# taz.de -- Thüringens neuer Ministerpräsident: „Keine Mehrheit mit der AfD“
       
       > Vor seiner Wahl wollte Thomas Kemmerich nicht mit der AfD
       > zusammenarbeiten. Nun haben rechtsextreme Stimmen ihn ins Amt befördert.
       
 (IMG) Bild: Thomas Kemmerich nach der Wahl
       
       BERLIN taz | St. Gangloff im Thüringer Wald, wenige Tage vor der
       Landtagswahl. Die FDP hat ins Gemeindehaus des 1.200-Seelen-Dörfchens zu
       einer Veranstaltung gegen Windräder eingeladen, ein Thema, das die AfD
       besetzt hat. Der FDP-Spitzenkandidat Thomas Kemmerich kommt zu spät, wird
       aber freundlich empfangen. „Wir wollen dafür sorgen, dass kein Grüner ins
       Landwirtschaftsministerium kommt“, ruft er.
       
       Der Raum ist voll, unter den Anwesenden sind etliche
       Klimalwandelleugner*innen und Gegner*innen der Grünen, die für den Ausbau
       der Windkraft verantwortlich gemacht werden. Kemmerich kommt gut an. Er
       wettert gegen die „Klimahysterie“ und die [1][Fridays-for-Future-Bewegung].
       „16-jährige Gören erklären einem die Welt“, ruft er empört und erntet
       Applaus.
       
       Am Mittwoch ist Kemmerich nun zum zweiten Ministerpräsident der FDP in der
       Geschichte der Bundesrepublik [2][gewählt worden]. Und er ist der Erste,
       der mit Stimmen einer AfD-Landtagsfraktion ins Amt gewählt wurde.
       
       Die FDP und mit ihr Kemmerich hatte vergangenen Sommer in Thüringen einen
       scharfen [3][Anti-links-Wahlkampf] geführt. Generalsekretärin Linda
       Teuteberg sprach von der Linken als der „SED und ihren
       Nachfolgeorganisationen“. Kemmerich hatte noch vor den Wahlen in einem
       Brief an Christian Lindner eine deutliche Abgrenzung von linksliberalen
       Positionen in der Partei gefordert. Damit schafften sie es denkbar knapp in
       den Landtag.
       
       ## Nicht auf AfD bauen – dann aber doch
       
       Bei den ersten Hochrechnungen rutschte die FDP unter die 5-Prozent-Hürde.
       Erst die letzten, städtischen Wahlkreise sicherten den Sprung darüber und
       damit in den Landtag. Der 54-jährige Kemmerich, der in Erfurt und Weimar
       lebt und arbeitet, ist seit 2015 Landeschef der Freidemokraten und führt
       die fünfköpfige Landtagsfraktion an. Von 2017 bis 2019 war er Mitglied im
       Bundestag.
       
       Am Mittwochabend vor der Wahl des Ministerpräsidenten sagte er in einem
       Interview des MDR: „Wir suchen keine Mehrheit mit der AfD.“ Nun hat er
       gefunden, was er nicht gesucht hat.
       
       Die Strategie seiner Partei beschrieb er so: Sollte die AfD im dritten
       Wahlgang einen Kandidaten vorschlagen, würde die FDP das ebenfalls tun. Das
       sei „die Aufgabe der bürgerlichen Parteien“, grenzte er sich nach rechts
       ab. Er wolle nicht den Eindruck erwecken, auf die AfD aufzubauen. Nun ist
       aber genau das passiert.
       
       ## Gewählt ohne Mehrheit im Parlament
       
       Im gleichen Interview sagte er auch, dass dieser Vorschlag keine Mehrheit
       im Parlament habe. Die AfD-Fraktion stimmte offenbar geschlossen für den
       FDP-Kandidaten. Kemmerich nahm die Wahl direkt im Anschluss an.
       
       Seit 2015 ist Kemmerich Landesvorsitzender der FDP Thüringen und seit 2019
       Vorsitzender der FDP-Fraktion des Freistaats. Der Vater von sechs Kindern
       wurde 1965 in Aachen geboren und studierte Rechtswissenschaften in Bonn.
       Seit 2011 ist er Mitglied im Verband kinderreicher Familien Deutschland.
       
       Im Thüringer Wald, kurz vor der Landtagswahl, zieht Kemmerich seinen
       Anti-links-Kampf durch. „Die Mobilität gehört aufs Land, der Diesel auch“,
       sagt er. Und die FDP? Gehört ab sofort zur AfD. Thomas Kemmerich nimmt das
       zumindest hin.
       
       5 Feb 2020
       
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