# taz.de -- Kommentar deutsche Staatsbesuche: Ehrlichkeit vor dem Freund
       
       > Der Klartext, der Bundespräsident Gauck in der Türkei recht war, ist von
       > Merkel in den USA nicht zu erwarten. Schade eigentlich.
       
 (IMG) Bild: Muss keine strengen Worte von Merkel fürchten: ein entspannter Obama in seinem Oval Office.
       
       Die Krawalle am 1. Mai in Istanbul zeigen, wie gespalten das Land seit dem
       „Sommer von Gezi“ ist. Bundespräsident Gauck hat während seines
       Türkeibesuchs klar Position bezogen und allen Regierungskritikern dort den
       Rücken gestärkt. Das ist sein gutes Recht, und seine Rede vor Studenten in
       Ankara, in der er Erdogans autoritären Kurs ansprach, war erfrischend
       ehrlich und direkt. Vorhersehbar war aber auch, dass der türkische Premier
       das nicht auf sich sitzen lassen und zurückkeilen würde.
       
       Dabei könnte man es belassen: ein offener Schlagabtausch zweier hoher
       Repräsentanten befreundeter Staaten. Großer Quatsch ist es allerdings, wenn
       Gauck hinterher behauptet, er habe nur „seine Pflicht getan“ und sei „noch
       zurückhaltend gewesen“. Und merkwürdig ist es auch, wenn Innenminister de
       Mazière bekundet, er sei „stolz“ auf Gauck, weil dieser deutsche „Werte und
       Prinzipien“ verteidigt habe. Beide täuschen darüber hinweg, dass der
       Bundespräsident bei seinem Auftritt in der Türkei ganz bewusst gegen
       diplomatische Gepflogenheiten verstoßen hat.
       
       Wie die gewöhnlich aussehen, zeigt Kanzlerin Merkels USA-Reise. Sie wird
       dort vermutlich weder deutliche Worte zur NSA finden noch Unbehagen am
       Ukrainekurs der Obama-Regierung äußern oder gar deren Drohnen-Angriffe im
       Ausland in Frage stellen. Und ziemlich sicher wird sie weder die
       umstrittene Todesstrafe noch amerikanische Gesetze kritisieren, die es
       erlauben, straflos Menschen zu erschießen, die sich unbefugt der eigenen
       Garage nähern. Dabei gäbe es zu solcher Kritik aus deutscher Sicht aktuell
       allen Anlass, wenn man sich den tragischen Tod des Austauschschülers aus
       Hamburg vor Augen hat.
       
       Es wäre schön, wenn Merkel von Gauck lernen und öfters mal Klartext reden
       würde. Aber auch Gauck ist sich da ja nicht immer treu. Auf früheren Reisen
       hat er deutlich weniger Mut bewiesen – etwa während seines Besuchs in
       Israel, wo er jeden Kommentar zur Besatzung vermied.
       
       1 May 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Daniel Bax
       
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