# taz.de -- Flüchtlingspolitik der EU: Salvini blockt mögliche Lösung
       
       > Italiens Innenminister will keinen EU-Verteilmechanismus für Geflüchtete.
       > Er wünscht sich einzig und allein die hermetische Schließung der Grenzen.
       
 (IMG) Bild: Italiens rechter Innenminister Salvini will mit aus Seenot Geretteten nichts zu tun haben
       
       ROM taz | Es ist schon merkwürdig. Da lud Frankreichs Präsident Emmanuel
       Macron die Innen- und Außenminister aus 15 EU-Staaten am Montag zu einem
       Gipfel ein, um endlich eine Europäisierung der Flüchtlingspolitik im
       Mittelmeer anzuschieben und so vorneweg Italien zu entlasten. Doch
       ausgerechnet Italiens Innenminister Matteo Salvini reiste gar nicht erst
       an, obwohl er immer wieder moniert, seine Land sei bisher „alleingelassen“
       worden.
       
       Das wirkt paradox – ist es jedoch mitnichten. Gleich nach Abschluss des
       Gipfels teilte Salvini auf Facebook mit, da sei es wieder nur darum
       gegangen, dass „Italien das Flüchtlingscamp Europas bleibt“. Italien aber
       habe „sein Haupt erhoben“, es nehme keine Befehle an: „Wenn Macron über
       Migranten diskutieren will, kann er gerne nach Rom kommen.“
       
       In der Tat sind es zwei Punkte, die Salvini sauer aufstoßen. Erstens
       unterstreicht Paris, unterstreicht aber auch Berlin immer wieder, dass die
       Seenotrettung durch NGOs im Mittelmeer ein humanitärer Akt ist, und
       zweitens soll am Prinzip des „nächstgelegenen sicheren Hafens“ festgehalten
       werden – das aber sind die Häfen Italiens und Maltas.
       
       Beide Prinzipien hatte Salvini jedoch in den letzten Monaten gekippt. Den
       NGOs – „Komplizen der Schleuser“ – sucht er mit allen Mitteln das Handwerk
       zu legen, die Häfen des Landes hat er für Flüchtlingsschiffe geschlossen.
       Und auch die versprochene „Europäisierung der Flüchtlingspolitik“ kann ihn
       davon nicht abbringen.
       
       ## Salvini bleibt sich treu
       
       Dies macht das von Italien und Malta verfasste Papier deutlich, mit dem
       Salvini letzte Woche zum Gipfel der EU-Innenminister nach Helsinki gefahren
       war. „Der systematischen Aktivität, Ausländern in Gewässern beizustehen,
       die unter die Kompetenz von Drittstaaten fallen, muss sofort ein Ende
       gesetzt werden“, heißt es dort.
       
       Mit anderen Worten: Die Tätigkeit der Rettungsschiffe in der – sehr weit
       ausgedehnten – libyschen „Such- und Rettungszone“ soll unterbunden werden;
       allein Libyen wäre zuständig. Und wenn doch Migranten an Bord von Schiffen
       kommen, sollen die nicht nach Europa gelangen, sondern in „Drittstaaten“
       nahe den Herkunftsländern, sprich in Afrika untergebracht werden, um von
       dort Asyl zu beantragen.
       
       Salvini bleibt sich also treu: Nicht die Europäisierung der
       Flüchtlingspolitik will er, sondern deren völlige Einstellung. Schon in der
       vergangenen Legislaturperiode des Europäischen Parlaments fehlten die
       Lega-Abgeordneten bei fast allen Ausschusssitzungen, auf denen die Revision
       des Dublin-Regimes diskutiert wurde. Und Salvini selbst schwänzte seit
       seinem Amtsantritt am 1. Juni 2018 sechs von sieben
       EU-Innenministergipfeln, ehe er sich dann letzte Woche in Helsinki wieder
       einmal sehen ließ.
       
       „Wenn man nicht teilnimmt, erreicht man nie etwas“, bemerkte Macron am
       Montag bissig, doch das tropft an Salvini ab, der das Pariser Treffen zum
       Flop erklärte. Denn er will, ganz wie Ungarns Regierungschef Viktor Orbán
       und seine anderen Freunde aus den Visegrád-Staaten, ja nichts „erreichen“,
       er will keine neuen Mechanismen außer diesen einen: die hermetische
       Schließung der Grenzen.
       
       23 Jul 2019
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Michael Braun
       
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