# taz.de -- Kolumne Die Kriegsreporterin: Ein Bestsellerautor namens Hitler
       
       > Der „Spiegel“ hat unergründliche Mitarbeiter-Ressourcen und glänzt mit
       > einem „NS-Starbildhauer“, die „Bild“ hetzt den Mob auf den Presserat.
       
 (IMG) Bild: Arno Breker, der „Hofbildhauer Hitlers“, kurz vorm Abflug.
       
       Hallo taz-Medienredaktion!
       
       Ich glaube, ich muss Dich austauschen. Es sollte besser heißen: Hallo
       Spiegel-Redaktion! Denn keine Printbude gibt mir momentan mehr Rätsel auf
       als Rudis Resterampe an der Ericusspitze. So musste ich mich doch letzte
       Woche sehr wundern, dass acht Personen benötigt werden, um über „Die Lust
       der Frauen“ zu schreiben. Eine Lust, die im Heiratsantrag ihre Vollendung
       findet, dem kleingeistigen Garant für Glück.
       
       Diese Woche nun wundere ich mich, dass drei RedakteurInnen in Paris
       benötigt werden, um Karl Lagerfeld zu interviewen. Wohlgemerkt Lagerfeld,
       der Selbstläufer des Interviews, die charmant-eloquente Plaudertasche, die
       auch einem leeren Kühlschrank gegenüber ein Bonmot nach dem anderen
       raushauen würde. Aber das Wundern über den Spiegel findet damit noch kein
       Ende.
       
       Nein. Hier, im Paradies des Jubelpersonals, wird Arno Breker, jener
       Künstler der Hitlers Körper- und Germanenwahn formvollendet in Bronze goss,
       zum „NS-Starbildhauer“. Ist er andernorts „Vorzeigekünstler der Nazis“
       (Aufbau Verlag) oder „Hitlers Lieblingskünstler“ (Süddeutsche Zeitung), ist
       er beim Spiegel „NS-Starbildhauer“. Ich nehme an, dieser Logik zufolge
       steht Hitler bald als „berühmter Bestsellerautor“ und Goebbels als
       „PR-Gigant“ im Blatt.
       
       Womit das Wundern in Hamburg aber immer noch kein Ende hat. Auf Seite 38
       findet sich ein Artikel über den Streik der Kitas, für den wieder sieben
       JournalistInnen nötig waren. Sechs Frauen – geht ja um Kinder – und ein
       Mann (ein Vater, logisch) für 1,3 Seiten Text. Das Verwunderlichste aber
       ist, dass zur Bebilderung ein recht doof aussehender Junge gezeigt wird,
       der mit einem Fahrrad durch die Verlagslobby fährt.
       
       Und da fange ich mich doch echt an, am Kopf zu kratzen. Stimmt denn beim
       Spiegel gar nichts mehr? Kann sich so ein Redakteur nicht mal mehr darauf
       verlassen, dass seine Ehehausfrau mit Studienabschluss dafür sorgt, dass
       Vati nicht bei der Arbeit gestört wird? Sind denn nicht extra so wenige
       Führungspositionen mit Frauen besetzt, damit im Falle eines Kitastreiks die
       Gören nicht anfangen, auf den Fluren rumzuradeln? Ich muss schon sagen, ich
       habe das Gefühl, der neue Chef hat seinen Laden nicht im Griff. Immerhin
       ist der Titel bestens. Danke dafür. Ich will ja den Glauben an das Gute
       nicht völlig verlieren.
       
       Der an anderer Stelle nie da war. Stichwort Bild-Zeitung. Dort ist man
       aktuell so dreist, Scheiße zu bauen und wenn man dafür gerügt wird, wie ein
       Vierjähriger nach der Sippe zu rufen. Kai Diekmanns Drecksblatt hat im Zuge
       des Mordes an einer 18-Jährigen das Foto des 16-jährigen Täters gezeigt.
       Das ist in Deutschland nicht statthaft. Es folgt eine Abmahnung durch den
       Presserat.
       
       Worauf Springer die Kontaktdaten des Rats veröffentlicht, damit das
       lemmingedumme Leservolk dort Sturm läuft, weil der Presserat den Mord als
       „nicht besonders“, so Bild, einordnet. Wäre er „besonders“, wäre die
       Veröffentlichung des Fotos gedeckt. So mache ich das demnächst auch:
       Scheiße bauen und dann laut schreiend mit dem Finger auf denjenigen zeigen,
       der sagt: „Frau Burmester, so geht das nicht!“
       
       Dass sich auch anderswo die Schrauben der Selbstverpflichtung lockern, hat
       Hendrik Steinkuhl dargelegt. Der Journalist hat in der Osnabrücker Zeitung
       die Autobiografie von Wolf Schneider, dem Mensch gewordenen Buschmesser der
       Sprachgärtner, nach dessen Kriterien aus „Deutsch für Profis“
       auseinandergenommen. Und stellt fest: Nicht aufgepasst! Der alte Wolf
       braucht dringend eine führende Hand in Sachen Stil und guter Schreibe.
       
       Hat irgendjemand Kapazitäten frei? Und damit zurück nach Berlin!
       
       3 Jun 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Silke Burmester
       
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