# taz.de -- Kommentar Kubicki zu Chemnitz: Die FDP spielt bewusst mit dem Feuer
       
       > FDP-Mann Kubicki verknüpft Merkels „Wir schaffen das“ und die Chemnitzer
       > Krawalle. Das ist pures Kalkül. Die Partei will die „Besorgten“
       > erreichen.
       
 (IMG) Bild: Hier zeigt Chemnitz ein hässliches Gesicht: Die rechte Szene marschiert am Montag durch die Stadt
       
       Es gibt Sätze, bei denen es keiner besonderen Interpretationskunst bedarf,
       um sie empörend zu finden. Dieser Satz von Wolfgang Kubicki gehört dazu:
       „Die Wurzeln für die Ausschreitungen liegen im ‚Wir schaffen das‘ von
       Kanzlerin Angela Merkel.“ Er ist in seiner Eindeutigkeit kaum
       misszuverstehen. Trotzdem will es der freidemokratische
       Bundestagsvizepräsident nicht so gemeint haben. Es sei völlig abwegig,
       seine Äußerungen zu Chemnitz so zu verstehen, dass er „irgendjemandem aus
       dem demokratischen Spektrum die Mitschuld an rechtsradikalen Übergriffen
       und Gewaltexzessen gebe“, echauffiert er sich. Aber was hat er denn sonst
       damit sagen wollen?
       
       Kubicki ist ein versierter Politiker, der seine Worte genau abzuwägen weiß.
       Das hat er als Rechtsanwalt gelernt. Warum formuliert er trotzdem einen
       Satz, der nur so zu verstehen ist, wie er ihn nicht verstanden haben will?
       Weil er und seine Partei ganz bewusst mit dem Feuer spielen.
       Selbstverständlich hegen sie keinerlei Sympathien für einen braunen Mob,
       [1][der Menschen durch die Straßen jagt]. Aber sie konkurrieren eben auch
       mit der AfD um die „besorgten Bürger“ in Chemnitz und anderswo. Die sollen
       nicht verschreckt, sondern gewonnen werden. Dafür bedient man sie mit
       Vorliebe mit platten Anti-Merkel-Parolen.
       
       Ein gefährlicher Drahtseilakt, der selbst den klugen Kubicki zu dummen
       Sätzen verleitet. Nicht viel besser fiel die Reaktion von Parteichef
       Christian Lindner aus: „Die Migrationspolitik von Angela Merkel hat unsere
       politische Kultur verändert. Zum Schlechteren“, twitterte er. Aber das sei
       „keine Erklärung und keine Entschuldigung für Hetze, Rassismus oder
       Gewalt“. Nur: Wofür dann?
       
       Aus kühlem Kalkül positioniert Lindner seine Partei bereits seit einiger
       Zeit rechts von der CDU Merkels. Da das Wählerterrain in der linken Mitte
       bereits die „neuliberalen“ Grünen besetzt haben, hat er sich auf das
       Wählerpotenzial aus vorsozialliberalen Zeiten erinnert, als die Partei ihre
       Stimmen auch und gerade im national denkenden Publikum holte.
       
       Wenn angesichts der Vorkommnisse von Chemnitz der [2][Berliner
       FDP-Fraktionsvorsitzende Sebastian Czaja twittert], „Antifaschisten sind
       auch Faschisten“, dann zeigt das, wie die FDP inzwischen auf den Hund
       gekommen ist. Daran ändert auch nichts, dass es gegen solcherlei
       gefährlichen Unfug – wie auch gegen den Kubicki-Satz – Widerspruch in der
       Partei gibt.
       
       Mit solch einem Meinungspluralismus in existenziellen Fragen ist die FDP
       leider kein demokratischer Bündnispartner mehr. Denn ein Liberaler, der
       kein Antifaschist sein will, hat aufgehört, ein Liberaler zu sein.
       
       30 Aug 2018
       
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