# taz.de -- taz-Recherchen 2022: Was danach geschah
       
       > Manchmal stößt Journalismus etwas an: Ein Blick auf einige taz-Recherchen
       > des Jahres 2022 – und auf ihre Folgen.
       
 (IMG) Bild: Ist der Bundestag sicher? Wer rettet den Rettungsdienst? Fragen, zu denen die taz recherchiert
       
       Arbeitet eine Firma in Düsseldorf daran, das Internet in Iran zu zensieren?
       Hilft Sternenstaub wirklich gegen eine Corona-Infektion? Und hat der
       Rettungsdienst ein Problem mit Rassismus in den eigenen Reihen? 
       
       Das sind drei von vielen Fragen, die uns in der taz im vergangenen Jahr
       beschäftigt haben. Zum Ende des Jahres haben wir nachgehakt, was aus
       unseren Geschichten geworden ist – und wollen Danke sagen. Denn Recherchen
       brauchen Zeit. Und sind nur möglich durch Unterstützung von Ihnen, unseren
       LeserInnen und GenossInnen.
       
       Wollen Sie die taz über Missstände informieren oder uns Dokumente zukommen
       lassen? Wenden Sie sich an die Autor:innen oder an taz.de/investigativ. 
       
       ## Rechte im Rettungsdienst
       
       Nelson Mbugu hat wieder Hoffnung. [1][Vier Monate ist der Angriff her, bei
       dem ihm der Arm gebrochen wurde.] Der Mann aus Kenia ist Lieferfahrer für
       McDonald’s in Brandenburg an der Havel. An einem Abend im September brachte
       er eine Bestellung zur Geschäftsstelle der Johanniter. Er hatte eine
       Portion Pommes vergessen, ein Sanitäter der Johanniter rastete offenbar aus
       und brach Mbugu brutal den Arm. Mbugu musste operiert werden, von den
       Johannitern hörte er zunächst nichts. Der verdächtige Sanitäter wechselte
       auf eigenen Wunsch in einen anderen Landesverband. Der wurde nach
       taz-Informationen aber gar nicht vollständig über die Vorwürfe informiert.
       Freigestellt wurde der Mitarbeiter erst, als die taz bei den Johannitern
       nachfragte.
       
       Die taz-Recherche fand große Verbreitung: Bundesweit griffen Medien sie
       auf, viele Menschen boten ihre Hilfe an. Die Opferhilfe Brandenburg hat
       einen Anwalt organisiert und bezahlt, der Mbugu juristisch vertritt. Dank
       der Opferhilfe fand er auch einen englischsprachigen Psychologen, der ihm
       helfen soll, die traumatische Erfahrung zu verarbeiten. Seine Armschlinge
       trägt Mbugu mittlerweile nicht mehr, aber die beiden Brüche in seinem
       linken Arm heilen nur langsam. Es wird noch einige Monate dauern, bis er
       wieder arbeiten kann. Das ist für ihn auch ein finanzielles Problem: 30
       Euro Krankengeld bekommt er am Tag, im Monat hat er so zwischen 300 und 400
       Euro weniger. Aber da er so viel Unterstützung bekomme, erzählt seine
       Ehefrau am Telefon, gehe es ihm schon viel besser.
       
       Die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen laufen noch. Aber seit Anfang
       Dezember steht fest: Der Sanitäter, der Mbugu den Arm gebrochen haben soll,
       muss die Johanniter verlassen. Ebenfalls aus dem Dienst ausscheiden wird
       ein Sanitäter der Johanniter aus Köln. [2][Mitte September hatten wir über
       Vorwürfe gegen ihn berichtet.] Er soll die Namen von Adolf Hitler und
       anderen Nazigrößen in einem Wandkalender der Feuerwache 9 eingetragen haben
       – und das war nicht der einzige rechtsextreme Vorfall auf der Wache.
       Mitarbeiter berichteten uns von Kollegen, die für die Identitäre Bewegung
       warben, von rassistischen Spielen unter den Sanitätern. Und von
       Patient:innen mit Migrationshintergrund, die offenbar schlechter
       behandelt würden, weil Sanitäter rassistische Vorurteile pflegten. Auch
       andere Hilfsorganisationen wie die Malteser waren betroffen.
       
       Die Johanniter haben nach unserem Bericht eine externe Agentur beauftragt,
       die Vorwürfe zu untersuchen. Guttman Communications ist spezialisiert auf
       Krisenkommunikation. Drei Vertreter:innen der Agentur haben 20
       Mitarbeitende der betroffenen Rettungswache in Köln befragt. In jedem
       dieser Gespräche saß auch ein Mitarbeiter der Johanniter dabei. Er habe
       nicht den Eindruck gehabt, dass die befragten Mitarbeiter dadurch weniger
       frei gesprochen hätten, sagt der Johanniter-Bundesvorstand Jörg Lüssem auf
       Nachfrage der taz. Die Johanniter wollen nun einen Verhaltenskodex
       erarbeiten und gemeinsam mit anderen Rettungsdiensten einen Maßnahmenplan
       gegen Rassismus aufstellen. [3][Auch die Malteser haben Maßnahmen
       angekündigt.]
       
       Im Untersuchungsbericht steht: Die in der taz beschriebenen Vorfälle seien
       „überwiegend wie beschrieben oder ähnlich passiert“. Manches konnte nicht
       nachvollzogen werden, was aber offenbar vor allem daran lag, dass keine
       ehemaligen Beschäftigten befragt wurden. Ein paar neue Dinge kamen heraus.
       So soll es auch auf einer anderen Kölner Wache einen Kalender mit
       Nazi-Einträgen gegeben haben.
       
       Die Interpretation der Untersuchungsergebnisse bringt aber gewisse
       Widersprüche mit sich. So heißt es im Bericht zum Beispiel, dass der
       Gebrauch diffamierender und rassistischer Begriffe unter den Beschäftigten
       weit verbreitet sei. Einen strukturellen Rassismus will man aber nicht
       erkennen. Das „Führungsversagen“ lasten die Johanniter dem damaligen
       Regionalvorstand an; der ist inzwischen in Rente. Und allzu viel
       Transparenz wollen sie auch nicht. Der Untersuchungsbericht wurde zwar
       zunächst online gestellt, dann aber direkt wieder gelöscht.
       
       ## Machos beim WWF
       
       Das Berliner Arbeitsgericht verhandelte im Mai 2022 eine ungewöhnliche
       Klage: Die Personalchefin der Naturschutzorganisation WWF ging gegen ihren
       Arbeitgeber vor – wegen [4][mangelnder Transparenz, Interessenskonflikten
       und möglichen Machtmissbrauchs]. Die Personalchefin hatte mitbekommen, dass
       der langjährige geschäftsführende Vorstand des WWF Deutschland, Eberhard
       Brandes, eine Affäre mit der WWF-Finanzchefin gehabt habe, ohne das seinem
       Arbeitgeber zu melden. Das hätte er nach internen Richtlinien wohl tun
       müssen.
       
       Die Personalchefin zeigte die Affäre intern an, eine externe Anwaltskanzlei
       wurde mit einer Untersuchung beauftragt. Das Ergebnis blieb unter
       Verschluss. Die Personalchefin sei seit ihrer Anzeige drangsaliert und mit
       Kündigung bedroht worden, sagte ihr Anwalt vor Gericht. Sie wollte nun
       Auskunft erstreiten über das Ergebnis der Untersuchung.
       
       Wenige Tage nachdem die taz die Sache öffentlich gemacht hatte, verkündete
       der WWF Deutschland, [5][dass Vorstand Brandes die Organisation verlässt].
       Die Stimmung in der NGO ist schon länger schlecht gewesen, zeigte die
       taz-Recherche. Mitarbeiterbefragungen hatten ein von Sexismus und
       Chauvinismus geprägtes Arbeitsklima aufgezeigt. Fast das komplette mittlere
       Management hatte der WWF-Führung per Brief das Misstrauen ausgesprochen.
       
       Seit Brandes’ Weggang ist es ruhiger geworden beim WWF. Die Personalchefin
       hat ihre Klage mittlerweile zurückgezogen. Auf taz-Nachfrage erklärt eine
       WWF-Sprecherin, es habe eine Mediation zwischen dem Stiftungsrat und der
       Personalchefin gegeben. Volle Einsicht in den Untersuchungsbericht habe sie
       allerdings nicht bekommen. WWF Deutschland wird derzeit weiter vom
       Interimsvorstand Christoph Heinrich geführt. Und der WWF Deutschland will
       seine Führungsebene neu aufstellen. Drei Frauen wurden kommissarisch in die
       Geschäftsleitung geholt, zwei waren zuvor im operativen Naturschutzbereich.
       Der Richtungsstreit über mehr Basisdemokratie oder eine straffe, aber
       schlagfertigere Führung, so hört man, ist noch nicht entschieden.
       
       ## Der Bundestag und seine Polizei
       
       Wie sicher ist das deutsche Parlament? Seit der [6][Razzia gegen ein
       Netzwerk von Reichsbürger:innen], die einen Staatsstreich geplant haben
       sollen und dabei mutmaßlich in den Bundestag eindringen wollten, wird diese
       Frage breit diskutiert. Der Bundestag selbst hat angekündigt, [7][seine
       Zutrittsregeln zu verschärfen.]
       
       Bereits im vergangenen Jahr hatten Recherchen der taz gezeigt, dass die
       Sicherheit des Parlaments auch von innen bedroht ist. [8][Wir hatten über
       rechtsextreme Vorfälle in der Bundestagspolizei berichtet.] Danach wurden
       alle 200 Polizist:innen in Einzelgesprächen befragt und gegen fünf
       Beamt:innen Disziplinarverfahren eingeleitet. Der damalige
       Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble hatte damals zudem verpflichtende
       Schulungen zu „gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit“ für die
       Polizist:innen angekündigt.
       
       Bisher nahmen an den vierstündigen Schulungen offiziellen Angaben zufolge
       etwa 80 der 132 Beamt:innen des mittleren Dienstes teil. Lernziel der
       Veranstaltung ist laut internen Unterlagen, dass die Teilnehmenden aktuelle
       extremistische Organisationen kennen, sich mit Rassismus, Antisemitismus
       und Radikalisierung beschäftigt haben sowie „mit aktuellen
       Präventionsansätzen“ vertraut sind.
       
       Die Bundestagsverwaltung bewies dann gleich selbst, dass diesbezüglich
       offenbar immer noch Verbesserungspotenzial besteht. Im Januar berichteten
       wir, dass der gerade erst neu berufene Chef des Sicherheitsreferats [9][in
       einer ultrarechten Burschenschaft aktiv ist.] Er wurde nach unserem Bericht
       versetzt, ist aber weiterhin Referatsleiter und nun bei den
       wissenschaftlichen Diensten unter anderem für den Bereich Strafrecht
       zuständig.
       
       Drei Disziplinarverfahren laufen indes weiter, zwei Polizisten sind immer
       noch vom Dienst suspendiert. Das Strafverfahren, das gegen den Polizisten
       eröffnet wurde, der mutmaßlich den Hitlergruß gezeigt hatte, wurde von der
       Berliner Staatsanwaltschaft eingestellt. Auf Anfrage teilte sie mit, dass
       der mutmaßliche Hitlergruß nicht öffentlich gezeigt wurde, sondern in einem
       Pausenraum – und das sei nicht strafbar.
       
       ## Mit Sternschnuppenstaub gegen Covid 
       
       Meteoreisen, der Staub erloschener Sternschnuppen, soll in verdünnter Form
       Coronainfektionen lindern – glaubt man im anthroposophischen
       Gemeinschaftskrankenhaus Havelhöhe in Berlin.
       
       Der Umgang mit der Pandemie war in Havelhöhe nicht nur bei den Behandlungen
       alternativ. Mit Coronaschutzmaßnahmen wurde lax umgegangen. Während in
       anderen Krankenhäusern Besuchsverbote galten, wurde in Havelhöhe ein
       öffentliches Flamenco-Konzert veranstaltet – ohne Maskenpflicht. Dem
       Krankenhauspersonal in Havelhöhe wurde ein Impfschema angeboten, für das es
       keine Zulassung gibt. Der zuständigen Amtsärztin „sträubten sich die
       Haare“, als sie von der Impfmethode erfuhr, bei der eine Impfdosis in
       mehrere Injektionen aufgeteilt wird.
       
       [10][Nachdem die taz diese Missstände im Februar öffentlich machte], drohte
       die Krankenhausleitung mit einer Klage. Auch bei manchen taz-Leser:innen
       stieß die Recherche auf Unverständnis. Einige Abos wurden gekündigt,
       wütende E-Mails landeten in den Posteingängen der Chefredaktion. Anhand der
       ähnlichen Schreibweise liegt nahe, dass die Mailaktion abgesprochen war.
       
       Wenige Monate später bekam Chefarzt Harald Matthes Ärger – wegen seiner
       Forschung. Im Rahmen seiner Stiftungsprofessur an der Charité, die von
       einer anthroposophischen Stiftung finanziert wird, leitete er eine Studie
       über mögliche Nebenwirkungen der Coronaimpfung. Laut Matthes zeigt die
       Umfrage, dass Impfnebenwirkungen häufiger auftreten würden als bisher
       registriert. Die Charité distanzierte sich wegen methodischer Schwächen von
       der Studie. Ein Problem: Personen sollen doppelt teilgenommen haben.
       
       Auch andere angebliche alternative Heilmethoden hatten es in diesem Jahr
       nicht leicht. Im Mai entschieden die Ärztekammern, keine Weiterbildungen
       mehr für Homöopathie anzubieten. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD)
       will prüfen, ob Homöopathika weiterhin von den Krankenkassen übernommen
       werden sollen. Diese Entwicklung könnte auch ungemütlich für
       Anthroposoph:innen werden, da sie Krankheiten ebenfalls mit verdünnten
       Mitteln behandeln, für deren Wirksamkeit es keinen wissenschaftlichen Beleg
       gibt.
       
       Harald Matthes hatte der taz im Februar versprochen, die empirischen Belege
       für die Wirkung von Meteoreisen gegen eine Coronainfektion nachzuliefern.
       Noch ist nichts angekommen.
       
       ## #LinkeMeToo
       
       Die Empörung war groß, als im Frühjahr in den sozialen Medien der Hashtag
       #LinkeMeToo trendete. Sexismusverdacht, ausgerechnet bei einer
       feministischen Partei? Der Spiegel hatte über Sexismusvorwürfe im
       hessischen Landesverband berichtet. Susanne Hennig-Wellsow trat unter
       anderem deswegen von ihrem Amt als Vorsitzende zurück, was die Partei in
       eine Führungskrise stürzte.
       
       [11][Kurz darauf zeigten taz-Recherchen], dass es vor den Vorwürfen aus
       Hessen bereits einen anderen Fall gab, der bis in die Parteispitze hinein
       für Ärger gesorgt hatte. In Nürnberg warfen mehrere Parteimitglieder einem
       Stadtrat sexuelle Übergriffe und Grenzüberschreitungen vor. Sie
       beschuldigten ihn, sie ohne ihr Einverständnis berührt zu haben, am Gesäß,
       am Oberschenkel, im Nacken. Die Vorwürfe erreichten auch den Bundesverband.
       Der Parteivorstand gründete eine Vertrauensgruppe, die die Vorwürfe
       aufarbeiten sollte, aber zu keinem definitiven Ergebnis kam. Nach dem
       taz-Bericht traten mehrere Mitglieder aus der Vertrauensgruppe aus, auch
       aus Protest darüber, wie die Partei mit den Vorwürfen umgeht.
       
       Die Linke will ihren Umgang mit Sexismusvorwürfen nun grundlegend
       überarbeiten. Eine feministische Kommission soll einen Leitfaden
       erarbeiten, den der Bundesparteitag 2023 verabschieden soll. In jedem
       Landesverband und auf Bundesebene soll es eine Vertrauensgruppe geben, die
       Betroffenen von sexistischen Belästigungen und Übergriffen beratend zur
       Seite stehen und auf Kosten der Partei geschult werden soll.
       
       In Bayern sind derweil einige der zentralen Akteure in der Partei
       aufgestiegen. Die Anwältin des beschuldigten Stadtrats wurde im September
       zur Co-Vorsitzenden der bayerischen Linken gewählt. Auch der Stadtrat sitzt
       nun im Landesvorstand.
       
       ## Wie das Internet im Iran zensiert wird
       
       Die Aussagen, mit der die Europäische Union im November einen [12][neuen
       Eintrag in ihrer Sanktionsliste] begründet, sind deutlich: „Arvan Cloud“
       sei ein IT-Unternehmen, das der iranischen Regierung helfe, den Zugang zum
       Netz zu kontrollieren. Es sei verantwortlich für Zensur und stehe mit
       Einrichtungen in Verbindung, „die für schwere Menschenrechtsverletzungen in
       Iran verantwortlich sind“.
       
       Gut drei Wochen zuvor hatte die taz eine [13][Recherche über eben jene
       iranische IT-Firma ArvanCloud veröffentlicht]. In dem Bericht geht es um
       Verbindungen nach Deutschland, ins Nobelviertel Meerbusch bei Düsseldorf.
       Mit Kollegen von [14][Correctiv] und [15][netzpolitik.org] hatte die taz
       aufgedeckt, dass dort ein Netz aus Firmen angesiedelt ist, die mindestens
       indirekt mit den islamischen Revolutionsgarden, Geheimdiensten und dem
       Mullah-Regime verbunden sind. Bis vor Kurzem war unter anderem die Webseite
       Arvancloud.com auf eine deutsche Firma in Nordrhein-Westfalen angemeldet.
       Auch iranische Regierungswebseiten liefen über die Infrastruktur der
       deutschen Firma.
       
       Sowohl ArvanCloud als auch die deutsche Firma bestreiten die Vorwürfe, an
       Internetfiltern, Zensur oder dem Aufbau oder Ausbau von nationalen Netzen
       in Iran seien sie nicht beteiligt. Ein Vertrag beider Firmen sei gekündigt
       worden. Nach Bekanntgabe der [16][EU-Sanktion kündigte ArvanCloud an,
       dagegen vorzugehen].
       
       Die taz, Correctiv und netzpolitik.org hatten von einem Vertrag von 2020
       zwischen ArvanCloud und dem iranischen Kommunikationsministerium berichtet.
       ArvanCloud hilft demnach beim Aufbau einer iranischen Cloud-Infrastruktur,
       wobei dem Regime weitreichende Kontrollbefugnisse eingeräumt werden.
       Bemühungen um national abgeschottete Netze gibt es auch in China oder in
       Russland. Das Ziel dabei ist es, die Kosten von Zensur und Abschottung zu
       verringern. Wenn ein nationales Netz ausgebaut ist, sollen Onlinedienste,
       Geschäfte und Behörden möglichst ungestört weiterlaufen, obwohl
       internationale Verbindungen gekappt sind.
       
       Das iranische Regime reagiert nach dem Tod der 22-jährigen Jina Mahsa Amini
       mit massiven Netzblockaden auf die Proteste im Land. Die Organisation von
       Demos und Berichterstattung soll erschwert werden. [17][Neben Zensur kam es
       zu Drosselungen des Internets, in einigen Regionen sogar zur kompletten
       Abschaltung]. Gesperrt werden in Iran auch Social-Media-Netzwerke wie
       Twitter, Facebook und Instagram sowie Messengerdienste wie Whatsapp oder
       Signal. Signal wird von einer gemeinnützigen Stiftung getragen und bietet
       eine sogenannte Ende-zu-Ende-Verschlüsselung an.
       
       Die [18][taz war im September einem Aufruf gefolgt, Signal zu
       unterstützen]. Wie andere richtete die taz einen sogenannten Proxy-Server
       ein, über den die Kommunikation umgeleitet werden kann. Das macht es den
       Zensoren in Iran schwerer, Datenverkehr an Signal zu erkennen. Die Adresse
       kann per E-Mail an [19][signalproxy@taz.de] angefragt werden. Seit
       September haben wir Hunderte Anfragen beantwortet. Viele suchen nach einer
       Möglichkeit, um weiter sicher mit ihren Verwandten in Iran zu
       kommunizieren. Eine weitere digitale Hilfe für die Menschen in autoritären
       Regimen ist die Unterstützung des anonymen Tor-Projektes. Die taz stellt
       auch dafür Infrastruktur zur Verfügung. Privat kann man über eine
       Erweiterung seines [20][Internet-Browsers namens „Snowflake“] helfen.
       
       ## Was macht eigentlich Hannibal?
       
       Am 20. Januar 2022 fällt das Landgericht Mosbach sein Urteil. Der ehemalige
       KSK-Soldat André S. alias „Hannibal“ muss wegen des „fahrlässigen
       unerlaubten Führens von Schusswaffen“ eine Geldstrafe zahlen, 50 Tagessätze
       à 30 Euro. Im Urteil wird knapp erwähnt, dass es sich um ein Training der
       „Defence Group“ von Uniter e. V. gehandelt habe. Die Teilnehmer des
       paramilitärischen Trainings wurden freigesprochen oder die Verfahren
       eingestellt.
       
       [21][Wie die taz 2018 aufgedeckt hatte], wollte Uniter eine bewaffnete
       Einheit aufbauen und diese sogar ins Ausland schicken. Unter anderem
       deswegen wird die Organisation inzwischen vom Verfassungsschutz [22][als
       rechtsextremer Verdachtsfall beobachtet.] All das spielte vor Gericht keine
       Rolle. Die Verurteilung von André S. in einem Verfahren vor dem Landgericht
       Stuttgart aus dem Sommer (75 Tagessätze wegen unerlaubten Besitzes von
       Nebelgranaten und Übungshandgranatenzündern) ist noch nicht rechtskräftig.
       
       Das Wort „rechtsextrem“ kommt in beiden Urteilen nicht vor. Zwar wird das
       Hannibal-Netzwerk inzwischen [23][von den Sicherheitsbehörden sehr ernst
       genommen], aber juristische Konsequenzen fallen davon mitunter weit ab. Das
       ist bei einem prominentem Mitglied des Netzwerkes anders. Der
       Bundeswehroffizier [24][Franco A. wurde im Juli als Rechtsterrorist
       verurteilt,] in der Urteilsbegründung wurde auch auf seine Vernetzung in
       der Prepperchatgruppe Süd verwiesen.
       
       Die Terrorermittlungen gegen zwei Mitglieder der Preppergruppe Nordkreuz
       [25][hat der Generalbundesanwalt vor einem Jahr hingegen eingestellt.] Für
       andere (ehemalige) Mitglieder gab es bereits Konsequenzen, oft aber nur
       dienstrechtlich. Im Frühjahr wurde Anklage gegen den Mann erhoben, über
       dessen Schießplatz sich die Nordkreuz-Leute Munition beschafften und der
       dem damaligen Innenminister Lorenz Caffier (CDU) eine Waffe schenkte. Auch
       der Mitarbeiter einer Waffenbehörde ist angeklagt. [26][Es geht unter
       anderem um einen mutmaßlichen Verstoß gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz
       und versuchte Strafvereitelung.] Das Landgericht Schwerin hat bis heute
       nicht entschieden, ob es den Fall verhandeln wird. Ein Gerichtssprecher
       verweist auf die dauerhafte Erkrankung der Vorsitzenden der zuständigen
       Strafkammer. Es sei mit einer „Eröffnungsentscheidung und Terminierung in
       dieser Sache, zumindest kurzfristig, nicht zu rechnen“.
       
       25 Dec 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Angriff-auf-Fastfood-Lieferanten/!5883867
 (DIR) [2] /Rassismus-beim-Rettungsdienst/!5879278
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 (DIR) [4] /Fuehrung-des-Umweltverbands-WWF/!5850257
 (DIR) [5] /Brandes-verlaesst-Naturschutzorganisation/!5853426
 (DIR) [6] /Polizeieinsatz-gegen-rechte-Verschwoerer/!5901826
 (DIR) [7] /Ermittlungen-gegen-Terrorgruppe/!5903053
 (DIR) [8] /Rechtsextreme-bei-der-Bundestagspolizei/!5777254
 (DIR) [9] /Rechte-bei-der-Bundestagspolizei/!5827253
 (DIR) [10] /Anthroposophisches-Krankenhaus-Havelhoehe/!5830435
 (DIR) [11] /MeToo-bei-der-Linkspartei/!5846760
 (DIR) [12] /Strafmassnahmen-gegen-Iran/!5894895
 (DIR) [13] /Iranische-Tarnfirmen-in-Deutschland/!5885984
 (DIR) [14] https://correctiv.org/aktuelles/2022/10/20/wie-der-iran-deutsche-verbindung-zur-abschottung-des-internets-nutzt/
 (DIR) [15] https://netzpolitik.org/2022/meerbusch-iran-connection-deutsche-firma-in-aufbau-des-abgeschotteten-internets-im-iran-verstrickt/
 (DIR) [16] https://twitter.com/ArvanCloud/status/1592195257139359744?s=20&t=FPvka0eh5jmoT9VVPf76bA
 (DIR) [17] /NetBlocks-Gruender-ueber-Internet-im-Iran/!5880188
 (DIR) [18] /Reaktion-auf-Unterdrueckung-in-Iran/!5883510
 (DIR) [19] /signalproxy@taz.de
 (DIR) [20] https://snowflake.fiff.de
 (DIR) [21] /taz-Recherche-zu-rechtem-Netzwerk/!5557397
 (DIR) [22] /Uniter-und-der-Verfassungsschutz/!5697547
 (DIR) [23] /Nach-Razzia-bei-Reichsbuergern/!5901948
 (DIR) [24] /Prozess-gegen-Franco-A/!5865056
 (DIR) [25] /Rechtsextreme-Preppergruppe-Nordkreuz/!5829891
 (DIR) [26] /Rechtsextreme-Preppergruppe-Nordkreuz/!5842500
       
       ## AUTOREN
       
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 (DIR) Große taz-Recherchen 2023: Was danach geschah
       
       Journalismus deckt Missstände auf. Und dann? Ein Blick zurück auf einige
       taz-Recherchen des zu Ende gehenden Jahres – und auf ihre Folgen.
       
 (DIR) Sanktionen gegen iranisches IT-Unternehmen: ArvanCloud auf der Blacklist
       
       Das US-Finanzministerium sperrt Vermögen und verbietet Geschäfte mit der
       iranischen Firma. Sie habe Verbindungen zum iranischen Geheimdienst.
       
 (DIR) 78. Jahrestag der Befreiung: Und jährlich grüßt das Murmeltier
       
       Am 8. Mai gedenkt man des Kriegsendes und der Opfer des deutschen
       Faschismus. Beim Blick auf die Gegenwart fehlt es allerdings an
       Achtsamkeit.
       
 (DIR) Journalismus und Haushalt: Dem Moloch geopfert
       
       Eitel ist der Journalismus. Sehr eitel. Aber irgendwer muss die Bude
       putzen, bevor wieder neuer Dreck entstehen kann.
       
 (DIR) Iranische Tarnfirmen in Deutschland: Die Iran-Connection von Meerbusch
       
       Eine iranische IT-Firma hilft in Iran bei der Internet-Abschottung. Ihr
       Ableger in Deutschland hilft, die US-Sanktionen zu vermeiden.
       
 (DIR) Rassismus beim Rettungsdienst: Rechte Retter
       
       Hass auf Geflüchtete, Nazi-Geburtstage im Kalender, rassistische Chats:
       Rettungskräfte haben ein Problem mit Rechtsextremismus in den eigenen
       Reihen.
       
 (DIR) Rechte bei der Bundestagspolizei: Bursche und Bauernopfer
       
       Nach einem Rechtsextremismus-Skandal wurde ein neuer Sicherheitschef im
       Bundestag eingesetzt. Der steht politisch selbst rechts außen.