# taz.de -- Reaktionen auf Schweizer Abstimmung: Europa macht Druck
       
       > Die EU reagiert scharf auf den Entscheid gegen Zuwanderung. Frankreich
       > will „die Beziehungen überdenken“, auch Merkel erwartet „Probleme“.
       
 (IMG) Bild: Bekommt Gegenwind von nebenan: Die Schweizer Botschaft im Berliner Regierungsviertel.
       
       BRÜSSEL afp/dpa | Nach dem Votum der Schweiz für eine strikte Begrenzung
       der Zuwanderung fordern immer mehr EU-Politiker Konsequenzen. Der
       französische Außenminister Laurent Fabius kündigte in einem Interview an:
       „Wir werden die Beziehungen zur Schweiz überdenken“. Das Votum sei
       beunruhigend und habe negative Folgen für Europa und die Schweiz, vor allem
       in wirtschaftlicher Hinsicht.
       
       Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erwartet große Probleme durch das
       Schweizer Votum für eine strikte Begrenzung der Zuwanderung. „Die
       Bundesregierung nimmt das Ergebnis dieser Volksabstimmung zur Kenntnis und
       respektiert es, es ist aber durchaus auch so, dass aus unserer Sicht dieses
       Ergebnis erhebliche Probleme aufwirft“, sagte Regierungssprecher Steffen
       Seibert. Es sei an der Schweiz, auf die Europäische Union zuzugehen und ihr
       darzulegen, wie sie mit dem Ergebnis umgehen wolle. Es würden schwierige
       Gespräche zu führen sein. „Unser Interesse muss es doch sein, das
       Verhältnis EU - Schweiz so eng wie möglich zu bewahren“, sagte Seibert.
       
       Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) erwartet, dass der
       Ausgang des Referendums zur Einwanderung in der Schweiz in erster Linie dem
       Land selbst schaden wird - „ganz einfach deshalb, weil die Schweiz von dem
       Ruf lebt als weltoffenes Land mitten in Europa“, sagte Steinmeier am Montag
       in Brüssel am Rande eines Treffens der EU-Außenminister.
       
       Der deutsche Europaabgeordnete Andreas Schwab (CDU) reagierte schärfer: Er
       fordert bereits ein Ende der vertraglichen Beziehungen zur Schweiz. Die
       Europäische Union müsse ihre mit dem Land geschlossenen Abkommen auf den
       Prüfstand stellen und gegebenenfalls kündigen. Denn sobald die Schweiz die
       Vorgaben der Volksabstimmung umsetze, werde sie gegenüber der EU
       vertragsbrüchig, sagte er. Schwab ist Mitglied des Schweiz-Ausschusses des
       Europaparlaments. Auch der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im
       Europaparlament, Elmar Brok (CDU), hatte in einer ersten Reaktion das
       Abstimmungsergebnis bedauert.
       
       ## Schweiz muss nun neu verhandeln
       
       Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn meinte, die EU dürfe nicht
       nachgeben. Die Freizügigkeit für Arbeitnehmer aus der Europäischen Union
       dürfe nicht „verunstaltet und verwässert werden“, sagte er. Die Schweiz
       müsse wissen, dass der privilegierte Zugang zum EU-Binnenmarkt ohne
       Freizügigkeit nicht möglich sei.
       
       Von Seiten der EU-Kommission wurde bereits darauf hingewiesen, dass die
       sieben bilateralen Abkommen über Bereiche wie Freizügigkeit, Verkehr,
       Landwirtschaft, Forschung und öffentliche Ausschreibungen aus dem Jahr 1999
       rechtlich miteinander verknüpft seien und nicht einzeln aufgekündigt werden
       könnten. In einer offiziellen Erklärung teilte die Kommission mit, der
       Volksentscheid verletze das „Prinzip des freien Personenverkehrs“.
       
       Der Präsident des EU-Parlaments, Martin Schulz, ermahnte die Schweizer, sie
       könnten nicht nur die Vorteile des großen europäischen Binnenmarktes für
       sich in Anspruch nehmen.
       
       Eine knappe Mehrheit von 50,3 Prozent hatte für das Projekt gestimmt. Die
       Schweiz muss nun das seit mehr als zehn Jahren geltende Abkommen mit der EU
       über den freien Personenverkehr neu aushandeln. Außenminister Didier
       Burkhalter kündigte eine Rundreise durch europäische Hauptstädte an, als
       erstes will Burkhalter nach Berlin fahren.
       
       ## Angeknackste Freizügigkeit
       
       Die Schweiz wickelt den übergroßen Teil ihres Außenhandels mit der EU ab,
       ist aber selbst nicht Mitglied. Der Anteil der Ausländer in der Schweiz
       wird mit 23,5 Prozent (fast 1,9 Millionen) angegeben. Die Italiener liegen
       mit 291.000 vorne, knapp gefolgt von den Deutschen (284.200). Dahinter
       folgen Portugiesen (237.000) und Franzosen (104.000). Umgekehrt leben
       430.000 Schweizer in EU-Staaten.
       
       Als die gegenwärtig geltenden Freizügigkeitsregeln in Kraft traten, wurde
       von den Befürwortern gesagt, jährlich sei mit rund 8000 Einwanderern in der
       Schweiz zu rechnen. Tatsächlich sind es aber rund 80.000 pro Jahr. Das
       wurde von den Befürwortern der Initiative als Begründung angeführt, die
       Bestimmungen zu verschärfen. In der Hauptstadt Bern und in Luzern gab es am
       Sonntagabend Proteste von einigen hundert Menschen gegen die Annahme der
       Initiative „Gegen Masseneinwanderung“.
       
       Der Referendumstext sieht keine konkreten Zahlen für die Einwanderung vor.
       Allerdings verpflichtet er die Regierung, innerhalb von drei Jahren
       jährliche Quoten einzuführen. Darin sollen Asylbewerber enthalten sein.
       
       ## Sorgen der Industrie
       
       Die Entscheidung löste in der Schweizer Wirtschaft große Sorgen aus. „Wir
       werden jetzt in eine Phase der Unsicherheit einbiegen“, sagte der Präsident
       des Schweizer Arbeitgeberverbands, Valentin Vogt, im Schweizer Fernsehen.
       Unsicherheit sei für die Wirtschaft schlimmer als schlechte Nachrichten.
       Die stark exportorientierte Maschinen-, Elektro- und Metall-Industrie
       fürchtet nach Angaben vom Sonntagabend beträchtliche Nachteile im Handel
       mit der EU. Die Politik müsse alles daran setzen, das die Verträge mit der
       EU intakt blieben.
       
       Schäuble forderte auch für die deutsche Politik Lehren aus dem Schweizer Ja
       für eine Begrenzung der Zuwanderung. „Es zeigt natürlich ein bisschen, dass
       in dieser Welt der Globalisierung die Menschen zunehmend Unbehagen
       gegenüber einer unbegrenzten Freizügigkeit haben“, sagte Schäuble in der
       ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“. Der Vorsitzende der Linkspartei, Bernd
       Riexinger, bezeichnete das Referendum als schweren Fehler. „Was Europa als
       letztes braucht, sind neue Mauern“, sagte [1][Riexinger Handelsblatt
       Online].
       
       10 Feb 2014
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.handelsblatt.com/politik/international/reaktionen-auf-schweizer-votum-was-europa-als-letztes-braucht-sind-neue-mauern/9456546.html
       
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