# taz.de -- Stillende Abgeordnete im Parlament: Brust statt Frust!
       
       > Die isländische Abgeordnete Unnur Bra Konradsdottir stillt während einer
       > Rede, die sie selbst hält, ihr Kind. Schön für die Frauen in Island.
       
 (IMG) Bild: Nicht groß, aber ziemlich relaxed, wenn's um Babynahrung geht: das Althing, das Parlament Islands
       
       Weniger als eine Minute dauerte der Auftritt des kleinen Babys [1][im
       isländischen TV]. Während ihre Mutter, die Abgeordnete Unnur Bra
       Konradsdottir, vor dem isländischen Parlament einen Gesetzesentwurf
       verteidigte, ließ sich das sechs Wochen alte Mädchen beim Trinken an ihrer
       Brust nicht stören.
       
       Auch im Saal schien sich niemand an dem Vorgang zu stören. Die Sitzung im
       Altthingi lief einfach weiter, keine ungläubigen Blicke, kein Rumoren. „Ich
       habe einfach meinen Job gemacht“, sagte Konradsdottir Journalisten, und nur
       im Kontext ist klar, dass sie damit ihren Job als Mutter meint. Ihre
       Tochter sei hungrig gewesen und es hätte weitaus mehr gestört, wenn sie sie
       schreiend der Kollegin neben sich übergeben hätte.
       
       Schön für die Frauen in Island. In anderen Ländern gibt es diese Freiheit
       nicht: Im britischen Unterhaus haben stillende Mütter keinen Zutritt, in
       den USA werden Frauen, die ihrem Kind im Café oder auf einer Parkbank die
       Brust geben, nicht selten angepöbelt und beleidigt. Ein Richter in North
       Carolina drohte einer Zeugin mit Rausschmiss, weil sie ihren Sohn im
       Gerichtssaal stillte – dies sei „nicht angemessen“. Im Sommer bezeichnete
       ein Abgeordneter im britischen Unterhaus stillende Mütter im Parlament als
       Exhibitionistinnen. In Spanien wurde einer Podemos-Abgeordneten, die ihr
       Baby stillte, vorgeworfen, sie nutze das Kind für politische Zwecke aus.
       
       Es ist nichts Neues, dass sich Männer herausnehmen, über den weiblichen
       Körper im öffentlichen Raum zu bestimmen – im Namen des guten Anstands.
       Dabei ist das wirklich unanständige die permanente Sexualisierung des
       weiblichen Körpers, selbst wenn Babys und kleine Kinder im Spiel sind.
       Insofern ist es gut und ermutigend, wenn Frauen wie Konradsdottir einfach
       machen. Ganz normal.
       
       17 Oct 2016
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://youtu.be/dsA2wUB0ttc
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sunny Riedel
       
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