# taz.de -- Kein Prozess um entführte Mauerkreuze: Denkmäler ausleihen ist erlaubt
       
       > Sie hatten am Bundestag ein ganzes Denkmal abmontiert, dann ermittelte
       > die Staatsanwaltschaft. Nun wurden die Ermittlungen eingestellt. Leider.
       
 (IMG) Bild: Weg sind die Kreuze.
       
       BERLIN taz | Es wäre so ein schöner Rechtsstreit geworden: Irgendwo in
       einem piefigen Gerichtssaal in Berlin, vorne die Richter in ihren Roben und
       auf der Anklagebank diese Horde ganz bestimmter Experten: Kunstaktivisten.
       Haben Sie oder haben sie nicht Tag im Herbst letzten Jahres das Denkmal
       gestohlen, als sie ungeniert am Fuße des deutschen Bundestages die
       [1][Gedenkkreuze abmontierten], die dort an Flüchtlinge erinnern sollten,
       die bei Ihrer Flucht aus der DDR ums Leben kamen?
       
       Es wäre ein Prozess um die Kunstfreiheit gewesen und um die Gedenkkultur in
       Deutschland. Und ganz besondere Gäste hätten in den Zeugenstand treten
       können, um die Frage zu beantworten: Wieso fiel eigentlich dem
       Sicherheitspersonal des Deutschen Bundestages nicht auf, was da vor seinen
       Augen geschah?
       
       Es war ein medialer Coup als das [2][Zentrum für politische Schönheit]
       anlässlich des 25-jährigen Gedenkens an den Mauerfall die Mauerkreuze
       entführte – und kurz darauf Fotos von Flüchtlingen an Europas Außengrenzen
       auftauchten, die just diese Kreuze in den Händen zu halten schienen.
       Menschenrechtsaktivisten feierten die Aktion, Konservative verurteilten sie
       zutiefst und Bundestagspräsident Norbert Lammert zog in einer
       Bundestagsrede über die aus seiner Sicht zynische Aktion her. [3][Dann nahm
       der Staatsschutz die Ermittlungen auf.] Alles war bereitet, um vor Gericht
       eine große Frage zu klären: Was darf die Kunst?
       
       Dazu wird es leider nicht kommen, denn die [4][Berliner Staatsanwaltschaft
       entschied nun]: Weil die Künstler offenbar nie die Absicht gehabt hätten,
       die Kreuze dauerhaft zu behalten, lägen auch keine Anhaltspunkte für einen
       Diebstahl vor. Schließlich wanderten die Gedenkkreuze nach Abschluss der
       Mauerfallzeremonien wieder zurück an ihren Ausgangsort. Ergo: Es kommt
       nicht vor Gericht. Das ist natürlich äußerst schade. Denn dort hätten
       Staatsschutz und Menschenrechtsaktivisten sicher richtig gestanden.
       
       Dass Gerichtsprozesse auch die öffentliche Debatte beflügeln können, haben
       schließlich nicht nur der Hoeneß- oder Kachelmann-Prozess gezeigt. Die
       Debatte darüber, was die Kunst im Namen der Menschlichkeit darf, hätte auch
       angesichts der dramatischen Lage tausender Flüchtlingstoter im Mittelmeer
       sicher gut getan. Andererseits ist sie nunmehr schon beantwortet: Denkmäler
       ausleihen darf sie offenbar. Das ist gut.
       
       21 Apr 2015
       
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 (DIR) [1] /Aktionskuenstler-zum-Mauerfall/!148792/
 (DIR) [2] http://www.politicalbeauty.de/
 (DIR) [3] /Diebstahl-der-Mauertoten-Kreuze/!148901/
 (DIR) [4] http://www.tagesspiegel.de/berlin/gestohlene-mauerkreuze-am-reichstag-ermittlungen-gegen-zentrum-fuer-politische-schoenheit-eingestellt/11663588.html
       
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 (DIR) Martin Kaul
       
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