# taz.de -- 100 Kilometer Demoroute für Geflüchtete: Wütend von Landau bis nach Mainz
       
       > Fridays-for-Future-AktivistInnen traten für Geflüchtete in den
       > Hungerstreik. Jetzt folgte ein Protestmarsch durch Rheinland-Pfalz.
       
 (IMG) Bild: Angekommen: In Mainz trafen die AktivistInnen die Landesintegrationsministerin Anne Spiegel
       
       FRANKFURT AM MAIN taz | Vor vier Wochen hatten in Landau in Rheinland-Pfalz
       ein paar junge AktivistInnen von Fridays for Future [1][einen bis zu
       16-tägigen Hungerstreik aufgenommen] – aus Empörung über die
       Gleichgültigkeit, mit der Politik und Gesellschaft über das Elend der
       Flüchtlinge in den griechischen Lagern hinweggehen. Vor zehn Tagen folgte
       der nächste Schritt: Die Gruppe machte sich zu Fuß nach Mainz auf, eine
       Strecke von 100 Kilometer, um in der Landeshauptstadt ihren Forderungen
       Nachdruck zu verschaffen.
       
       Unterwegs trafen sie Stadträte, Bundestagsabgeordnete, Bischöfe und am
       Dienstag schließlich, am Ziel in Mainz, die grüne rheinland-pfälzische
       Integrationsministerin Anne Spiegel. „Auf unserem Weg haben uns Leute
       Quartiere für die Nacht angeboten oder für uns gekocht“, berichtet Antonia
       Widmer über ihre positiven Erfahrungen.
       
       Inzwischen ist die 18-jährige Abiturientin wieder nach Landau
       zurückgekehrt. An der katastrophalen Lage in den Flüchtlingslagern habe
       sich zwar nichts geändert, doch aufgeben komme für sie nicht infrage, sagt
       Widmer. „Wir haben viele Ideen für neue Protestformen. Die diskutieren wir
       am Freitag bei einer Telefonkonferenz.“ Selbst ihre zwölf Tage im
       Hungerstreik bereue sie nicht, auch wenn sie „körperlich sehr
       kräftezehrend“ gewesen seien. Die unterwegs erlebte Solidarität mache Mut,
       so Widmer. Auch wenn am Ende „eine gewisse Hilflosigkeit“ stehe.
       
       Bei ihren Aktionen haben sie vor allem Menschen getroffen, die ihre
       Forderungen unterstützen, berichtet Widmer. So gab es vor dem Dom in Speyer
       eine Begegnung mit dem katholischen Bischof Karl-Heinz Wiesemann und dem
       pfälzischen Kirchenpräsidenten Christian Schad. „Gerade auch, weil uns die
       Coronakrise stark selbst beschäftigt, ist diese Solidarität wichtig“, lobte
       Wiesemann den Protest. „Die Menschen im Lager haben nicht einmal genug
       Wasser, um sich die Hände zu waschen. Sie sind perspektiv- und
       hoffnungslos.“
       
       ## Unterstützung aus der Politik
       
       Auch Schad unterstützte die AktivistInnen: „Ihr fordert zu Recht die
       sofortige Evakuierung der griechischen Flüchtlingslager oder zumindest
       Hilfe vor Ort. Wir stehen als Kirche an eurer Seite!“ Dass die
       Kirchenmänner gemeinsam ein Gebet für die Menschen in den Flüchtlingslager
       sprachen, hat Aktivistin Widmer beeindruckt.
       
       Vorläufiger Höhepunkt der Kampagne waren Mahnwachen in Mainz. Am Montag
       hatte die Landauer Initiative ihre Plakate auf dem zentralen Gutenbergplatz
       aufgestellt, am Dienstag zogen zwei Dutzend AktivistInnen, darunter eine
       befreundete Gruppe aus Trier, vor das Integrationsministerium. Ministerin
       Anne Spiegel nahm sich eine Stunde Zeit, um mit den DemonstrantInnen zu
       sprechen. „Sie war sehr offen und hat zugehört“, erinnert sich Widmer.
       
       Unter den Demonstranten seien auch zwei Flüchtlinge aus Pakistan gewesen,
       die von den prekären Erlebnissen in ihren Unterkünften in Deutschland
       berichtet hätten, so die junge Frau. „Da müssen zehn Menschen in einem
       Zimmer leben, obwohl das eigentlich nicht sein darf. Die Dauer der
       [2][Corona-Quarantänen] sind ohne Begründung über die üblichen 14 Tage
       hinaus ausgedehnt worden.“
       
       Die Haltung der grünen Ministerin zu den Flüchtlingslagern ist bekannt. Im
       April hatte sie die Aufnahme von 50 Flüchtlingskindern und -jugendlichen
       nach Deutschland als „humanitäres Feigenblatt“ kritisiert und
       Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) zum Handeln aufgefordert. In
       Rheinland-Pfalz haben zahlreiche Städte wie Mainz, Trier, Kaiserslautern,
       Ludwigshafen, Speyer und Ingelheim sowie mehrere Landkreise ihre
       Bereitschaft erklärt, mehr Flüchtlinge aufzunehmen, als ihnen regulär
       zugewiesen werden.
       
       Zur Forderung nach einem Landesprogramm für Flüchtlinge, insbesondere für
       die in Griechenland gestrandeten Menschen, sagte Integrationsministerin
       Spiegel: „Der Bund ist hier in der Verantwortung!“ Das Land sei
       „selbstverständlich bereit, einen substanziellen humanitären Beitrag zu
       leisten, um Menschen in Not effektiv und nachhaltig zu helfen.“ Zum
       Protestmarsch sagte Spiegel der taz: „Ich finde es toll, dass junge Leute
       sich für humanitäre Flüchtlingspolitik engagieren und ihren Protest mit
       einem 100 Kilometer langen Marsch zum Ausdruck bringen. Genau diese Art von
       Engagement braucht unsere Gesellschaft.“
       
       27 May 2020
       
       ## LINKS
       
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