# taz.de -- Gedenken in der Rosenstraße: Die Gegenwart der Vergangenheit
       
       > In der Rosenstraße protestierten Frauen 1943 erfolgreich gegen die
       > Deportation ihrer jüdischen Ehemänner. Beim aktuellen Gedenken geht es
       > auch um heute.
       
 (IMG) Bild: Zwei Jugendliche betrachten das Mahnmal der Bildhauerin Ingeborg Hunzinger in der Rosenstraße
       
       Die Straßen sind gesperrt, der Tramverkehr ist unterbrochen. Menschen
       laufen am Donnerstagnachmittag in Berlin-Mitte zur Rosenstraße. Einige
       schweigen, andere unterhalten sich mit gedämpfter Stimme. Zum Gedenken an
       die Rosenstraßen-Proteste vor 77 Jahren machen sie einen Schweigemarsch von
       der Großen Hamburger Straße bis zur Rosenstraße. Am 27. Februar 1943 wurden
       mehrere Tausend Juden und Jüdinnen festgenommen und im ehemaligen
       Wohlfahrtsamt der Jüdischen Gemeinde in der Rosenstraße 2–4 inhaftiert.
       
       „Männer in langen Ledermänteln und Stiefeln kamen frühmorgens und haben
       meinen Vater abgeholt“, erzählt Sylvia Diefenbach. Sie war fünfeinhalb, als
       die Männer verhaftet wurden. Ihre Mutter und viele andere Frauen
       demonstrierten tagelang gegen die Deportationen. Ab dem 6. März 1943 wurden
       die Männer nach und nach freigelassen. Als ihr Vater nach Hause kam,
       erzählte er, dass die Wärter gesagt hätten: „Dieses Mal lassen wir euch
       laufen, nächstes Mal seid ihr dran.“
       
       In der Rosenstraße versammeln sich die Menschen um das Denkmal der
       Bildhauerin Ingeborg Hunzinger. Seit 1995 steht dort der „Block der Frauen“
       zum Gedenken an den mutigen Widerstand. Blumen und Kieselsteine liegen vor
       der mehrteiligen Skulptur. Eva Maleglewi ist mit ihrer Schwester da: „Unser
       Großvater war in der Rosenstraße inhaftiert.“ Besonders heute sei es
       wichtig, an solchen Kundgebungen teilzunehmen, sagt sie: „Man muss ein
       Zeichen setzen gegen rechts.“
       
       In der Rosenstraße wird der Opfer des Holocausts gedacht, aber auch an die
       schrecklichen Ereignisse der letzten Wochen erinnert, an Rassismus, Hass
       und die Morde in Hanau. „Wenn ich mir die Verrohung der Sprache in unserer
       Gesellschaft anschaue, bereitet mir das Angst“, ergreift Uwe Neumärker,
       Direktor der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas, das Wort
       und fährt fort: „Sowohl Halle als auch Hanau sind die Konsequenzen einer
       solchen Entwicklung.“
       
       Auch Berlins Kultursenator Klaus Lederer (Linke) ist gekommen und mahnt:
       „Es reicht nicht, dass wir hier solche Veranstaltungen durchführen.
       Überzeugen müssen wir diejenigen, die nicht hier sind und die es angesichts
       unserer aktuellen Lage in unserem Land immer noch nicht für nötig halten,
       hierherzukommen.“
       
       28 Feb 2020
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Eliane Morand
       
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