenten wie
       [2][dem schrecklichen Unfall in Berlin, bei dem vier Menschen ums Leben
       gekommen sind]. In diesen Momenten findet ein kurzes gesellschaftliches
       Aufwachen statt. Plötzlich taucht die Frage auf: Kann es wirklich sein,
       dass, ganz gewöhnlich und alltäglich, entsicherte Waffen durch die Gegend
       fahren? Bei denen schon eine kleine Unaufmerksamkeit, ein gesundheitliches
       Problem oder eine Wird-schon-nichts-passieren-Haltung genügt, um tödliche
       Unglücke zu verursachen?
       
       Es ist an der Zeit zu sagen: Nein. Denn auch wenn die Unfallzahlen auf
       lange Sicht sinken: Die Zahl der tödlichen Unfälle ist immer noch nicht auf
       null, sie ist nicht einmal auch nur annähernd dort. Und dahin kommt sie
       auch nicht, wenn die Porsches und Volkswagen künftig elektrisch angetrieben
       werden, ja vermutlich nicht einmal dann, wenn [3][intelligente Fahrsysteme]
       sie steuern, anstelle von menschlichen Fahrer:innen.
       
       In Richtung null geht die Zahl der tödlichen Unfälle erst, wenn die Autos
       endlich aus den Städten verbannt werden. Dort fehlt den Privat-Pkws
       jegliche Daseinsberechtigung. Was sich in ländlichen Gebieten noch mit
       mangelndem öffentlichen Nahverkehr und langen Strecken zu Supermarkt,
       Hausärzt:in, Schule und Arbeitsort rechtfertigen lässt, ist in Städten
       schlichtweg nicht nötig.
       
       Ja, es würde die Bequemlichkeit einschränken, wenn das Privat-Auto aus der
       Stadt verschwinden würde. Es wäre ein massiver Eingriff in den Alltag von
       Millionen Menschen, den auch ein phänomenal aufgestellter öffentlicher
       Nahverkehr vermutlich nur zum Teil kompensieren könnte. Aber ein Verbot von
       Privat-Pkws in Städten, das hieße eben auch: Es würden deutlich
       lebenswertere, entschleunigte Orte entstehen, wenn erst einmal die vielen
       Parkplätze und Teile der Straßen zu Wohnungen, Parks, Schwimmbädern, zu
       Clubs und Kitas würden.
       
       Die ohnehin nötige Verkehrswende bietet die Chance, diesen Umbruch endlich
       anzugehen. Nicht in zwanzig Jahren oder der übernächsten Legislaturperiode.
       Sondern genau: jetzt.
       
       10 Sep 2019
       
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