# taz.de -- Editorial zum Dossier nach Hanau: Offene Grenzen
       
       > Eine Allianz aus Wutbürgern und rechten Ideologen hat 2015 die Grenzen
       > geöffnet – für bis dahin nicht Sagbares
       
 (IMG) Bild: Nicht zur Tagesordnung übergehen: Trauermarsch in Hanau am 23. Februar
       
       Rassisten und Rechtsextreme morden in Deutschland. Das hat nicht mit dem
       NSU angefangen und wird nicht in [1][Hanau] enden.
       
       Sie morden in der Regel nicht ziellos. Der Terror richtet sich zuallererst
       und zuvörderst gegen diejenigen, die eine andere Hautfarbe haben oder
       andere Vorfahren als die selbsternannten Vollstrecker des völkischen
       Gedankens, andere religiöse Bindungen, vielleicht einen anderen Namen.
       Viele haben jetzt Angst, um sich, um ihre Freund:innen oder ihre Kinder,
       viele haben Wut.
       
       Eine Woche nach den Morden von Hanau kommen in der taz [2][Menschen zu
       Wort], die betroffen sind, die wütend sind, andere sind resigniert. Wir
       wollen, dass das gesehen wird, vielleicht sogar begriffen.
       
       Auch gegen andere richtet sich der Terror. Politiker:innen wie Walter
       Lübcke, die dem Hass entgegentreten, Menschen und Institutionen, die seit
       Jahren gegen den stärker werdenden Rechtsextremismus, Rassismus und
       Antisemitismus kämpfen, Aktivist:innen von Fridays for Future,
       ungeachtet ihrer Herkunft oder Nachnamen, sie alle werden bedroht und sind
       reelle oder potenzielle Ziele. Die Bedrohungslage ist dabei indes nicht die
       gleiche. Es stehen nicht alle gleich im Fokus.
       
       ## Offener und versteckter Rassismus
       
       Jetzt wird mit altbekannten Rezepten jongliert, zu Recht. Jetzt drücken wir
       unser Entsetzen und unsere Trauer aus, zu Recht. Jetzt verweisen wir auf
       den offenen und versteckten [3][Rassismus in Deutschland], zu Recht. Alles,
       was danach kommt, ist Ratlosigkeit. Dabei hätte man all das seit Jahren
       wissen können und handeln.
       
       Wir müssen über offene Grenzen reden. Nicht Angela Merkel hat 2015 die
       Grenzen geöffnet. Es war eine unheilvolle Allianz aus Wutbürgern und
       rechten Ideologen, die 2015 die Grenzen geöffnet hat, für bis dahin in
       Deutschland nicht Sagbares und nicht Denkbares.
       
       Heute stehen wir an einer kritischen Schwelle. In Chemnitz war zum ersten
       Mal zu sehen, wie Wutbürger:innen und Rechtsextreme offen gemeinsam
       aufgetreten sind. Später marschierten sie Seit an Seit in Berlin. Diese
       Mischung ist zu einer Bedrohung seit Jahrzehnten nicht gekannten Ausmaßes
       herangewachsen. Ein Tobias Rathjen fühlt sich heute als legitimierter
       Vollstrecker einer Geisteshaltung, in der selbst die Nazisprüche eines
       Björn Höcke ihren Platz haben.
       
       Wir wollen und wir können nach dem NSU, nach Kassel, nach Halle, nach Hanau
       nicht zur Tagesordnung übergehen. Wir, die taz, können Rassismus,
       rassistischen Hass und Mord nicht als deutsche Normalität im Jahr 2020
       hinnehmen. Wir brauchen jetzt Ideen, Taten, Gesetze, all das. Und eine
       gesellschaftliche Umkehr. Nicht weniger.
       
       26 Feb 2020
       
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 (DIR) Barbara Junge
       
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