# taz.de -- Pet Shop Boys jetzt sozialdemokratisch: Was tun mit den Reichen?
       
       > Gegen Betrüger, Populisten, soziale Medien: Das Pop-Duo Pet Shop Boys
       > setzt sich an die Spitze einer kommenden sozialdemokratischen Bewegung.
       
 (IMG) Bild: Polemik gegen Superreiche: Der Clip zu „What are we going to do about the rich?“
       
       Das Universum besteht aus Wellen, und auch die Geschichte der Menschen
       lässt sich in Wellenbewegungen beschreiben. Mal geht’s rauf, mal geht’s
       runter, und wenn man Glück hat, weist die Gesamttendenz nach oben. Die Idee
       der Sozialdemokratie befindet sich derzeit ganz tief unten in der
       Sinuskurve. Das heißt aber auch, dass ihr Comeback bevorsteht. Die Indizien
       mehren sich.
       
       Die Pet Shop Boys, Elder Statesmen des Pop, der als Barometer
       gesellschaftlicher Trends nur selten trügt, haben in der vergangenen Woche
       peu à peu neue Songs veröffentlicht, drei satirische, einen traurigen. In
       der EP „Agenda“ zusammengefasst, zeugen sie von einem angriffslustigen,
       selbstbewussten, sozialdemokratischen Denken, das die Welle des Weltgeists
       reitet.
       
       [1][„What are we going to do about the rich?“] ist das munter vorwärts
       marschierende Stück mit dem größten Hitpotenzial und einer Melodie, die
       sich recht infektiös in die Gehörgänge schraubt. Das Lied ist laut Sänger
       Neil Tennant „eine Art spöttischer Protestsong“, in dem es um die „extrem
       Reichen“ gehe, „Oligarchen und dergleichen“. Also um jenes eine Prozent der
       Weltbevölkerung, das wie einst die Feudalherren die halbe Welt besitzt,
       weswegen im Video zum Song eine alte Filmaufnahme zu sehen ist, in der eine
       barocke königliche Hoheit Orden verteilt. Die Guillotine denken wir uns
       dazu.
       
       Thema sind also jene, die gar keine Steuern zahlen, wie Tennants Kollege
       Chris Lowe ergänzt. Der Song selbst bringt das in der gewohnt
       minimalistischen Manier des britischen Duos auf den Punkt: „They’re
       avoiding paying taxes, while the welfare state collapses.“
       
       ## Weg mit dem neofeudalen Regime
       
       Das ist ein Skandal, der nicht mehr hingenommen werden kann, weil es nur
       zwei Möglichkeiten gibt, legen uns die Pet Shop Boys nahe: Entweder die
       Reste unserer sozialen Demokratie machen demnächst der Tyrannei Platz, oder
       wir fegen das neofeudale Regime hinweg: „They say democracy is simply very
       bad for business, while deploring student protests in the middle of Hong
       Kong.“
       
       Was aufgeschrieben etwas holprig und wie aus dem Handbuch eines
       sozialdemokratischen Agitators klingt, fügt sich gesungen wunderbar in die
       raffiniert-simplen Melodien und Arrangements von Chris Lowe. Die
       Superreichen, die Fußballclubs, Zeitungen und Fernsehsender kaufen, sind
       nur eine Facette des Problems. Den Populismus greifen die Pet Shop Boys in
       [2][„Give stupidity a chance“] an. Im Video ist der Staatsbesuch Nicolae
       Ceaușescus in Nordkorea im Jahr 1978 zu sehen, während Neil Tennant das
       Mantra der Populisten intoniert, die laut „Mut zur Wahrheit!“ rufen, aber
       ständig selber Fake News verbreiten: „Why face the facts, when you can just
       feel the feelings?“
       
       ## Rauf mit den Höchststeuersätzen
       
       Dass die Misere auch mit uns zu tun hat, verhandeln die Pet Shop Boys in
       ihrer dritten sozialdemokratischen Handreichung, [3][„On Social Media“],
       deren Videoclip man sich auf dem Smartphone anschauen sollte, wo er die
       größte Wirkung entfaltet: „While democracy is losing its way, and greed is
       getting greedier, console yourself with a selfie or two and post them on
       social media.“
       
       Also frisch voran, Sozialdemokraten! Hört auf die Agenda der Pet Shop Boys:
       Rauf, rauf mit den Höchststeuersätzen!
       
       14 Feb 2019
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.youtube.com/watch?v=CHMk9WdoFHg
 (DIR) [2] https://www.youtube.com/watch?v=P9jEuHbB0GQ
 (DIR) [3] https://www.youtube.com/watch?v=UuNBJkLLnOs
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ulrich Gutmair
       
       ## TAGS
       
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