# taz.de -- Massaker in El Paso: Manifest des rechten Terrors
       
       > Der mutmaßliche Täter von El Paso stützt sich auf Schriften, die in der
       > Nazi-Szene verbreitet sind. Auch in Europa sind die Texte bekannt.
       
 (IMG) Bild: Die Polizei bringt Licht ins Dunkel: Der Attentäter von El Paso las weitverbreitete Nazi-Texte
       
       BERLIN taz | Alles deutet darauf hin, dass das „Manifest“, das nur kurz vor
       dem [1][Angriff des mutmaßlichen Schützen Patrick C. auf einen Supermarkt
       in El Paso] ins Netz gestellt wurde, tatsächlich von ihm stammt. Die
       britische Investigativgruppe Bellingcat bestätigte die Aussagen der Polizei
       von El Paso, die erklärt hatte, das Dokument, das auf der Internetplattform
       8chan hochgeladen wurde, für authentisch zu halten. Dafür spricht der
       Zeitpunkt der Veröffentlichung vor Beginn der Tat, die korrekte Benennung
       der Tatwaffe – das Sturmgewehr WASR-10, eine zivile und in den USA legal
       erhältliche Version des militärischen AK-47 – und ein weiteres angehängtes
       Dokument, das ebenjenen Patrick C. identifiziert, der sich nach seiner Tat
       den Polizeikräften stellte.
       
       Die knapp vier Seiten des „Manifests“ belegen, dass die Aussagen des
       texanischen Gouverneurs Gregg Abott, der bei einer Pressekonferenz Stunden
       nach der Tat „psychische Probleme“ des Täters suggerierte, komplett ins
       Leere gehen.
       
       Er habe, schreibt C., die Hispanic-Community gar nicht im Visier gehabt,
       bevor er „Der große Austausch“ gelesen habe, jenes 2011 erschienene
       Pamphlet des französischen Philosophen Renaud Camus, das für Europa und
       Nordamerika einen Bevölkerungsaustausch prognostiziert, der zum Untergang
       der Weißen führen werde. In Deutschland wurde der Band im Verlag des
       völkisch-neurechten Vordenkers Götz Kubitschek veröffentlicht – es kann
       sicher als einer der wichtigsten Texte aus dem Gründungsfundus der rechten
       Identitären Bewegung gelten.
       
       Kein Wunder, dass sich der österreichische IB-Chef Martin Sellner am
       Sonntag genötigt sah, sich auf Twitter von der Tat von El Paso zu
       distanzieren. Am Dienstag will Sellner vor der US-Botschaft in Wien der
       Opfer gedenken und darstellen, „was ich von solchen Taten und ihren
       Nutznießern halte“. Ihren Nutznießern? Was damit gemeint sein könnte,
       suggerierte schon am Samstagabend der rechte Verschwörungstheoretiker Alex
       Jones auf seiner Seite Infowars.com: Eine solche Tat nutze nur den
       liberalen Eliten und könnte insofern gut vom „Deep State“ initiiert worden
       sein. Ob Sellner das auch so sieht?
       
       ## Die Ideologie hinter dem Angriff ist nicht neu
       
       C.s Gedankenkette in Kurzform: Weder republikanische noch demokratische
       US-Regierungen verhinderten die „Invasion“ von Hispanics aus Lateinamerika,
       weil beide Parteien vom Geld der Wirtschaft gekauft sind, die ein Interesse
       daran haben, die Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt hoch und die Löhne niedrig
       zu halten. Da die Republikaner aber seit Jahren eine migrationsfeindliche
       Rhetorik an den Tag legten, würde die ständig wachsende Bevölkerungsgruppe
       der Latinos bald einheitlich Demokraten wählen, die sich damit auf
       Jahrzehnte die Präsidentschaft sicherten. Die Generation der (weißen)
       Babyboomer trete bald ab, nach derzeitigem Stand würde sie durch Hispanics
       ersetzt. Mischehen würden immer normaler werden, was zum Identitätsverlust
       des Volkes führe. Dagegen helfe nur Abschreckung durch das Umbringen einer
       möglichst großen Zahl von Hispanics.
       
       Bislang ist nicht bekannt, ob C. direkte Kontakte zu rechtsextremen Gruppen
       oder Organisationen in den USA unterhielt. Ganz sicher ist, dass der
       rechtsterroristische Wunsch, durch die möglichst extreme Tat auch eines
       Einzelnen eine [2][Welle von Gewalt] zu inszenieren, die das politische
       System zerstört und letztlich in eine ethnische Säuberung der USA mündet,
       unter US-Nazis und White Supremecists schon sehr alt ist. Aufgeschrieben
       hat es unter anderem der National-Alliance-Begründer und führende
       US-Neonazi William Pierce (1933–2002) in seinem unter Pseudonym
       erschienenen Roman „The Turner Diaries“. Der Text inspirierte den jungen
       Timothy McVeigh so sehr, dass er eine der dort beschriebenen Gewalttaten
       fast exakt kopierte: Heraus kam das Attentat auf das Bundesgebäude von
       Oklahoma City 1995, bei dem 168 Menschen starben.
       
       4 Aug 2019
       
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