# taz.de -- Podcastkritik „schon gehört?“: Instagram zum Anhören
       
       > Promipodcasts sind oft so wie die Podcasts von früher, vor dem Hype: im
       > Prinzip belanglos. So auch „Ja, ja, nee nee“ von Stuckrad-Barre und
       > Bauer.
       
 (IMG) Bild: Benjamin von Stuckrad-Barre und Jasna Fritzi Bauer podcasten über… alles
       
       Was vor einer Internetdekade, also vor etwa zwei Jahren, noch Instagram
       war, sind heute Podcasts. Wer etwas auf sich hält, erzählt regelmäßig in
       ein Mikrofon hinein, wie es ihr oder ihm gerade so geht und was sie oder er
       so zu diesem und jenem denkt. Dieses Prinzip trifft natürlich nur auf einen
       Teil von Podcasts zu, aber immerhin auf eine wachsende Sparte: die
       Promi-Podcasts.
       
       Charlotte Roche hat einen, Palina Rojinski auch, Katrin Bauerfeind, Oliver
       Polak, Micky Beisenherz, Jan Böhmermann und Olli Schulz ja sowieso. Das
       neueste Promi-Podcast-Duo sind [1][Jasna Fritzi Bauer] und [2][Benjamin von
       Stuckrad-Barre]. Sie: 30, Schauspielerin („Axolotl Overkill“). Er: 49,
       Provokateur, Journalist, Autor („Soloalbum“, „Panikherz“).
       
       „Ja, ja, nee, nee“ heißt der Podcast, in dem Bauer und von Stuckrad-Barre
       eine gute Stunde über die banalen Fragen des Alltags reden: Gehst du aus?
       Sollte man an einer Bar stehen oder sitzen? Wie viel Prozent Akkuladung hat
       dein Handy noch? Was ist der Unterschied zwischen Limetten und Limonen?
       Gehst du ans Telefon, wenn es klingelt?
       
       „Ja, ja, nee, nee“ ist also in gewisser Weise ein Ur-Podcast, einer, der
       dem Prinzip entspricht, mit dem die ersten Podcasts Anfang der 2000er
       gestartet sind: Menschen quatschen. Meist nicht besonders stringent, dafür
       detailreich und banal. Früher saßen in diesen „Laberpodcasts“ irgendwelche
       Leute, die Bock und Technik zum Podcasten hatten, heute sitzen dort vor
       allem Promis.
       
       ## Einigkeit und Rechthaben und Freiheit
       
       Das kann gut funktionieren, wie „Paardiologie“ zeigt, wo [3][Charlotte
       Roche und ihr Ehemann Martin Keß] über ihre Beziehung, Sex und Treue,
       Männer und Frauen reden.
       
       „Ja, ja, nee, nee“ von Bauer und Stuckrad-Barre erreicht so ein Niveau
       allerdings nicht einmal annähernd. Nicht, weil die beiden nicht über
       Intimes reden, sondern weil sie an Belanglosigkeit kaum zu übertreffen
       sind. Der Podcast sei ein Angebot für „Freunde des intelligenten Dialogs“,
       hatte Spotify angekündigt, gemacht von „zwei Querdenkern ihrer
       Generationen“. Dabei zeigt sich nach den ersten Folgen, dass die beiden so
       quer gar nicht denken.
       
       In vielem sind sie sich sehr einig: Ausgehen – super. Menschen, die in der
       Büro-Küchen ihren Namen auf ihren Joghurt schreiben – schlimm.
       Aktenvernichter – toll. Hochzeiten – furchtbar. Die beste Zeit zum
       Taxifahren: zwischen Mitternacht und eins.
       
       Und: Für die eigene Familie muss man sich schämen. Immer.
       
       Die meisten dieser Urteile stammen von Stuckrad-Barre, Bauer pflichtet ihm
       meist bei. Nun könnte man einwenden, dass es bei Stuckrad-Barre noch nie um
       die große Erkenntnis ging. Er ist Schriftsteller, Theatermacher,
       Egozentriker, mit einem provokant-weirden Blick auf die Gegenwart.
       
       ## Podcasts können intim sein – müssen aber nicht
       
       Wenn er also behauptet, sein Schreibtisch sehe aus wie ein Drogenklo, dann
       könne man das doch mit ein bisschen Ekel als Witz hinnehmen. Das Problem
       ist nur, dass die Mischung aus Hedonismus und Zynismus, mit der er und
       Bauer die Welt beschreiben, so erwartbar und banal geworden ist. Sie
       gehören heute zum Repertoire vieler Großstadt-People, die – klar – ihr
       Leben nicht 9-to-5 vergeuden. Denen Überheblichkeit und „Mir alles
       scheißegal“-Haltung zum Motto geworden sind.
       
       Das zumindest ist das Bild, das Stuckrad-Barre und Bauer von sich
       entwerfen. Ob es stimmt, keine Ahnung. Denn auch das gehört nach „Ja, ja,
       nee, nee“ zur Erkenntnis über den Promi-Podcast: Podcasts können ein extrem
       intimes Medium sein, müssen sie aber auch nicht. Sie sind eben nicht, wie
       oft behauptet wird, eine digitale Form von Radio.
       
       Sie sind ein weiteres soziales Netzwerk. Instagram zum Anhören quasi. Und
       jetzt raten Sie mal, was sie auf den Instagram-Profilen von Stuckrad-Barre
       (32.000 Abonnenten) und Bauer (24.6000 Abonnenten) zu sehen bekommen.
       
       29 Aug 2019
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
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