# taz.de -- Senat beschließt Diesel-Fahrverbote: Theoretisch gut, praktisch nicht
       
       > Ohne realistische Möglichkeit, Umwelt-Ignoranten zu bestrafen, kann der
       > neue Luftreinhalteplan der rot-rot-grünen Landesregierung nicht wirksam
       > sein.
       
 (IMG) Bild: Schilder wie dieses auf dem Bild aus Mainz soll es künftig auch in Berlin geben
       
       Senatorin Günther setzt also auf Einsicht bei den
       Diesel-Durchfahrtverboten. Den Betroffenen, so sinngemäß ihre Sichtweise,
       liege doch selbst etwas an sauberer Luft, und darum würden sie dort, wo
       künftig keine Auto mit Dieselantrieb mehr unterwegs sein sollen, auch
       tatsächlich nicht mehr fahren. Und das soll sogar ohne die Aussicht
       funktionieren, andernfalls spürbar dafür bestraft zu werden und nicht nur
       mit bescheidenen 25 Euro.
       
       Ohne zynisch werden zu wollen: breite Einsicht in die Notwendigkeit, das
       eigene Verhalten zu ändern? Da lebt die Senatorin auf einem anderen
       Planeten. Gäbe es dieses mitverantwortliche Denken, dann erübrigten sich
       viele Verbote, Gesetze und Strafandrohungen. Es bräuchte weder die
       Straßenverkehrsordnung noch das Strafgesetzbuch, die Zehn Gebote oder
       Überlegungen, Flüge teurer zu machen. Jüngstes Beispiel: die medial viel
       diskutierte, aber im Ferienalltag mit abermals wachsenden Passagierzahlen
       nicht spürbare Flugscham.
       
       ## Einsicht ist nicht erkennbar
       
       Dass das mit dem vielen Kerosin für die Triebwerke alles andere als toll
       ist, hält leider viel zu wenige davon ab, selbst nicht Richtung
       Übersee-Strand zu fliegen, sondern den Zug an die Adria zu nehmen oder zu
       viert das Auto. Wofür es dann alle möglichen Ausreden gibt bis dahin, man
       tue mit dem Fernurlaub schließlich etwas zur Völkerverständigung.
       
       Ein Durchfahrtverbot macht nur Sinn, wenn es realistisch ist, Verstöße
       ahnden zu können. Das aber bedarf Erkennbarkeit und genug Personal bei der
       Polizei. Beides ist nicht gegeben. Wenn auf Bundesebene derzeit eine
       Plakette analog der zur Umweltzone nicht durchsetzbar ist, hätte Berlin
       eine landeseigene auf den Weg bringen müssen.
       
       Eine Plakette nur für Berlin – 1,4 Millionen wären hier nötig – halte sie
       „für nicht administrierbar“, sagte Günther. Auswärtige, Pendler, sie alle
       würden von einer solchen Landesplakette nicht erfasst. Stimmt, dafür aber
       die, die die ganz, ganz große Mehrheit ausmachen, nämlich Berliner
       Fahrzeuge. Und das würde der unterbesetzten Polizei zumindest eine Chance
       geben, die Einhaltung des Verbots zu überwachen.
       
       ## Verlorene eineinhalb Jahre
       
       So aber bleibt das Durchfahrtverbot reine Theorie. Es demonstriert zwar
       nach außen hin guten Willen des rot-rot-grünen Senats, den Vorgaben des
       Gerichtsurteils aus dem vergangenen Herbst nachzukommen, wird absehbar aber
       nicht genug verändern an den Stickstoffdioxidwerten. Das für diesen Fall
       angekündigte Nachsteuern nach einer Überprüfung im Jahr 2021 mag dann
       vielleicht weiterhelfen – doch bis dahin werden weitere eineinhalb Jahre im
       Kampf um sauberere Luft verloren sein.
       
       Die anderen Maßnahmen des Luftreinhalteplans – Parken teurer machen, um
       Fahrzeuge aus der Innenstadt rauszuhalten, mehr auf Tempo 30 zu setzen und
       die landeseigenen Fahrzeuge umweltfreundlicher zu machen, vor allem die
       Busse der BVG –, sie verblassen leider, weil die Fahrverbote als
       meistdiskutierter Punkt reine Theorie bleiben.
       
       23 Jul 2019
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Stefan Alberti
       
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