# taz.de -- Dieselfahrverbot persönlich betrachtet: Ich, das Opfer
       
       > Seit Jahren ist unser Autor das Opfer eines Fahrverbotes, obwohl er
       > keinen Diesel fährt. Was er in dieser Zeit erlebt hat und wie er damit
       > umgeht.
       
 (IMG) Bild: 88,2 Quadratkilometer Freiheitsentzug: Sie nennen es Umweltzone. Nichts für Wagen wie diesen
       
       BERLIN taz | Als investigativer Reporter fahre ich gerne mal in den
       Grenzbereich des Erlaubten. Ich fahre mitten hinein. Ich parke dort. Ich
       prüfe dann, was passiert.
       
       Immer passiert nichts.
       
       Ich habe all die Probleme, die Dieselnutzer [1][nun entdecken], schon seit
       Jahren: Die Schuld, die Sühne; das Gefühl, nicht verstanden zu werden. Und
       was am zähesten drückt: [2][Der Zweifel am Rechtsstaat].
       
       Ich bin Leidtragender eines, nennen wir es mal: Benzinfahrverbotes in
       Deutschland. Dieses Benzinfahrverbot existiert in Berlin seit dem 1. Januar
       2010. Es gilt für Benzinautos, die keine grüne Plakette haben.
       
       Ich weiß nicht, ob jemals ein Gericht darüber entschieden hat, ob das
       Benzinfahrverbot erlaubt sein sollte. Jedenfalls gibt es ein
       Benzinfahrverbot. Ich bin dessen Opfer.
       
       ## 88,2 Quadratkilometer Freiheitsentzug
       
       Das Benzinfahrverbot in Berlin gilt [3][auf einer Fläche von 88,2
       Quadratkilometern]. Auf der Internetseite des Berliner Senats steht: „Für
       Fahrzeuge mit hohem Schadstoffausstoß gilt ein Verkehrsverbot.“ Sie nennen
       es Umweltzone.
       
       Mein Auto verfügt über keine grüne Plakette, obwohl man gefälschte
       Plaketten [4][für ein paar Euro im Internet kaufen kann].
       
       Mein Auto ist fünf Jahre jünger als ich. Es verbraucht 23 Liter Benzin auf
       hundert Kilometer, wenn ich 115 km/h fahre. Das ist die
       Maximalgeschwindigkeit bergab. Wenn ich 95 km/h fahre, verbraucht es nur 16
       Liter. In der Stadt fahre ich meistens langsamer.
       
       Mein Auto hat Armlehnen an den Vordersitzen und beige Sitzbezüge. Mein Auto
       ist Baujahr 1986. Es ist wunderschön.
       
       In Berlin gibt es Schilder um den gesamten Innenstadtbereich verteilt,
       manchmal an Brücken, manchmal an Unterführungen, auf denen das
       Benzinfahrverbot für mich ausgewiesen ist. Darauf steht, dass ich nicht
       weiterfahren darf. Es sind die Verkehrsschilder mit der Typenbezeichnung
       270.1.
       
       ## Was ist das für ein Deutschland?
       
       Mein Völkerrechtsprofessor im ersten Semester hat einmal gesagt: „Man kann
       kein Gebiet annektieren, wenn man keine Panzer hat.“
       
       Ich interessiere mich für das Verhältnis von Rechtsbehauptung und
       Rechtsdurchsetzung auch auf deutschen Straßen. Deswegen recherchiere ich
       regelmäßig.
       
       Ich parke dann in der Umweltzone im Parkverbot. Ich warte ab, was passiert.
       Ich bekomme dann ein Knöllchen für das Falschparken. Ich bezahle dann das
       Knöllchen.
       
       12 Knöllchen zahlte ich so sicherlich schon über all die Jahre. Niemals
       zahlte ich eine Strafe, weil ich mich widerrechtlich in der Umweltzone
       befand. Ich frage mich: Was ist das für ein [5][Deutschland]?
       
       Was ich nicht verstehe 
       
       Wenn ich es richtig verstehe, könnte mein Auto als Oldtimer gemäß Paragraf
       2 Nummer 22 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung – wenn es ein Kennzeichen
       nach Paragraf 9 Absatz 1 oder Paragraf 17 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung
       führte! – aufgrund des Anhangs Nummer 3 der Kennzeichnungsverordnung gemäß
       der 35. Bundesimmissionsschutzverordnung eine Ausnahmegenehmigung vom
       Benzinfahrverbot erhalten, aber da ich mir noch kein Oldtimer-Kennzeichen
       besorgt habe, kann ich weiter mit gutem Gewissen recherchieren, wie es sich
       mit der Durchsetzung des Benzinfahrverbotes in Berlin verhält und ich nehme
       an, aber das ist nur eine Recherchehypothese, dass es sich mit der
       Durchsetzung des Dieselfahrverbotes, sollte es denn jemals vielleicht
       irgendwo in Deutschland auch ein bisschen kommen, nicht sehr anders
       verhalten dürfte und deswegen frage ich mich, was diese ganze verlogene
       Debatte soll oder ob sich bald wirklich etwas ändert und ich habe heute mit
       einem Kollegen gesprochen, der hat einen Hund, und jetzt fragen sie mal
       einen Hundehalter, ob eigentlich [6][die Leinenpflicht für Hunde] überprüft
       wird und von wem und dann sollten wir natürlich ruhig noch einmal über
       dieses Dieselfahrverbot reden, das jetzt jedenfalls theoretisch immerhin
       grundsätzlich erlaubt ist, wenn der allgemeine Rechtsgrundsatz der
       Verhältnismäßigkeit berücksichtigt wird, [7][worauf das Gericht nochmal
       eigens hingewiesen hat], was an sich schon ein Witz ist, denn das ist
       eigentlich: Das normalste von der Welt.
       
       28 Feb 2018
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/diesel-affaere/diesel-bundesverwaltungsgericht-erlaubt-fahrverbote-15470036.html
 (DIR) [2] https://giphy.com/gifs/pandawhale-sitepandawhalecom-tournament-fapJpJxnArDFK
 (DIR) [3] https://www.berlin.de/senuvk/umwelt/luftqualitaet/umweltzone/de/gebiet.shtml
 (DIR) [4] http://www.autofahrerseite.eu/recht/verkehr/73-immer-mehr-gruene-umweltplaketten-werden-gefaelscht.html
 (DIR) [5] https://de.wikipedia.org/wiki/Deutschland
 (DIR) [6] https://www.berlin.de/sen/verbraucherschutz/aufgaben/tierschutz/hundehaltung/berliner-hundegesetz-267536.php
 (DIR) [7] http://www.bverwg.de/pm/2018/9
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Martin Kaul
       
       ## TAGS
       
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