# taz.de -- Polizeiskandal in Weimar: Druck auf Polizeiführung steigt
       
       > Die taz deckte diverse Vorwürfe gegen Polizeibeamte in Weimar auf, etwa
       > Körperverletzung und Stalking. Nun tagte der Thüringer Innenausschuss
       > dazu.
       
 (IMG) Bild: Fehlerkultur? Fehlanzeige. Aber das soll sich nun ändern
       
       LEIPZIG taz | Der Thüringer Innenausschuss hat am Donnerstagabend über die
       Vorwürfe gegen Polizeibeamte aus Weimar informiert. Zuvor brachten
       [1][taz-Recherchen] neue Missstände in der Polizeistelle zutage. Ein
       Beamter soll sich mehrfach im Dienst der Körperverletzung schuldig gemacht
       haben sowie im Besitz falsch registrierter Waffen gewesen sein und seine
       Ex-Frau gestalkt haben. Ein weiterer Beamter soll zudem für das
       Verschwinden von Betäubungsmitteln verantwortlich sein. [2][Bereits im Mai
       wurden massive Vorwürfe veröffentlicht.]
       
       So schilderten es Beamt:innen der taz zunächst in einem anonymen Brief, ein
       weiterer Polizist bestätigte die Vorwürfe. Ein Schreiben, adressiert an den
       Weimarer Polizeichef René Treunert aus dem Jahre 2019, stützt die Aussagen.
       Treunert soll jedoch, so die Hinweisgebenden, „massiv Druck“ ausgeübt
       haben, damit in der Sache nicht ermittelt werde.
       
       Nun hat der Thüringer Innenausschuss auf Wirken des innenpolitischen
       Sprechers der Linksfraktion, Steffen Dittes, hin über den Fall informiert.
       Dabei wurde bekannt, dass weder die Landespolizeidirektion noch das
       Innenministerium bis zur Anfrage durch die taz von den Vorwürfen gewusst
       hatten. Lediglich über einen strafrechtlich relevanten Vorwurf gegenüber
       dem Beamten Sebastian K. habe die Landesdirektion Kenntnis gehabt.
       
       Erst am vergangenen Freitag trafen sich Treunert und die
       Landespolizeidirektion zu einem Gespräch darüber, nun wird intern zu den
       Vorwürfen ermittelt. Nach Bekanntwerden hatte sich Innenminister Georg
       Maier (SPD) öffentlich geäußert, der Sache nachzugehen.
       
       Keine internen Ermittlungen 
       
       Aus Polizeikreisen wird sich gegen die erhobenen Vorwürfe gewehrt. Am
       Donnerstag hatte der MDR berichtet, die internen Ermittlungen würden „ein
       anderes Bild zeigen“, als es in der taz dargestellt worden sei. Demnach
       habe es „Anfang August 2019 Mitarbeitergespräche mit dem Beamten gegeben“,
       in dem der Beschuldigte Sebastian K. von privaten und psychischen Problemen
       berichtet habe.
       
       Tatsächlich sind diese Informationen jedoch nicht neu: Bereits vergangene
       Woche erklärte Treunert der taz, der Sachverhalt sei „einvernehmlich zu
       einer Lösung gebracht“ worden. Allerdings scheint es zu keinem Zeitpunkt
       interne Ermittlungen gegeben zu haben. Die Hinweisgebenden bestätigten der
       taz, dass sie zu keinem der Vorwürfe gehört wurden. Die
       Landespolizeidirektion gibt wegen laufender Ermittlungen keine Auskunft.
       
       „Auf den Vorwurf einer Beleidigung oder Körperverletzung muss sofort mit
       einem Ermittlungsverfahren reagiert werden, das aufklärt, was passiert
       ist“, sagte Steffen Dittes der taz. „So etwas klärt man nicht mit einem
       Mitarbeitergespräch. Die entscheidende Frage ist also: Warum ist das nicht
       passiert?“
       
       Linke fordern mehr 
       
       Diese Frage wird der Innenausschuss nun klären müssen. Zur nächsten Sitzung
       am 3. Dezember wird das Thema erneut auf der Tagesordnung stehen. Der
       Thüringer Innenminister Georg Maier sagte zur taz, es sei ihm „ein
       dringendes Anliegen, dass es eine gute Führungskultur innerhalb der Polizei
       gibt.“ Die Hinweise nehme man sehr ernst, den Vorwürfen werde nachgegangen.
       
       Schon zuvor habe er ein Treffen der Führungskräfte anberaumt, in dem er für
       eine offene Fehlerkultur warb. Außerdem kündigte Maier an, in den kommenden
       Wochen die Polizeivertrauensstelle, eine dem Innenministerium unterstehende
       Beschwerdestelle für Bürger:innen, auch für Polizist:innen öffnen zu
       wollen.
       
       [3][Ob das die Fehlerkultur fördern wird], ist unklar. Bereits Anfang des
       Jahres sagte die Leiterin der Vertrauensstelle zur taz, sie habe keine
       Ermittlungskompetenzen, da sie Beschwerden nur an die Polizei weitergeben
       kann. Den Linken geht das jedoch nicht weit genug. Sie fordern die
       Einrichtung einer unabhängigen Polizeibeschwerdebehörde mit
       Ermittlungskompetenzen, wie es sie beispielsweise in Dänemark gibt.
       
       6 Nov 2020
       
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