# taz.de -- Kolumne Einfach gesagt: Alte und neue Währungen
       
       > Warum soll ich mich für Bitcoins interessieren? „Wenn sich eine
       > Kryptowährung durchsetzt, ist es Zeit für den bewaffneten Widerstand“,
       > sagt ein Lehrer.
       
 (IMG) Bild: Bitcoins? „Die müssen dich interessieren!“, entfuhr es dem pensionierten Lehrer, der neben uns saß
       
       Bitcoins interessieren mich nicht!“, unterbrach ich zwei Freundinnen. Sie
       sprachen im Bistro in der Schanze seit dem Aperitif darüber.
       
       „Bitcoins müssen dich interessieren!“, entfuhr es dem pensionierten Lehrer,
       der in der Tischreihe neben uns bei einem Bier saß. „Wenn eine
       Kryptowährung sich durchsetzt, ist es Zeit für den bewaffneten Widerstand!“
       
       Ich fragte: „Wozu braucht ihr Bitcoins? Wollt ihr was im Darknet kaufen?“
       
       Der Lehrer rief: „Ach, Darknet, Kindergarten! Bitcoins und Co können wegen
       euch Finanzbesoffenen die Demokratie auflösen!“
       
       Die Unternehmensberaterin schüttelte den Kopf und die PR-Strategin sagte:
       „Sie sind ja noch immer so drüber wie früher in GMK. Es ist kein
       Verbrechen, sein hart verdientes Geld anzulegen.“
       
       Der Lehrer haute mit den Fäusten auf den Tisch und die junge Berliner Band,
       die auf der anderen Seite unserer Tischreihe saß, applaudierte.
       
       Der Sänger rief: „Geil, was sorgt denn schon für so große Emotionen zur
       Vorspeise?!“
       
       „Bitcoins!“, kam es im Chor.
       
       Der Ex-Freund, der vom Rauchen kam, sagte: „Ach, Bitcoins, das ist doch
       schon vorbei, jeder redet drüber. Das ganz Böse bekommen wir gar nicht
       mit.“
       
       „So ähnlich“ sagte der Lehrer „und deshalb muss man sich damit
       beschäftigen, auch wenn’s keinen Spaß macht.“
       
       Die Unternehmensberaterin schenkte Champagner nach und sagte: „Mir macht
       Spekulieren Spaß, ich halte die Blockchain für revolutionär und wenn das
       Bargeld abgeschafft ist, sind Sie doch der erste, der nach anonymem
       Geldverkehr schreit.“
       
       Der Lehrer schnaubte: „Pah! Das wäre protofaschistisch, wenn eine
       Kryptowährung die Kontrolle übernimmt und davon profitiere sicher nicht
       ich! Ich halt das hier nicht mehr aus, ich geh lieber raus und erfriere
       beim Saufen. Tschüss!“
       
       Der Sänger sagte: „Was für ’ne Hysterie! Ihr Kapitalismusjunkies geht so
       auf Hypes ab. Die kann man auch ignorieren!“
       
       „Deine Naivität ist süß, nimm doch mal die Mütze ab,“ sagte die
       Unternehmensberaterin und zwinkerte. Er errötete und verschränkte die Arme:
       „Wir werden am Ende ja sehen, wer das System verstanden hat.“
       
       Sie lächelte milde: „Wenn du das System verstanden hast, dann erkläre es
       mir mit deinem schönen Mund.“
       
       „Gern! Bitcoins, Charthits, Blockbuster, Bestseller. Mit Qualität haben
       Hypes selten zu tun, trotzdem versucht man sie zu wiederholen, zu
       potenzieren. Überall die gleichen gierigen und mutlosen Mechanismen. Ein
       Hype ist, wenn alle was vom Kuchen abhaben wollen, obwohl der Kuchen
       eigentlich ein Stück Scheiße ist.“
       
       Die PR-Strategin sagte: „Mir ist die ganze Aufregung zu unappetitlich, ich
       wollte nur einen netten Abend haben.“
       
       Der Ex Freund prostete ihr mit Wodka Martini zu: „Wir sind hier im
       Hamburger Bürgerkriegsgebiet, da wird das schon mal unappetitlich!“
       
       Die Frau vom Service fragte: „Was war unappetitlich?“
       
       „Nur der Kapitalismus“ sagte ich.
       
       Der junge Sänger lehnte sich über den Tisch zu der Unternehmensberaterin,
       nahm seine Mütze ab und fragte: „Spendierst du uns ’ne Flasche Champagner?“
       
       Er zwinkerte ihr zu, und sie fragte: „Und was bekomme ich dafür?“
       
       11 Feb 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jasmin Ramadan
       
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