# taz.de -- taz-Autor*in bekommt Drohbriefe: Schützenhilfe von der Polizei?
       
       > Die Hamburger Polizei hat Daten von taz-Autor*in Hengameh Yaghoobifarah
       > abgefragt. Kurz darauf erhielt Yaghoobifarah eine Drohmail des „NSU 2.0“.
       
 (IMG) Bild: Datenabfrage: die Frage ist, wer sie macht und zu welchem Zweck
       
       HAMBURG taz | Die Aktivitäten des „NSU 2.0“ werden nicht weniger. [1][Über
       80 Drohungen] wurden bereits per E-Mail, Fax oder SMS versendet. Darunter
       steht ein Absender, der an die rechtsextreme Terrorgruppe
       „Nationalsozialistischer Untergrund“, kurz NSU, anspielt. Auch die
       taz-Kolumnist*in Hengameh Yaghoobifarah wurde in solchen Drohmails erwähnt.
       [2][Recherchen der Süddeutschen Zeitung und des WDR] zeigen nun, dass
       Yaghoobifarahs Daten kürzlich auf einem Computer der Hamburger Polizei
       abgefragt wurden.
       
       „Die Abfragen erfolgten unmittelbar nach Erscheinen der Berichterstattung
       mit dem Titel [3][‚Abschaffung der Polizei – all cops are berufsunfähig‘]“,
       sagt Polizeisprecher Florian Abbenseth der taz. „Ob sie berechtigt oder
       unberechtigt erfolgten, wird aktuell geprüft.“
       
       In der überspitzten Satire legte Yaghoobifarah der Polizei einen Platz auf
       der Mülldeponie nahe – und löste damit [4][eine heftige Debatte] aus.
       Sie*er erhielt daraufhin zahlreiche Drohungen. Auch in einer mit NSU 2.0
       unterschriebenen E-Mail wird Yaghoobifarah kurz nach Erscheinen der Kolumne
       erwähnt.
       
       Ob es einen Zusammenhang zwischen der Polizeiabfrage und denjenigen gibt,
       die Yaghoobifarah bedrohen, ist unklar. Sie*er will nun Anzeige erstatten.
       
       Zuvor war bekannt geworden, dass auch von einem Polizeicomputer im
       hessischen Frankfurt persönliche Daten über ein Opfer des „NSU 2.0“
       abgerufen wurden – Rechtsanwältin Seda Başay-Yıldız. Die Frankfurterin
       erhielt [5][als Erste eine solche Morddrohung].
       
       ## Rechtsextreme Chatgruppe von Polizist*innen
       
       Im NSU-Prozess vertrat sie die Familie von Enver Şimşek, den das Netzwerk
       am 11. September 2000 ermordete. Şimşek war das Erste von neun
       migrantischen Mordopfern des NSU. In einem Drohfax wurde sie „hirntoter
       Scheißdöner“ genannt, dem nicht bewusst sei, was sie „unseren
       Polizeikollegen angetan“ habe. Doch jetzt käme es „richtig dicke für dich,
       du Türkensau“. Auch ihre Tochter wurde in einem Schreiben namentlich
       genannt – und mit dem Tode bedroht.
       
       Başay-Yıldız erstattete Anzeige. Daraufhin fand die Polizei in Frankfurt am
       Main heraus, dass kurz vor dem Versenden des Faxes persönliche Daten der
       Anwältin von einem Computer im ersten Polizeirevier Frankfurt abgerufen
       wurden. Als Ermittler die zum Zeitpunkt eingeloggte Polizeibeamtin
       überprüften, fanden sie zudem eine Chatgruppe von Polizist*innen des
       Reviers, in der einige Kolleg*innen rechtsextreme Inhalte austauschten.
       
       In den vergangenen Monaten bedrohte der „NSU 2.0“ besonders Frauen. Auch
       die Sprecherin für antifaschistische Politik der Linksfraktion im
       Bundestag, Martina Renner, und die Fraktionsvorsitzende der Linken im
       Hessischen Landtag, Janine Wissler, wurden bedroht.
       
       Aus der Bürgerschaft kamen schnell kritische Stimmen zur Verbindung von
       „NSU 2.0“ und Hamburger Polizei. „Sollte sich der Verdacht bewahrheiten,
       müssen wir konkrete Handlungen daraus herleiten“, sagt die Abgeordnete Sina
       Demirhan (Grüne). Das Verhalten einzelner Polizist*innen schädige sonst die
       Beziehung zu Menschen mit Migrationshintergrund. „Jetzt wird sich zeigen,
       was wir aus dem NSU gelernt haben.“
       
       „Der Gedanke, dass Hamburger Sicherheitsbehörden in rechte Bedrohungen
       involviert sein könnten, ist unerträglich“, meint auch der Abgeordnete
       Deniz Celik von der Linken und fordert schnelle Aufklärung. Die „jahrelange
       Weigerung von Rot-Grün zur Einrichtung eines NSU-Untersuchungsausschusses“
       stimme ihn allerdings wenig hoffnungsvoll.
       
       28 Aug 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /NSU-20-Skandal-weitet-sich-aus/!5700668
 (DIR) [2] https://www.tagesschau.de/investigativ/wdr/nsu20-drohmails-105.html
 (DIR) [3] /Abschaffung-der-Polizei/!5689584
 (DIR) [4] /In-eigener-Sache/!5696448
 (DIR) [5] /Drohung-gegen-Anwaeltin-Baay-Yldz/!5626256
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andreas Speit
       
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