# taz.de -- Kunsttips für Berlin: Es geht ums Überleben
       
       > Lauryn Youden gewährt Einblick in das Leben mit Barrieren, Anna Mikkola
       > wiederum entwirft mögliche Lebensformen im fortschreitenden Klimawandel.
       
 (IMG) Bild: Lauryn Youden, Visionary of Knives, 2020, Installationsansicht, Künstlerhaus Bethanien
       
       Es ist einer der Sätze, die derzeit immer wieder zu lesen sind: Eigentlich
       war alles etwas anders geplant. Auch auf Lauryn Youdens Einzelausstellung
       im [1][Künstlerhaus Bethanien] trifft er zu. Unter anderen Umständen würden
       sich deren Besucher*innen anders verhalten, wäre die Ausstellung ein
       anderer Ort, einer des Austauschs und der Begegnung. Die Bücher etwa, die
       von Selbstfürsorge, Körperwahrnehmung und Überlebensstrategien handeln und
       die Youden in zwei Wand-Altären zwischen Heilkräutern, Medikamenten und
       rituellen Gegenständen verteilt hat, waren eigentlich dafür gedacht,
       herausgenommen und gelesen zu werden, ganz gemütlich auf der
       Polsterlandschaft in der Mitte des Raumes.
       
       Youden ist Teil einer queeren Crip-Community, einer aktivistischen
       Gemeinschaft von und für Menschen mit körperlichen, geistigen und
       sensorischen Beeinträchtigungen, Menschen, die aktuell zum eigenen Schutz
       vor Infektionen oft in die Isolation gedrängt werden. Umso dringlicher
       erscheint daher Youdens Thema und ihr Ruf nach mehr Aufmerksamkeit für
       Personen mit Vorerkrankungen.
       
       Oder auch ebensolche nichtmenschlicher Wesen: Zwischen den Altären hängt
       ein kleinerer, hölzerner Schrein. Fotos eines Hundes, um den Youden
       trauert, sind dort angeklebt. „A process of grieving“ (2020) soll an ihn
       und alle in diesem Jahr an Krankheiten verstorbenen Wesen erinnern.
       
       ## Geister des Klimas
       
       Am anderen Ende der Stadt, in der Pariser Straße, ist die kanadische
       [2][Galerie L’Inconnue] vorrübergehend in die alten Räume von Mountains
       eingezogen. Anna Mikkola zeigt dort ihr Video „Ghost in the Climate“, in
       dem Wolken unterschiedlichen, unnatürlichen Ursprungs zu Bildern für die
       zunehmende Unsicherheit im Zusammenhang mit den möglichen Folgen des
       Klimawandels werden.
       
       Claude Monets Momentaufnahmen des Londoner, von Nebel und Luftverschmutzung
       verhangenen Lichts, verknüpft sie dafür mit pseudowissenschaftlichen
       Youtube-Videos von Klimawandelleugnern, mit eigenen Texten und einer
       animierten, quasi lodernden Grafik von den Waldbränden des vergangenen
       Jahres.
       
       Die komplexen Zusammenhänge von Natur und Technologie und deren Wahrnehmung
       sind, was Mikkola umtreibt – und entsprechende Formen von Evolution: In den
       zweiten Raum hat Mikkola laternenartige Objekte gehängt, versehen mit
       zarten Zeichnungen von Pflanzen einer unbestimmten, wohl nicht gerade
       leuchtenden Zukunft, gemorpht aus unterschiedlichen Spezies aus einem
       Herbarium Alexander Humboldts.
       
       Und [3][Mountains]? Die neue Adresse der Galerie befindet sich am
       Rosa-Luxemburg-Platz, in der Weydingerstraße. Eröffnet wurde dort Anfang
       Oktober mit einer Gruppenausstellung. Ihr Titel schließt quasi den Bogen zu
       den beiden vorhergenannten Schauen: „Assisted Survival“.
       
       20 Oct 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.bethanien.de/
 (DIR) [2] https://linconnue.biz/
 (DIR) [3] http://mountains.gallery/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Beate Scheder
       
       ## TAGS
       
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