# taz.de -- Alte Punks im Berliner SO36: Groove und Härte der UK Subs
       
       > Die UK Subs sind eine der ältesten und vitalsten britischen Punkbands.
       > Wenn sie auftreten, tanzt und singt der ganze Saal mit.
       
 (IMG) Bild: Wenn die UK Subs spielen, tobt das SO36 in Kreuzberg. Die Aufnahme entstand vor einem Jahr
       
       Zwischen Charlie Harper und die Crowd passt kein Bierdeckel. Ständig
       spricht er Leute in den vorderen Reihen an, kommentiert dieses und jenes,
       reißt Witze und verteilt am Ende Bier. Er muss nur ein Zeichen geben, schon
       stimmt der Saal den Refrain von „Warhead“ an. Und singt unbeirrt und
       präzise getaktet weiter, als Schlagzeug, Bass, Gitarre wieder einsteigen:
       „Warhead, Warhead, Warhead.“
       
       Die UK Subs spielen seit 1979 quasi jedes Jahr im SO36, und es gibt
       vermutlich auf dem Planeten keinen anderen Ort, an dem sie so abgefeiert
       werden.
       
       Charlie Harper wurde am 25. Mai 1944 als David Charles Perez im Londoner
       Stadtteil Hackney geboren und erlernte das Friseurhandwerk, weil die
       Familie meinte, dann könne er allen die Haare schneiden. Er sieht, wie das
       blonde Punkgirl neben mir sagt, aus wie eine Kreuzung aus Elton John und
       Alice Cooper, mit einem Einschlag Uwe Ochsenknecht. Letzteres bestreite
       ich.
       
       Harper trägt seit seiner Punkzeit einen wie mit dem Lineal gezogenen Pony.
       Heute sind seine Haare blondiert. Dazu trägt er Sonnenbrille und
       Lederjacke.
       
       ## Turn it up a lil’ bit
       
       Das andere Urmitglied der Subs, Bassist Alvin Gibbs, trägt Westernhemd,
       Gitarrist Steve Straughan die klassische Marlon-Brando-Jacke, aber in
       Türkis und, wie das Punkgirl neben mir sagt, mit nix drunter, aber das
       glaube ich nicht.
       
       „Stevie, turn it up a lil’ bit“, sagt Charlie zu Steve nach dem zweiten
       Stück. Jamie Oliver, heißt wirklich so, sieht man kaum hinter den Trommeln.
       
       Der Pop-Kanon ignoriert die Subs als zweitrangiges, irgendwie epigonales
       Projekt. Dabei hatten sie mehr Songs in den britischen Charts als Pistols,
       Clash und Damned zusammen. Sie spielen nicht den Besuffski-Polka-Punk
       vieler anderer Nieten-und-Lederjacken-Bands, sondern schöne Harmonien und
       lassen auch in den härtesten, schnellsten und depressivsten Stücken noch
       einen Groove schwingen.
       
       ## Der Mann mit der Mundharmonika
       
       Daran merkt man, dass Harper in den Sixties mit den Stones rumhing und
       selbst eine R&B-Band hatte. Als er Punk entdeckte, weil die Lesbendisco, in
       die er zu gehen pflegte, sich über Nacht in den ersten Punk-Club Londons
       verwandelt hatte, war er schon dreißig. Im SO36 holt er gleich beim zweiten
       Stück seine Mundharmonika aus der Tasche. „Another Kind of Blues“ hieß das
       erste Album von 1979.
       
       Die Subs spielen alle Hits, „Emotional Blackmail“, „C.I.D“, „Stranglehold“,
       „Party in Paris“, „B.I.C.“, „Teenage“ und so weiter. Die älteren Punkfrauen
       lächeln versonnen, die älteren Punkmänner schauen traurig, und vor mir
       küsst ein Punk mit Nietenjacke seine Feundin mit grünem Iro, bevor er sich
       in die pogende Masse wirft.
       
       29 Jan 2019
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ulrich Gutmair
       
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