# taz.de -- Coronafälle in der Fleischindustrie: Neue Infektionen bei Fleischern
       
       > Ein weiterer Schlachtbetrieb vermeldet massive Infektionen mit dem
       > Coronavirus. Doch die Bundesregierung verschiebt Beratungen über
       > Gegenmaßnahmen.
       
 (IMG) Bild: Auch die Debatte um die Fleischpreise nahm im Vorfeld der Corona-Kabinettssitzung zu
       
       BERLIN/OSNABRÜCK epd/afp/dpa | Eigentlich wollte das Corona-Kabinett der
       Bundesregierung [1][heute darüber beraten], welche Konsequenzen aus den
       Coronavirus-Ausbrüchen in deutschen Schlachtbetrieben gezogen werden. Nun
       allerdings sind die Sitzungen auf Mittwoch verschoben, es gebe noch
       Beratungsbedarf, hieß es aus Regierungskreisen. Wie groß das Problem ist,
       das zeigt ein weiterer massiver Ausbruch des Virus in einem deutschen
       Schlachtbetrieb. 92 Mitarbeiter eines Schlachthofs im niedersächsischen
       Dissen wurden positiv getestet, wie der Landkreis Osnabrück [2][am
       Sonntagabend mitteilte].
       
       Für die infizierten Mitarbeiter der Firma in Dissen und ihre
       Kontaktpersonen wurde Quarantäne angeordnet. Die Produktion in dem
       Schlachthof wurde ausgesetzt. Viele der Infizierten wohnten in
       Sammelunterkünften und würden von Subunternehmen beschäftigt, teilte der
       Landkreis ferner mit. Bereits zuvor waren [3][in mehreren anderen deutschen
       Schlachthöfen] zahlreiche Coronavirus-Infektionsfälle aufgetreten. Auch
       [4][in den USA] gibt es ähnliche Fälle.
       
       In der Sitzung des Corona-Kabinetts, nun am Mittwoch, will
       Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) Vorschläge für eine Änderung des
       Arbeitsschutzgesetzes präsentieren. Berichten zufolge sieht ein
       Beschlussvorschlag ein weitgehendes Verbot von Werkverträgen in
       Schlachthöfen vor.
       
       Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) appellierte an die
       Bundesregierung, eine „grundlegende Reform“ der Fleischindustrie auf den
       Weg zu bringen. Es müsse neue Gesetze und „glasklare Regeln“ für die
       Branche geben, sagte NGG-Vizechef Freddy Adjan den Zeitungen der Funke
       Mediengruppe. Dazu gehöre vor allem das Verbot von Werkverträgen im
       Kernbereich der Unternehmen.
       
       Das System der Werkverträge – also der Beschäftigung von Subunternehmen –
       habe die schlimmsten Zustände in der Branche ermöglicht, beklagte Adjan.
       Die Betriebe dürften das Schlachten nicht mehr „an dubiose Billigfirmen
       vergeben und damit die Verantwortung auslagern“. Die Fleischkonzerne hätten
       „skrupellos die Gesundheit von zehntausenden Menschen gefährdet“.
       
       ## Höhere Fleischpreise?
       
       Vertreter der Fleischwirtschaft sehen das ganz anders. „Mit dem sachfremden
       und politisch fahrlässigen Vorstoß zu einem Verbot von Werkverträgen allein
       in der Fleischbranche ignoriert die Politik die Fakten und stigmatisiert
       unsere Branche“, hatte der Präsident des Zentralverbandes der Deutschen
       Geflügelwirtschaft, Friedrich-Otto Ripke, am Freitag geschimpft.
       
       Auch die Debatte um die Fleischpreise nahm im Vorfeld der
       Corona-Kabinettssitzung zu. Grünen-Chef Robert Habeck bekräftigte seine
       Forderung nach einem Mindestpreis für Fleischprodukte. „Preise für Fleisch
       oder Milch, die unter den Produktionskosten der Bauern liegen, sind
       schlicht eine Schweinerei“, sagte er der Bild.
       
       Die Lockangebote an Verbraucher beim Fleisch legten den Bauern
       „Daumenschrauben“ an und „zerstören alles, was politisch sinnvoll ist“,
       kritisierte der Grünen-Vorsitzende. Wenn von den Bauern gute Arbeit sowie
       Tierschutz und Klimaschutz verlangt würden, müssten sie dafür auch
       entsprechend bezahlt werden.
       
       Auch Unionsfraktionsvize Georg Nüßlein plädierte für höhere Fleischpreise.
       „Der unanständige Preiskampf beim Fleisch ist die Wurzel vieler Übel“,
       sagte der CSU-Politiker der Augsburger Allgemeinen. Er bringe die Landwirte
       in Existenznöte, schade dem Tierwohl und sei für die problematischen
       Arbeitsbedingungen in Schlachthöfen verantwortlich.
       
       Nüßlein sprach sich dafür aus, die Fleischpreise über die Mehrwertsteuer
       anzuheben. Derzeit gilt für Fleisch und Wurst der reduzierte Satz von
       sieben Prozent. Wie hoch die Erhöhung des Steuersatzes für Fleisch
       ausfallen solle, ließ der Fraktionsvize allerdings offen. Die Mehreinnahmen
       müssten direkt an die Landwirte weitergegeben werden, forderte er. Dies
       müsse mit der Auflage verbunden werden, für mehr Tierwohl zu sorgen, etwa
       durch den Bau artgerechter Ställe.
       
       18 May 2020
       
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