# taz.de -- Kommentar Nahles' Rücktritt: Knapp vor der Staatskrise > Mit dem Abgang der SPD-Chefin kippelt die GroKo auf einmal gewaltig. Wer > bei einer Neuwahl mit wem koalieren könnte, steht in den Sternen. (IMG) Bild: Den schäbigen Umgang der SPD mit Entmachteten kennt nach Martin Schulz nun auch Andrea Nahles Es gibt Systeme, die sind lernfähig, und andere, die sind es nicht. Die SPD gehört offenbar zu Letzteren. Anders ist die Unbeirrbarkeit nicht zu erklären, mit der die Partei an dem Glauben festhält, ein immer schnellerer Wechsel an der Führungsspitze und ein immer schäbigerer Umgang mit Entmachteten käme beim Wahlvolk gut an. Das ist nicht der Fall, erfahrungsgemäß. [1][Andrea Nahles hat einen solchen Abgang] nicht verdient, obwohl ihr Ränkespiele selbst nie fremd waren. Nicht einmal ihre grimmigsten Parteifeinde sprechen ihr Sachkompetenz ab, und nur wenige bezweifeln, dass ihr die Zukunft der Sozialdemokratie am Herzen liegt. Wer vor diesem Hintergrund über sie spricht, als sei sie eine Kindfrau, die sich von ihren Mädchenträumen nicht verabschieden kann, disqualifiziert sich selbst. Nun ließe sich all das als internes Problem der SPD abtun – soll die doch ihr Personal verbrennen, wen kümmert’s? – , und sogar deren Sturz in die endgültige Bedeutungslosigkeit würde bei vielen Schadenfreude hervorrufen. Auch bei Linken und Liberalen. Die Sozialdemokratie hat sich eben überlebt. Neue Zeiten, neue große Zeiten. Wenn es denn so einfach wäre. Eine Regierung muss handlungsfähig bleiben. Das ist ein abgedroschener Satz, weshalb kaum jemand hinhört, wenn er fällt. Dennoch ist er wahr. Vor allem in Zeiten internationaler Verflechtungen. Gegenwärtig ist die Bundesregierung nicht handlungsfähig. Wer hat denn ein Mandat für Verhandlungen innerhalb der Koalition? Die SPD steht führungs- und richtungslos in der Landschaft herum. [2][Bei der Union sieht es kaum besser aus]. Auch bei ihr ist die Führungsfrage ja völlig offen. Annegret Kramp-Karrenbauer war bei ihrer Wahl zur CDU-Parteivorsitzenden ein Kompromiss, also zum Erfolg verdammt. Der blieb aus. Nun wird sie kaum zur Kanzlerkandidatin gekürt werden. Aber wenn nicht sie: wer dann? Tja. Neuwahlen? Ja, wahrscheinlich läuft es darauf hinaus. Die Grünen sind im Aufwind, stimmt. Aber 51 Prozent werden sie nicht bekommen. Unterdessen wird die Mehrheitsbildung zwischen demokratischen Parteien schwieriger, wenn nicht gar unmöglich. Die SPD hat jetzt bereits eine neue, noch immer so genannte „Große“ Koalition mit der Union ausgeschlossen. Nett. Vielleicht könnten alle jetzt noch einmal ausdrücklich betonen, wer mit wem unter keinen Umständen. Also, Lindner nicht mit Merkel und die CSU natürlich nicht mit der Linken … weitere Festlegungen werden folgen. Deutschland steht knapp vor einer Staatskrise. Sehr knapp. Der Eindruck verstärkt sich, dass die politische Klasse das schlicht nicht zur Kenntnis nimmt. Oder dass es sie nicht interessiert. Der Vertrauensverlust der Öffentlichkeit ist so erstaunlich nicht. 2 Jun 2019 ## LINKS (DIR) [1] /Ruecktritt-von-Andrea-Nahles/!5599736/ (DIR) [2] /CDU-nach-Ruecktritt-von-Nahles/!5599732/ ## AUTOREN (DIR) Bettina Gaus ## TAGS (DIR) SPD (DIR) Andrea Nahles (DIR) GroKo (DIR) Rücktritt (DIR) Sozialdemokraten (DIR) Sozialdemokratie (DIR) Lesestück Interview (DIR) SPD (DIR) SPD (DIR) Lügenleser (DIR) SPD (DIR) SPD (DIR) SPD (DIR) SPD (DIR) GroKo (DIR) GroKo (DIR) Andrea Nahles ## ARTIKEL ZUM THEMA (DIR) Cohn-Bendit über die Sozialdemokratie: „Sehnsüchte gemeinsam bündeln“ Wie kann sich die Sozialdemokratie retten? Daniel Cohn-Bendit fordert eine Fusion von SPD und Linkspartei – und glaubt an einen grünen Kanzler. (DIR) Kurt Beck über Andrea Nahles: „Die SPD darf kein Wolfsrudel sein“ Kurt Beck hat Erfahrung mit Machtkämpfen innerhalb der SPD. 2008 wurde er gestürzt – und sieht Parallelen zum Rücktritt von Andrea Nahles. (DIR) Erwartungen an die SPD: Schämt euch, Wähler! Die WählerInnen wollen von der SPD die heile Welt – wenn das nicht klappt, wird die Partei zum Abgrund getrieben. Wie eklig ist das und wie regressiv. (DIR) Kolumne Lügenleser: Das Problem heißt CDU Auch wenn es manchmal vergessen wird: Rückständigkeit und Rassismus haben eine Heimat in Deutschland – und in Angela Merkels Partei. (DIR) Kommentar SPD-Krise: Keine Angst vor einer Neuwahl Seit der Entscheidung der SPD, weiter mit der Union zu koalieren, geht es mit ihr abwärts. Jetzt muss die Partei dringend aus der Groko raus. (DIR) Debatte Sozialdemokratie in der Krise: Die SPD muss etwas riskieren Zögerlichkeit, eine tote Sprache, die Groko und keine Ideen für die Zeit jenseits der Volksparteien. Wenn die SPD so weitermacht, verliert sie alles. (DIR) Nach Rücktritt von Andrea Nahles: Dreier um Dreyer Manuela Schwesig, Malu Dreyer und Thorsten Schäfer-Gümbel sollen vorübergehend an die SPD-Parteispitze. Heiko Maas schlägt eine Urwahl und Doppelspitze vor. (DIR) Kommentar Nahles-Rücktritt: Mission impossible Von Nahles werden weniger inhaltliche Fehler als ihre Performance in Erinnerung bleiben. Auch das ist Ausdruck einer machistisch geprägten Partei. (DIR) Nach Nahles' Rücktritt: Union will bei der SPD bleiben Die CDU demonstriert öffentlich den Dreiklang von Partei, Unionsfraktion und Kanzleramt: Sie möchte die große Koalition fortführen. (DIR) Kommentar CDU in der Groko-Krise: Alles, nur keine Neuwahl Die Ankündigung von Nahles' Rücktritt war noch nicht verhallt, da kamen schon Groko-Beteuerungen der Union. Die CDU ist nervös. (DIR) SPD-Abgeordneter über Nahles' Rücktritt: „Eine Doppelspitze ist das Beste“ Den SPD-Politiker Axel Schäfer überraschte Nahles' Ankündigung nicht. Er sieht Manuela Schwesig und Stefan Weil als NachfolgerInnen an der SPD-Spitze.