# taz.de -- Wegen Weitergabe des Haftbefehls: Dresdner Justizbeamter suspendiert
       
       > Der Mann, der den Haftbefehl durchgestochen haben soll, outet sich in der
       > „Bild“. Seine Tat bereut er offenbar ganz und gar nicht.
       
 (IMG) Bild: Die Staatsanwaltschaft in Dresden hat Ermittlungen aufgenommen
       
       BERLIN taz | Der [1][sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer] hat
       seinen Besuch in Chemnitz am Donnerstag mit einer Ankündigung begonnen: Der
       Skandal um die Veröffentlichung des Haftbefehls gegen die beiden
       mutmaßlichen Chemnitzer Täter werde rasch aufgeklärt. „Die Leute werden zur
       Verantwortung gezogen werden. Das werden wir bald auch sehen“, sagte der
       CDU-Politiker am Donnerstagmittag.
       
       Am Donnerstagabend präsentiert dann allerdings nicht die sächsische
       Polizei, sondern die Bild den mutmaßlichen Täter: Daniel Z., Justizbeamter
       aus Dresden, habe sich bei der Zeitung gemeldet und gestanden, den
       Haftbefehl weitergegeben zu haben, vermeldet diese auf ihrer Website.
       
       Z. präsentiert sich dort als mutiger Whistleblower: „Ich habe gewollt, dass
       die Wahrheit und nur die Wahrheit ans Licht der Öffentlichkeit kommt.“ Ganz
       so, als wären die Informationen ohne sein Handeln für immer geheim
       geblieben. Sollte er wirklich für die Weitergabe verantwortlich sein, droht
       ihm nicht nur die Kündigung, sondern auch ein Strafverfahren.
       
       Z. gibt an, er habe sich an die Bild gewandt, weil er nicht wolle, dass
       andere Menschen wegen der Sache „weiter verfolgt werden“. Es klingt, als
       würde da jemand zu einer Art Märtyrer der rechten Szene werden wollen. Das
       sächsische Innenministerium teilte kurz nach der Veröffentlichung mit, der
       Mann sei suspendiert worden. Weitere Einzelheiten waren zunächst nicht
       bekannt.
       
       Die Staatsanwaltschaft Dresden hatte in der Sache am Mittwoch Ermittlungen
       aufgenommen. Dabei geht es um zwei verschiedene Komplexe: Zum einen um
       Ermittlungen wegen Verletzung des Dienstgeheimnisses, also die Frage,
       [2][wie der Haftbefehl überhaupt die Sicherheitsbehörden verlassen konnte].
       Dazu könne er sich im Einzelnen nicht äußern, da die Ermittlungen noch
       laufen, sagte ein Sprecher am Donnerstag.
       
       Zum anderen sei die Staatsanwaltschaft Dresden in mehreren Fällen wegen der
       Veröffentlichung des Haftbefehls aktiv geworden, sagte der Sprecher, sowohl
       auf Anzeige hin als auch von Amts wegen. Wer amtliche Dokumente eines
       Strafverfahrens veröffentlicht, „bevor sie in öffentlicher Verhandlung
       erörtert wurden oder das Verfahren abgeschlossen ist“, kann nach Paragraf
       353d des Strafgesetzbuchs mit bis zu einem Jahr Haft bestraft werden.
       
       Nach taz-Informationen wird in diesem Zusammenhang auch gegen den
       Pegida-Mitbegründer Lutz Bachmann ermittelt. Bachmann hatte den Haftbefehl
       am Dienstagabend über seinen Kanal auf dem Messenger-Dienst Telegram
       verbreitet. Zuerst hatte die Tagesschau berichtet.
       
       ## Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Bundespolizisten
       
       Noch vor Bachmann hatte am Dienstagabend die Facebook-Seite von Pro
       Chemnitz das Bild veröffentlicht. Auch auf der Seite des AfD-Kreisverband
       Kyffhäuser-Sömmerda-Weimarer Land wurde der Haftbefehl am Dienstagabend
       bereits vor der Veröffentlichung durch Bachmann gepostet. Während Pro
       Chemnitz wenige Stunden später angab, die „Internetpolizei“ habe den
       Beitrag gelöscht, war er bei der AfD am Donnerstagnachmittag immer noch zu
       finden. Die dortige Version ist weitaus weniger geschwärzt, als in der, die
       Bachmann verbreitet hatte, unter anderem sind die vollen Namen der
       Beschuldigten zu lesen.
       
       Auf die Frage in den Kommentaren, woher der thüringische Kreisverband den
       Haftbefehl habe, antwortet dieser: „Die AfD – gewöhnlich gut informiert.“
       Der Kreisverband sowie der thüringische Landesverband waren am Donnerstag
       nicht für Nachfragen zu erreichen.
       
       Auch in Bremen ermittelt die Staatsanwaltschaft. Der Landespolitiker Jan
       Timke, der für die rechte Wählervereinigung Bürger in Wut in der Bremer
       Bürgerschaft sitzt, hatte den Haftbefehl ebenfalls im Internet
       veröffentlicht. Bereits am Mittwoch durchsuchten die Ermittler seine
       Wohnung. Besonders interessant: Timke ist Bundespolizist, auch wenn sein
       Dienstverhältnis aktuell wegen seiner Tätigkeit in der Bürgerschaft ruht.
       
       ## Geringer Ermittlungseifer
       
       In anderen Bundesländern ist der Ermittlungseifer in der Sache offenbar
       weniger ausgeprägt. Davon, dass auch der Berliner AfD-Abgeordnete Ronald
       Gläser den Haftbefehl auf Twitter veröffentlicht hatte, habe die Berliner
       Staatsanwaltschaft keine Kenntnis, sagte ihr Sprecher Martin Steltner am
       Donnerstag auf taz-Anfrage. Dementsprechend seien bislang auch keine
       Ermittlungen eingeleitet worden.
       
       Gläser selbst, der seinen mit den Worten „Anklagen, verurteilen, bestrafen,
       abschieben“ überschriebenen Post später wieder gelöscht hatte, wollte sich
       gegenüber der taz „aus naheliegenden Gründen“ nicht zu der Sache äußern.
       
       Auch der bayerische AfD-Bundestagsabgeordnete Stephan Protschka hatte das
       Dokument geteilt. Die Staatsanwaltschaft Landshut, die aufgrund des
       Wohnorts von Protschka zuständig wäre, hatte darüber bis
       Donnerstagnachmittag nach eigenen Angaben noch keine Kenntnis. Es werde nun
       geprüft, ob ein Vorermittlungsverfahren eingeleitet werde, um Protschkas
       Immunität aufzuheben, sagte ein Sprecher am Donnerstagnachmittag der taz.
       
       30 Aug 2018
       
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