# taz.de -- Rapperin Sookee geht auf Abschiedstour: Feminismus wurde ein Business
       
       > Die feministische Künstlerin Sookee mag keinen mehr Rap machen – sondern
       > Musik für Kinder. Zum Abschied appelliert sie an „soziale
       > Nachhaltigkeit“.
       
 (IMG) Bild: Gut im (Festival-)Geschäft, aber keine Lust mehr darauf: Sookee beim Bergfunk Open Air 2019
       
       Die selbsterklärte [1][„Quing of Berlin“] dankt ab. Vor wenigen Tagen hat
       die Rapperin Sookee [2][auf Instagram bekannt gegeben], ihre
       HipHop-Karriere beenden zu wollen. Seit fast 15 Jahren macht Nora Hantzsch,
       wie Sookee wirklich heißt, Musik zwischen Grime, Trap, Boom-Bap oder auch
       Pop mit feministischen Lyrics und Beats, die ihr in der Vergangenheit
       häufig politisch gleichgesinnte Kolleg*innen wie Danger Dan von der
       Antilopen Gang bastelten.
       
       Eine Ausnahmeerscheinung ist sie dabei – obwohl sie mit Künstler*innen wie
       Kobito eine kleine, dezidiert linke „Zeckenrap“-Szene hinter sich hatte –
       immer geblieben. Zwar feierten sie viele als Antidot zum grassierenden
       Mackertum im Deutschrap. In der Kritik stand Sookee aber nicht nur bei
       Rechten und Traditionalisten, die ein Problem mit einer feministischen,
       antikapitalistischen Rapperin hatten. Auch von links wurden ihre Tracks, in
       denen „queere Tiere“ oder die Frauenrechtlerin Olympe de Gouges auftauchen,
       [3][hier und dort als zu akademisch bezeichnet]. Das ist viel Gegenwind für
       eine einzelne Person.
       
       Trotzdem gibt Sookee nicht dem Rap-Geschäft die Schuld am Ende ihrer
       Karriere, sondern dem Geschäft im Allgemeinen, der kapitalistischen
       Verwertungslogik. „Feminismus ist ein Business geworden“, schreibt Sookee
       in ihrem Post. Ihre Utopie von einer emanzipatorischen Kultur sei drauf und
       dran, davon verschlungen zu werden, noch bevor sie es überhaupt vom Kokon
       zum Schmetterling geschafft habe.
       
       ## Keine Lust mehr, die ewige Antagonistin zu sein
       
       Sie wolle sich nicht mehr einer Industrie zur Verfügung zu stellen, die
       ihre Antagonistin braucht, sagt Sookee im Interview mit dem
       „Deutschlandfunk“ – „und ich habe kein Interesse mehr daran, mich
       irgendwelchen Bausas, GZUZs und sonst irgendwelchen durchgeknallten
       Turbokapitalisten, die auch nur Spielbälle im Spiel anderer
       Turbokapitalisten sind, mit meinen Energien zur Verfügung zu stellen.“
       
       Ein Problem, dem sich auch andere Kolleginnen stellen müssen – wenn sie
       sich überhaupt in der Antagonistinnen-Rolle sehen. Mit Künstlerinnen wie
       [4][Haiyti], Loredana, Shirin David und den Ex-SXTN-Mitgliedern Juju und
       Nura sind zwar aktuell viele Künstlerinnen im Rap erfolgreich; Sookees
       ästhetischen und inhaltlichen Ansatz verfolgen alle Genannten nicht. In
       ihrer jungen Tradition stehen eher die Musikerin, Autorin und trans
       Aktivistin FaulenzA oder die Rapperin Lena Stoehrfaktor, die schon ähnlich
       lange wie Sookee im Geschäft ist.
       
       Aber noch bleibt Sookee ihren Fans erhalten: Ihr Farewell wird ein Abschied
       auf Raten. Anfang 2020 geht sie auf eine letzte Tournee. Und auch Musik
       will sie weiterhin machen: Unter dem Alias Sukini veröffentlichte sie mit
       „Schmetterlingskacke“ jüngst ein [5][Album mit Kindersongs], dem weitere
       folgen sollen. Sookees Abschied endet mit einem Appell an „soziale
       Nachhaltigkeit“: Statt sich für die gute Sache zugrunde zu richten, statt
       trotz Erschöpfung weiterzumachen, will sie lieber verfolgen, was ihr gut
       tut. Ob einen Sookees Musik erreicht oder nicht – ihr Abschied aus Prinzip
       ist ein eigensinniges, wahrhaftiges Statement, ein Plädoyer dafür, nicht
       auf Verschleiß zu fahren.
       
       16 Dec 2019
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Sookee/!t5293600
 (DIR) [2] https://www.instagram.com/p/B5r9_B9ooES/
 (DIR) [3] /Rapperin-ueber-Gesellschaftskritik/!5390015
 (DIR) [4] /Rapperin-Haiyti/!5604356
 (DIR) [5] /Sookee-aka-Sukini-rappt-fuer-Kinder/!5627055
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Julia Lorenz
       
       ## TAGS
       
 (DIR) HipHop
 (DIR) Sookee
 (DIR) Feminismus
 (DIR) HipHop
 (DIR) Musik
 (DIR) Radio
 (DIR) HipHop
 (DIR) HipHop
 (DIR) Debütalbum
 (DIR) Pop
 (DIR) Rap
 (DIR) Lesestück Interview
 (DIR) Sookee
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Petition der Woche: Einmal noch SXTN live erleben!
       
       Das HipHop-Duo SXTN hat feministische Themen in den oft misogynen
       Deutschrap gebracht. 2018 löste sich SXTN auf. Eine Petition fordert ein
       Comeback.
       
 (DIR) Neues Album „Sui Sui“ von Haiyti: Es reimt sich auf Louis Vuitton
       
       Ronja Zschoche alias Haiyti ist eine Sphinx des Deutschrap. Ihr neues Album
       „Sui Sui“ steckt einmal mehr voller Widersprüche.
       
 (DIR) Initiative fordert Radio-Quote: Deutsches Liedgut first
       
       „Deutsche Künstlermanager“ fordern eine „Radio-Quote für heimische
       Künstler“. Was bringt das? Wohl eher den musikalischen Dexit als mehr
       Vielfalt.
       
 (DIR) Abschiedskonzert von Rapperin Sookee: Von Doris bis Klitoris
       
       Sookee, queerfeministische Deutschrap-Pionierin, spielte im Berliner
       „Astra“ am Sonntag ihr letztes Konzert. In Zukunft macht sie HipHop für
       Kinder.
       
 (DIR) Antilopen Gang mit Symposium: Diskursives Aufmuskeln
       
       HipHop als Punk im Punk: Die Antilopen Gang lud anlässlich ihres neuen
       Albums „Abbruch Abbruch“ in Berlin zu einem Symposium.
       
 (DIR) Album „Modus Vivendi“ von 070 Shake: So dringlich, so desinteressiert
       
       Die Musikerin Danielle Balbuena betreibt mit ihrem Projekt 070 Shake die
       Transformation von Rap zu Pop. Ihr Debütalbum hat Rotz und Attitude.
       
 (DIR) Porträt der Sängerin Balbina: Liebe zur Opulenz
       
       Balbina phrasiert kühn wie noch nie. Sie ringt ihrer Stimme eine ungekannte
       Abgründigkeit und Stärke ab in ihrem neuen Album „Punkt“.
       
 (DIR) Feministischer Sprechgesang aus Bayern: Emanzipiert dank Beatboxing
       
       Die Münchnerin Lisa Hollik jobbte als Rikscha-Fahrerin und studierte
       Dolmetschen. Ihre wahre Berufung? Der Rap. „Lisaholic“ im Porträt.
       
 (DIR) Musikerin über die Vulva als Symbol: „Das schließt Transfrauen aus“
       
       Auch ein Penis könne ein weibliches Genital sein, sagt FaulenzA. Ein
       Gespräch über Transweiblichkeiten und die Probleme mit dem Vulva-Kult.
       
 (DIR) „Spuck auf rechts“: Aktueller denn je
       
       Sookee rappt engagiert gegen Hass und Diskriminierung. Jetzt löschte
       Youtube eins ihrer Videos – wegen angeblicher Hassrede.